Auf seinem Gesicht lag unendliche Zufriedenheit

Bevor er am 22. Juli kurz vor Mitternacht starb, hörte er mit seiner Frau Alice das Lied «Lean on Me» – lehne dich an mich an. Es war Liebe bis zum letzten Atemzug.

Als er den Tod spürte, sagte er zu seiner Frau: «Verliere dich nicht im Schmerz. Wende dich dem Leben zu.» Anderntags, «als das Morgenlicht hereinfiel, war diese einzigartige Ruhe im Raum», erzählt seine Witwe Alice (55) der «Weltwoche». Und beim Blick auf den Verstorbenen: «Auf seinem Gesicht lag unendliche Zufriedenheit.»

Ein wildes Leben hatte in jener Nacht sein Ende gefunden. Polo Hofer (†72) hatte wie ein Rockstar gelebt, der er auch war. «Alk & Drugs & Rock’n’Roll» war seine Devise. Dazu viel Nikotin. Aber es gab auch die andere Seite von «Polo National». Nach aussen war er ein lockerer Typ und Sprücheklopfer. In sein Innerstes freilich liess er nur wenige blicken. Er war ein Philosoph, belesen und blitzschnell im Denken. Er glaubte nicht an Gott, kannte sich aber in Religionen aus. Trotzdem sang Polo im Lied «Wenn mys letschte Stündli schlaht», dem letzten Song seines letzten Albums «Ändspurt», einen Satz, der vieles relativierte: «U wenn i denn einisch gange bi, de sing äs Gebät für mi.»

Der begnadete Texter, bei dem sich alles reimte, war ein exzellenter Musikkenner. Privat auch ein ausgezeichneter Koch, den vor allem exotische Rezepte aus den Regionen faszinierten, deren Musik er mochte, ob aus den Südstaaten der USA oder aus der Karibik.

Ja, Polo Hofer hatte sehr intensiv gelebt. Seine Lieder stehen längst in Schweizer Schulbüchern. Bei seinen Konzerten lebte er auf und sich aus. Die Bühne war mit sein Leben. Malen, eine seiner anderen Leidenschaften, konnte er zuletzt nicht mehr, zu schwach war er geworden, wog nur noch 42 Kilo. Dabei hatte er viele Pläne. Er wollte nochmals ein Album produzieren – mit englischen Texten, plante eine Ausstellung mit neuen Bildern, die er noch malen wollte und deren Vernissage er für Herbst 2018 vorsah.

Trotz aller Pläne: Er hatte vorgesorgt und seine eigene Todesanzeige vorbereitet. Gestaltung und Text wollte er nicht anderen überlassen. Kurz und bündig sollte sie sein. Polo war nie ein «Laferi». Er brachte es stets auf den Punkt. So formulierte er – zu einem Himmelsbild mit Wolke in Herzform – die Todesanzeige. «I säge: Tschou zäme, es isch schön gsy! Am Samschtig, 22. Juli, churz vor Mitternacht, het mys letschte Stündli gschlage und i bi zfriede deheime ygschlafe.» Darunter prangte seine Unterschrift  mit den Fakten. Polo Hofer: 16. März 1945 – 22. Juli 2017. Ganz unten seine Verfügung: «Uf my Wunsch git’s weder Ufbahrig no Abdankig.» Der Sänger zeigte noch im Tode, dass er sich – wie in seinem ganzen Leben – nie verbiegen liess, keine Kompromisse machte und immer sich selber blieb. Das von ihm gestaltete Cover der aktuellen «Weltwoche» gab er bereits Wochen vor seinem Tod ab. Selbstironisch meinte er: «Wer weiss, ob ich Ende Juli noch lebe.»