Neuer Schwung für ihre alte, grosse Leidenschaft!

Im TV lässt sie ABBA neu aufleben. Eine Herzenssache, die bei ihr Kindheitserinnerungen weckt – vom Liebesbrief bis zur erzwungenen Tanzeinlage.

Eine ABBA-Tätowierung am Körper: Das hätte Sandra Studer (50) wohl, wenn man sie als Mädchen gelassen hätte. «Ich habe mir stattdessen jeden Tag mit Filzstift ‹ABBA› auf den Arm geschrieben, immer ganz unterschiedlich, das waren richtige Kunstwerke», erinnert sie sich schmunzelnd. «Ich war echt ein extremer Fan, habe jedes Bild von ihnen, jeden Artikel über sie ausgeschnitten und damit Ordner angelegt.»

Wann die Liebe zur schwedischen Kult-Band erwacht ist, kann sie heute gar nicht mehr sagen. Wahrscheinlich schon 1974 bei deren Auftritt am «Concours Eurovision de la chanson». Abgeflaut ist sie erst, als sie etwa zwölf Jahre alt war. Die Faszination allerdings hat sich Sandra Studer bis heute bewahrt – was bald die ganze Schweiz sehen darf. Sie moderiert «Take A Chance – Schweizer Stars singen ABBA» (27. 12., 22.25 Uhr, SRF 1).

In der Show versetzt unter anderen Maja Brunner das Publikum mit «Mamma Mia» in Begeisterung, Eliane schlägt mit «The Winner Takes It All» ruhigere Töne an, und «Fernando» kommt dank Fabienne Louves in modernem Gewand daher. Aber halt! Hat Sandra Studer kein Problem damit, wenn ihre «heiligen» Songs von einst «geklaut» werden? «Neeeeei», wiegelt sie ab. «Das zeigt, dass sie immer noch leben!» Besonders angetan hat es ihr die rockige Version  von «SOS» von Nic Maeder. Und nicht nur ihr: Seine Band Gotthard packt ihre Version des Songs kurzerhand auf ihr neues Album, das 2020 erscheint. «Ich finde es grossartig, wenn so etwas aus einer Sendung heraus entsteht.»

Spontan entstanden ist auch Sandra Studers Auftritt: Sie singt mit dem Publikum «Dancing Queen», ihr Lieblingslied, das jedoch keiner der Stars ausgewählt hatte. «Dieser Hit durfte natürlich nicht fehlen!»

ABBA-Songs auf die Bühne bringen – das weckt in ihr Kindheitserinnerungen. Vor ihrem inneren Auge sieht sie sich zu «Gimme Gimme Gimme» tanzen, gemeinsam mit ihrem Cousin David aus Barcelona, der seit Jahren Schlagzeuger des spanischen Sängers David Bisbal ist. Er ist zwei Jahre älter als sie und war als Kind in den Sommerferien stets in der Schweiz. Schon damals liebte er Jazz, Funk und Soul und schaute sich die Übertragungen des Montreux-Jazzfestivals an. Sie aber hielt ihm Vorträge über die vier Schweden und nötigte ihn zu kleinen ABBA-Auftritten. «Er ist heute noch traumatisiert und verwundert sein Umfeld, weil er – wegen mir – jedes einzelne ABBA-Lied kennt», erzählt sie und lacht.

Natürlich kamen da auch Sandras Schwestern, die sieben und zehn Jahre älter sind, nicht ungeschoren davon: Sie begleiteten das Nesthäkchen der Familie zum einzigen Schweizer ABBA-Konzert: 1979 im Hallenstadion. Während Sandra ihren Idolen zujubelte, tauschten ihre Schwestern über ihren Kopf hinweg Blicke und rollten mit den Augen. «Sie fanden es wahnsinnig schlecht, und ehrlich gesagt klang es zwischendurch auch ziemlich falsch – was ich natürlich niemals zugegeben hätte. Ich habe ABBA vehement verteidigt!»

Kein Wunder, versuchte Sandra Studer zu jenen Zeiten auch, Kontakt zur Band aufzunehmen – und dachte dabei so strategisch, dass sie sich heute noch darüber wundert. «Ich habe mir überlegt, wie ich die Chance erhöhen könnte, dass sie mir auf ein Schreiben antworten würden», erzählt sie. «Meine Gedanken damals: Ich schreibe dem Unattraktivsten der Band – für mich ganz klar Björn – einen Liebesbrief. Weil er sonst keine bekommt, würde er sich riesig freuen und mir antworten. Ich war furchtbar enttäuscht, als nichts zurückkam.»

Heute hört Sandra die ABBA-Hits nur noch selten – bis zu den Vorbereitungen zu «Take A Chance». Da wurden alte Gefühle wach. «Ich merke, dass ich auch nach all den Jahren absolut keine Distanz habe. Ich kann noch nicht einmal sagen, ob die Lieder nun furchtbar oder grossartig sind. ABBA ist einfach zu sehr in mir drin.»