Neuer Anlauf auf den Thron

Wie schon 2016 ist er Favorit für das «Eidgenössische». Doch da er kein Newcomer mehr ist, hat sich die Ausgangslage für den Schwinger geändert.

Das Jahr habe ganz gut angefangen, findet Armon Orlik (23). Das ist leicht untertrieben, aber eine typische Äusserung des ruhigen 1,90-Meter-Riesen. Auf Fragen wie die der GlücksPost antwortet der Bündner stets bedacht. Seine Bilanz bisher im 2019: drei Siege, davon ein Kranzfestsieg. Nur einmal musste er Samuel Giger (21) vorbeiziehen lassen.

Giger und Orlik – ein dynamisches Duo im Team des Nordostschweizer Schwingerverbands (NOS) – aber auch des anderen stärkster Gegner. «Wir pflegen eine gute Freundschaft, trainieren viel zusammen. Wir wissen beide, dass wir voneinander profitieren können», sagt Orlik dazu. Giger ist einer, der ihm gefährlich werden kann. Doch er sieht es lieber positiv: «So bin ich nicht allein in der Favoritenrolle, und wir kämpfen miteinander für den NOS.»

2016 war der Bauingenieur-Student aus Maienfeld GR wie aus dem Nichts gekommen. Beim «Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest» (ESAF) in Estavayer hatte er beste Chancen, König zu werden. Erst im Schlussgang unterlag er Matthias Glarner.

Vom 23. bis 25. August steht das nächste «Eidgenössische» in Zug an. Armon gehört erneut zu den Favoriten. Dennoch präsentiert sich ihm eine andere Ausgangslage: «Ich bin nicht mehr neu in der Spitze. Die Leute kennen mich und wissen, wie ich schwinge.» Seine Gegner können sich besser auf den 110-Kilo-Hünen einstellen.

Armon selbst muss sich noch gedulden, bis er das ESAF ins Visier nehmen kann. Vorher stehen Zwischenprüfungen an: «Bis zur Schwägalp-Schwinget am 11. August sind die durch», meint er gelassen. Den Bergfest-Klassiker verpasste er letztes Jahr wegen einer Knieverletzung, die ihn jedoch nicht weiter belastet.

Den Platz an der Schwinger-Spitze verdankt Orlik einem gut organisierten Nebeneinander von Sport und Studium. Letzteres absolviert er statt in drei in sechs Jahren. Und er hat vor, so weiterzumachen: «Ich hoffe auf ein gutes Job-Angebot nach dem Abschluss nächstes Jahr. Der Einstieg wird sicher schwieriger für mich, da ich nicht voll arbeiten kann.» Nicht, wenn er als Schwinger auf dem angestrebten Niveau bleiben will.

Deswegen ist der Single 2016 auch aus seiner Studenten-WG in Rapperswil SG zurück zu seinen Eltern nach Maienfeld gezogen: «Ich musste plötzlich alles selber machen und zum Training hierher kommen. Das war alles zu viel.» Seinen Klub will er keinesfalls wechseln. «Ich vertraue meinen Trainern vom Schwingklub Unterlandquart voll.»

Vater Paul (56), früher selbst aktiver Schwinger, ist heute Kampfrichter. Lange war er eine Art Coach für seinen jüngsten Sohn. Doch das habe sich geändert: «Armon ist erwachsen geworden, er hat seine Ansprechpartner im Klub.» Während der gemeinsamen Fahrt an die Schwingfeste analysieren Vater und Sohn nach wie vor Gegner und Ziele. Die Eltern helfen auch bei allen organisatorischen Angelegenheiten.

Der Rummel um seine Person hat im Vergleich zu 2016 etwas abgenommen – was Orlik ganz recht ist. Auch wenn er die Trophäen mochte, die er im Jahr seines grossen Siegeszugs erhielt: «Bündner Sportler des Jahres», «Schwinger des Jahres» und «Newcomer des Jahres». «Preise zu erhalten heisst, dass man etwas geleistet hat.» Das ist ihm wichtig. Doch er weiss um seinen Status als «Spitzenschwinger unter den Top 10». Seine aktuelle Stärke zeigen kann Armon am 26. Mai beim Ob- und Nidwaldner Kantonalschwingfest. Ein weiterer Kranz just zum 24. Geburtstag wäre ein schönes Geschenk.