Neue musikalische Wege

Auch für die erfolgreiche Alphorn-Solistin waren die letzten Monate nicht einfach. Doch sie blieb optimistisch – und kreativ! Die leidenschaftliche Musikerin entdeckte ihre Freude an Balladen und unterrichtet neuerdings Jung und Alt auf ihrem Lieblingsinstrument.

Der Alphorn-Unterricht wird für einmal in eine Waldlichtung bei Seon AG verlegt. Das macht Lisa Stoll (25) nicht nur, weil die GlücksPost zu Besuch ist, sondern weil sie selbst gerne in der Natur übt. Zugegeben, an einem strahlend schönen Sommermorgen ist das Gefühl, unter freiem Himmel zu spielen, wohl anders als an einem kühlen März-Tag. Aber Spass macht es trotzdem allen. Die zehnjährige Madlaina Plattner, Lisas jüngste Schülerin, und Hansueli Hunziker (78), der zur älteren Genera­tion gehört, sind mit Eifer dabei. Beide geniessen es, mit ihrer prominenten Lehrerin in harmonischem Dreiklang zu spielen.

Madlaina mache ihr viel Freude, sagt Lisa Stoll. Das talentierte Mädchen habe eine rasche Auffassungsgabe, und sie merke, dass sie viel übe und engagiert dranbleibe. «Das war auch bei mir so, als ich als Kind mit dem Alphornspielen begonnen habe.» Rentner Hansueli ist ein grosser Bewunderer der jungen Musikerin. Er wollte seine Atemtechnik am Alphorn auffrischen, und zudem war es sein Herzenswunsch, Lisa kennenzulernen. «Bei mir sind alle herzlich willkommen – ob Anfänger, Hobby- oder Berufsmusikerin», sagt Lisa Stoll. Es sei ihr Ziel, dass die Schülerinnen und Schüler motiviert zum Unterricht kommen und vor allem Freude an der Musik haben. Den Entscheid, ihr Können am Alphorn weiterzu­geben, traf sie, als aufgrund der Corona-Pandemie kaum mehr Konzerte stattfanden. Bevor sie ­allerdings das erste Mal eine Einzel­lektion gab, liess sich die erfolg­reiche Alphorn-Solistin selber während Wochen von einem erfahrenen Musiklehrer coachen. «Es war eine spannende Erfahrung und grosse Herausforderung für mich», stellt sie fest. Sie habe viel gelernt, was sie nun weiter­geben könne.

Die Lust auf Neues war bei Lisa Stoll auch in musikalischer Hinsicht geweckt. Bisher kennt das Publikum die Swiss Lady aus dem Klettgau SH vor allem mit virtuosen, schnellen Titeln. Diesem Stil bleibt sie bei ihren Live-Auftritten auch weiterhin treu, ebenso wie der Tracht, ihrem Markenzeichen. Auf der neuen CD «Spirit of Love» zeigt sie sich nun erstmals von einer ruhigen, modern-romantischen Seite, bezaubert mit gefühlvollen Balladen und trägt auf dem Cover ein sexy Kleid. Es sei reizvoll, mal etwas anderes auszuprobieren, das nichts mit Volksmusik zu tun habe. «Wichtig ist es, dass die Musik einfach und eingängig ist und direkt ins Herz geht», erklärt Lisa ihr aktuelles Alphorn-­Projekt. Entstanden ist es in Zusammenarbeit mit Carlo Brunner, Philipp Mettler und Urs Lötscher. Dass auch diese sanften Klänge bei ihren Fans ankommen, beweist der Einstieg der CD in die Top 10 der Schweizer Album-Charts.

Und wie romantisch ist Lisa Stoll? Sie sei sehr bodenständig und in einem geerdeten Umfeld in Wilchingen aufgewachsen. So richtig romantisch veranlagt sei sie nicht, gibt sie ehrlich zu. «Mein Partner ist es schon eher. Er ist generell sehr aufmerksam», verrät Lisa über den Walliser Didier Gasser (30). Seit gut vier Jahren ist sie mit dem klassischen Trompeter zusammen. Seit eineinhalb Jahren lebt das Paar zusammen in Seon in einem Altbau mit viel Platz und damit genügend Übungsraum für die beiden Profi-Musiker. «Abends kochen wir gerne etwas zusammen, lieben Ausflüge in die Natur, und im Sommer geniessen wir auch hie und da ein Picknick am See.» Im grossen Garten gebe es ein Hochbeet, in dem sie verschiedenes Gemüse angepflanzt hätten. Und ein Gartenhäuschen ist umgebaut und bietet nun drei Hühnern Platz. «Nein, unter die Selbstversorger gehen wir nicht», scherzt Lisa. «Dafür haben wir keine Zeit, wir sind zu sehr beschäftigt.»

Letztes Jahr musizierten sie und Didier öfter zusammen mit Organistin Renate Steiner als Trio in Kirchen. «Auf der Bühne treten wir nicht als Paar auf, sondern sind zwei Musiker, die sich gut verstehen und harmonieren.» Das habe natürlich Vorteile. Beruflich mache aber sonst jeder sein eigenes Ding. Auch privat gebe es keinen Grund für Veränderungen. «Familienplanung ist momentan bei uns kein Thema», betont Lisa Stoll, die am liebsten alles vorzu nimmt. Geplant würden jetzt aber wieder viele Konzerte, ihr Terminkalender fülle sich. «Die Musik ist mein Ein und Alles, und es ist schön, zu sehen, dass es wieder läuft», sagt die virtuose Alphornspielerin und strahlt glücklich.