«Nach dem Mittagsschlaf war ich gelähmt»

Als sie erwachte, spürte Kornelia Klose ihre Arme und Beine nicht mehr. Seither muss die Lehrerin im Rollstuhl sitzen. Doch sie kämpft.

Gerne bummelte Kornelia Klose (48) aus Dresden (D) früher unbeschwert durch den Grossen Garten ihrer Heimatstadt. Eine selbstbewusste Frau in der Lebensmitte. Sie fühlte sich fit, liebte ihre Arbeit als Lehrerin. Manchmal brach sie aus dem Alltag aus. Wie am 30. April 2013 beispielsweise, als die Walpurgisnacht nahte. «Da wollte ich mit einer Freundin zu einem Hexenfeuer», erinnert sich Kornelia Klose.

Der Abend versprach lang zu werden. Deshalb gönnte sie sich vorher etwas Schlaf. «Als ich nach zwei Stunden aufwachte, spürte ich meine Arme und Beine nicht mehr. Ich dachte sofort an ­einen Schlaganfall», erinnert sie sich. Sie konnte sich noch aus dem Bett rollen. Dann verliess sie die Kraft. Verzweifelt rief die plötzlich Gelähmte um Hilfe. Doch es hörte sie niemand. Todesangst beschlich die Diabetikerin. Nach zwölf Stunden hätte sich ihre Insulinpumpe selbst abgeschaltet. Die dramatischen Folgen: Durch das fehlende Insulin wäre Kornelia Klose in ein diabetisches Koma gefallen. «Ich lag stundenlang am Boden, grübelte und fing schon an, mich von der Welt zu verabschieden», beschreibt sie die schier ausweglose Situation. Gott sei Dank wurde ihre Freundin, die vergeblich auf sie wartete, stutzig. Nachdem alle Telefonate im Nichts endeten, fuhr sie geistesgegenwärtig zur Wohnung. Glück im Unglück: Über eine Feuertreppe konnte sie sich Zutritt verschaffen.

Dann ging alles ganz schnell. Kornelia Klose wurde mit Blaulicht in die Uniklinik gefahren. Dort fiel die Patientin drei Tage ins Koma. «Als ich aufwachte, konnte ich nur meinen linken Zeh und ein wenig den linken Arm bewegen», erzählt sie. Ärzte diagnostizierten eine Entzündung über dem fünften Wirbel, der das Rückenmark zerstörte. Mit Prognosen hielten sich die Mediziner zurück. Für Kornelia Klose begann ein Leben im Rollstuhl. Die Lehrerin war es gewohnt zu kämpfen: um jeden einzelnen Schüler, um Lehrinhalte, um Respekt. Nun stand das eigene Schicksal auf dem (Lehr-)Plan. «Ich bin doch nicht aus dem Koma aufgewacht, um jetzt aufzugeben», wurde ihr Motto.

In der monatelangen Reha quälte sie sich oft bis zur Erschöpfung. In den schlaflosen Nächten musste sie erkennen, nicht mehr in ihre geliebte Wohnung zurückkehren zu können. «Das war bitter», gesteht die Geschiedene. Nach rund dreijähriger vollstationärer Pflege wagte sie nun die ersten eigenen kleinen Schritte. Sowohl die aus dem Rollstuhl als auch die im Leben. Sie bezog kürzlich in einer Einrichtung für Kranken- und Intensivpflege eine eigene, wunderschöne, lichtdurchflutete Dach­geschosswohnung.

Die Decke fällt der Kämpfernatur schon lange nicht mehr auf den Kopf. So gibt sie etwa Nachhilfeunterricht für Kinder. Der grösste Traum der Pädagogin: einmal wieder an ihre Schule zurückzukehren und dort Unterricht geben zu können. Daran glaubt sie. Daran arbeitet sie. Und auch heute achtet sie auf ein ausgeglichenes Leben, so gut es denn geht. Zu jeder Jahreszeit fährt sie beispielsweise mit dem Rollstuhl durch den Grossen Garten in Dresden. Und zusammen mit ihrer Ergotherapeutin Mandy Locke (32), die eine gute Freundin geworden ist, ist sie regelmässig bei Popkonzerten ganz vorne mit dabei.