Nach 52 Jahren geht es in den Ruhestand

Sie wollte nie vorzeitig abtreten, doch ihre Gesundheit macht ihr einen Strich durch die Rechnung. Die Dänin übergibt das Amt ihrem ältesten Sohn.

Von Sarina Bosshard

Nach über einem halben Jahrhundert ist Schluss: Königin Margrethe II. (83) hat in ihrer Neujahrsansprache angekündigt, am 14. Januar zugunsten ihres Sohnes Prinz Frederik (55) abzudanken. «In 14 Tagen werde ich 52 Jahre lang Königin von Dänemark gewesen sein. Eine so lange Zeit vergeht für keinen Menschen spurlos – nicht einmal für mich! Die Zeit vergeht und die ‹Krankheiten› nehmen zu. Man bewältigt nicht mehr die gleichen Dinge wie früher», erklärt sie in einem Video. Nachdenklich gestimmt bezüglich ihrer Zukunft als Königin habe sie ihre Rücken-Operation vergangenen Februar. Sie sagte 2023 deshalb mehrere Termine ab oder liess sich durch ihren ältesten Sohn Frederik vertreten. Insgesamt blickt die dänische Monarchin auf eine bewegte Karriere zurück.

1972 besteigt sie nach dem Tod ihres geliebten Vaters, König Frederik IX. (1899 –1972), als erste Frau in Dänemark seit 500 Jahren den Thron – und ist seit dem Ableben von Queen Elizabeth II. († 96) im September 2022 die am längsten amtierende Königin der Welt. Daisy, wie sie vom dänischen Volk genannt wird, gilt als «coolste Monarchin Europas». Denn während Royals meist kontrolliert und nahezu perfekt auftreten, scheut Margrethe sich nicht davor, ihre Schwächen offen zu zeigen. So ist sie jahrelang als Kettenraucherin bekannt. Ihre Zigaretten zündet sie bis 2006 – dann wird ein Antirauch­gesetz eingeführt – überall an, ob in der Öffentlichkeit oder bei einem Gala-Dinner. Erst wegen ihrer Rücken-Operation gibt sie 2023 ihre Leidenschaft auf, wie ein Sprecher des Palasts bestätigt. 

Die Regentin fällt auch sonst mit ihrer unkonventionellen Art auf. Sie trägt gerne bunte Kleidung und geht trotz ihres königlichen Status’ im Supermarkt ein­kaufen. Was für Queen Elizabeth II. ihre Corgis waren, sind Margrethe ihre Dackel. Studiert hat sie Staatswissenschaft und Architektur, doch sie hat auch einen Hang zur Kunst. Sie malt und gestaltet Bühnenbilder und Kostüme, etwa für das König­liche Theater in Dänemark. Sogar eine Netflix-Produktion engagiert sie.

Auch während ihrer Regentschaft kann sie einige Erfolge verbuchen. Auf ihre Anordnung hin stimmt das dänische Volk 2009 in einer Abstimmung, dass die Thronfolge so angepasst wird, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind. Mit der Zustimmung von Margrethe erlaubt Dä­nemark 1989 als erstes Land weltweit gleichgeschlechtliche eingetragene Partnerschaften. Ihr Wirken zeigt sich in ihrer Beliebtheit: 85 Prozent der Dänen befürworten laut Umfragen die Monarchie. Margrethe wird aber auch von Trauer heimgesucht. So muss sie 2000 Abschied von ihrer Mutter, Königin Ingrid († 90), nehmen. Vor fünf Jahren stirbt auch ihr Ehemann Prinz Henrik († 83). Mit ihm hat sie zwei Kinder.

Dass sie nun ganz an ihren ältesten Sohn übergibt, kommt überraschend. Denn einst betonte die Monarchin, regieren zu wollen, «bis sie vom Thron hinunterfalle». Zudem ist es in Dänemark äusserst ungewöhnlich, freiwillig abzudanken. Das letzte Mal trat dieser Fall 1146 ein, als König Erik III. zurücktrat, um in ein Kloster zu gehen. Margrethe könnte jetzt aber Vorbild für die weiteren skandinavischen Länder werden. Denn auch König Harald V. von Norwegen (86) kämpft immer mal wieder mit seiner Gesundheit. König Carl XVI. Gustaf (77) hingegen sorgte zuletzt mit einem Affären- und Rotlichtmillieuskandal für Aufregung. Mit Kronprinz Haakon (50) und Kronprinzessin Victoria (46) warten zwei beim Volk beliebte Thronfolger auf ihre Krönung.

Doch zuerst wird es für Kronprinz Frederik und seine Ehefrau Mary (51) ernst. Krönungen gibt es zwar seit 175 Jahren nicht mehr, dennoch tritt Frederik am 14. Januar sein Amt an. Er wird während einer Sitzung im Staatsrat zum neuen ­König ernannt. Danach wird er zum offiziellen König ausgerufen. Traditioneller­weise geschieht das auf dem Balkon von Schloss Christiansborg.