«Musik ist für mich die beste Therapie»

Bestärkt von ­seiner Familie will der Toggenburger am ESC begeistern. In seiner Power-Ballade singt er über die Sorgen der Welt, die auch ihn manchmal belasten.

Bei mir ist medial gerade echt viel los», sagt Remo Forrer, als die GlücksPost den Sänger telefonisch erreicht. «Sogar die Blogger vom Ausland wollen ein Interview mit mir! Das ist schon recht speziell.» 

Kein Wunder, ist das Interesse am 21-jährigen Toggenburger aus Hemberg SG gross: Er vertritt die Schweiz am 67. Eurovision Song Contest in Liverpool! «Es ist ein Traum, der in Erfüllung geht», freut er sich. Am 9. Mai (21 Uhr, SRF 2) tritt er im ersten Halbfinale an, kämpft darin um den Einzug ins Finale vom 13. Mai (21 Uhr, SRF 1). «Wenn ich den ersten Schritt schaffe, ist es mein Ziel, die Top Five zu erreichen», sagt er. 

Antreten wird er mit der Power-Ballade «Watergun», die von der Ohnmacht angesichts der Konflikte auf dieser Welt handelt. «Wer hat als Kind nicht mal ‹Chriegerlis› gespielt mit Wasserpistolen, ohne irgendwelche Hintergedanken? Während andere Menschen gerade um ihre Existenz  kämpfen.» Dieses Thema beschäftige ihn gerade sehr. Die Musik helfe ihm, mit den Sorgen dieser Welt klarzukommen: «Sie ist für mich die beste Therapie.» Auch, als er als Teenager schwierige Phasen hatte. «Nach einem Streit zu Hause bin ich jeweils ins Zimmer gestapft, habe die Tür zugeknallt und gesungen», erzählt er. «Das Singen ist und bleibt meine Leidenschaft, mein Weg.»

Dass die internationalen Wettbüros des ESC sein Lied derzeit «nur» auf Platz elf führen, stört ihn nicht. «Ich finde es schade, dass es eine Rangliste gibt, bevor die Künstler den Song auf der Bühne präsentieren konnten. Denn ein guter Song ist das eine, die Performance ist aber genauso wichtig.» Was das Publikum diesbezüglich von ihm erwarten kann? «Ich werde mit Tänzern auf der Bühne stehen, so viel kann ich bereits verraten. Das war mein Wunsch, denn so kann ich die Botschaft des Songs auch visuell rüberbringen», erklärt Remo, der mit seinem Song am 22. April in der SRF-Sendung «Happy Day» (20.10 Uhr, SRF 1) auftritt. «Das Tanzen macht mir Spass, ist aber auch  eine grosse Herausforderung, denn ich habe das noch nie gemacht.»

Anders sieht es mit der Bühnenerfahrung aus: 2020 gewann der gelernte Sportartikelverkäufer die Castingshow «The Voice of Switzerland». Remo erinnert sich: «Danach wollte ich alles auf die Musik setzen, doch dann kamen die Corona-Lockdowns. Das hat mich ausgebremst.» Statt eine Karriere als Musiker machte er eine Weiterbildung zum Sachbearbeiter Immobilienvermarktung. «Ich bin im 20-Prozent-Pensum bei einer Immobilien-Firma angestellt, aber das Ziel wäre schon,  irgendwann ganz von der Musik leben zu können. Mal schauen, wie es nach dem ESC wird.»

Ist er nervös vor dem grossen Auftritt? «Gar nicht!», entgegnet Remo prompt. Auch bei «The Voice» sei er das nie gewesen. «Ich weiss nicht warum, aber Aufregung war nie ein Thema bei mir.» Er überlegt kurz, ehe er anfügt: «Obwohl mir das Herz wahrscheinlich schon klopfen wird, wenn ich auf dieser riesigen Bühne stehe.» Schon am 29. April reist er mit der SRF-Delegation nach Liverpool. «Meine Eltern Elisabeth und Peter, mein engster Freundeskreis, mein Götti und seine Frau kommen später dazu», verrät er. Einige hätten sogar schon ein Ticket fürs Finale gekauft, weil sie so an ihn glauben. «Das freut mich sehr!» 

Auch wenn ihm die grosse Unterstützung nicht fremd ist. «Meine Mutter und mein Vater haben mich in Sachen Musik immer machen lassen, mich zu meinen Auftritten gefahren, als ich noch kein Auto hatte. Dafür bin ich ihnen sehr dankbar.» Sein Papa Peter war es wohl auch, der ihm das musikalische Talent weitergab: Er spielt Handorgel und Schwyzerörgeli in Ländler-Formationen –  zusammen mit seinem Bruder Roger (26). «Die beiden musizieren oft zusammen, treten auch gemeinsam auf», erzählt Remo. Er selbst hat die Handorgel vor einigen Jahren gegen das Klavier getauscht. Er meint: «Mein Vater hat zwar immer von einer Familienkapelle geträumt – ich glaube aber nicht, dass ich in den nächsten Jahren bei ihnen einsteigen werde. Aber sag niemals nie!» Er lacht.

Das Verhältnis zu seiner Familie ist eng, die Verbindung zu seinem Heimatort Hemberg gross. «Ich bin seit meiner Geburt hier daheim, habe nie woanders gelebt.» Bis er im Februar 2022 nach Gossau SG zog. «Am Anfang war es speziell», erinnert sich der Single. Es habe Abende gegeben, wo er einsam in der Wohnung gesessen und gedacht habe: «Was mache ich hier eigentlich?» Doch bald habe er sich an die neue Situation gewöhnt – auch wenn er das Hotel Mama in der ersten Zeit vermisst habe. «Inzwischen mache ich alles alleine, finde es cool, für mich selbst verantwortlich zu sein.»

Mit seiner Musik unterwegs zu sein und viele Leute damit zu berühren, das sei immer sein Wunsch gewesen. Und wenn man ihn heute frage, was sein grösster Traum sei, dann könne er wirklich sagen, dass er ihn gerade lebe. «Und diesen Moment geniesse ich nun, so lange es geht!»