«Mit meiner Musik will ich etwas bewirken»

Die «heile Welt» besingen? Das reicht der Schlagersängerin heute nicht mehr. Tränen, Gewalt, Schmerz: Auf ihrer Mission, andere zu bestärken, ist ihr kein Thema zu brisant. Und dabei lässt sie auch tief in ihr eigenes Herz blicken.

Ganz in der Nähe ihres Elternhauses in Pfäffikon SZ liegt es, Beatrice Eglis eigenes Reich. Hier kann die 33-jährige Schlagersängerin nach anstrengenden Tagen die Seele baumeln lassen. Jetzt gibt es erstmals Bilder ihres Zuhauses, das sie mit westwing.ch gerade neu eingerichtet hat. Sehr stilvoll – und irgendwie anders als gedacht. Für eine Überraschung sorgt Beatrice Egli zudem mit ihrem neuen Album «Alles, was du brauchst». Zeit, beidem auf den Grund zu gehen!

GlücksPost: Ihre Wohnung sieht toll aus! Auf den ersten Blick könnte man aber glatt meinen, es sei gar nicht Ihre …

Beatrice Egli: Das habe ich schon öfter gehört! Warum nur: Weil sie so schön ist? (Lacht.)

Nein, aber sie sieht sehr «her­gerichtet» aus, es ist zum Beispiel kein persönliches Bild zu sehen.

Die habe ich bloss nicht fotogra­fieren lassen: Hier ist mein ganz persönlicher Rückzugsort. Ich bin sehr glücklich – und habe zum ersten Mal eigene Möbel! Früher habe ich einfach genommen, was so da war. Es hat riesigen Spass gemacht, sie ganz neu einzurichten.

Sie haben sehr gedeckte Farben ­gewählt. Das überrascht, wo Sie doch sonst – etwa in Sachen ­Kleidung – ein sehr «bunter Mensch» sind.

Ja, «bunt» wie auch mein letztes Album hiess. Die Kissen werde ich sicher ab und zu mal wechseln, um Farbe hineinzubringen. Aber grundsätzlich mag ich es so ruhig. Hier kann ich abschalten. Ich habe zum Beispiel auch keine meiner Auszeichnungen aufgehängt und singe zu Hause nicht, dafür habe ich einen Arbeitsraum, ein Studio ganz in der Nähe.

Bescheiden ist die Grösse: Es ist nur eine Zweizimmerwohnung.

Ja, das reicht mir. In einer Stunde ist sie geputzt: Für mich ist es Luxus, heimkommen zu dürfen, das Leben geniessen und es nicht mit Putzen zu verbringen (lacht). Das ist alles, was ich brauche.

Gutes Stichwort: «Alles, was du brauchst» heisst Ihr neues Album.

Ja, der Titel ist bewusst gewählt: Alles, was du brauchst, was du suchst und dir wünschst, das fängt bei dir an. Das musste ich auch lernen, lerne es immer noch. Wobei dieses Gefühl, in sich zu ruhen, mit sich im Reinen zu sein und zu sich zu stehen, mit den Jahren auch wächst.

Dann sind Sie heute mit sich im Reinen?

Meistens. Wenn ich es nicht bin, versuche ich herauszufinden, warum ich dieses Gefühl nicht habe und wie ich das ändern kann.

Ein tiefgründiges Thema – wie andere auch, die man auf dem neuen Album findet. Waren Sie vor der Veröffentlichung nervös?

Bis auf zwei Songs habe ich bei allen mitgearbeitet, getextet, komponiert, das macht es sehr persönlich, sehr intim. Ja, ich habe schon gemerkt, dass ich emotionaler war als auch schon, etwas «schlafloser».

In «Leise Lieder» zum Beispiel geht es um Yannik, der häusliche Gewalt erlebt. Wie kam es dazu?

Der Lockdown hat viele Probleme mit sich gebracht, und dies ist eines davon. Mich erreichen viele Briefe, in denen mir Menschen ihre teilweise sehr traurigen Geschichten erzählen. Mit meiner Musik kann ich sie bestärken, ihnen Kraft geben, sie in den Arm nehmen und Geborgenheit schenken. Mir ist in letzter Zeit noch mehr bewusst geworden, dass ich eine Stimme habe. Nicht gesanglich gesehen, sondern in der Öffentlichkeit. Ich kann auf Themen aufmerksam machen und will etwas bewirken.

Haben Sie selbst im näheren oder weiteren Umfeld häusliche Gewalt erlebt?

Ich habe es im weiteren Kreis mitbekommen, und für die Betroffenen ist es unheimlich schwierig, darüber zu sprechen. Wenn ich mit einem Lied dazu beitragen kann, nur einer Person zu helfen – dass sie sich Unterstützung holt und merkt, dass sie nicht alleine ist, – ist mir das viel wert. Viele nennen es mutig, solche Themen in den Fokus zu rücken. Für mich ist es ein normaler Reifungs­prozess im Frauwerden, im Erwachsenwerden.

Für «Yannik» ist die Musik wie eine Flucht in eine heile Welt: Kennen Sie dieses Gefühl auch?

Ja, Musik ist durch und durch meine Oase. Und die schaffe ich mir auch selbst – Lieder, die mich stark machen. Den Song «Power» etwa habe ich während des Matterhorn-Trainings oft gehört. Er hat mir die Leichtigkeit zurückgegeben, die ich in dieser intensiven Zeit manchmal verloren habe. Und als ich nach dem Trainingscamp, wo ich viele Ängste überwinden musste und an meine Grenzen gestossen bin, «Alles, was du brauchst» gehört habe und aufs Matterhorn geblickt habe, bin ich in Tränen ausgebrochen. Ich konnte loslassen, mir sagen: «Hey, alles ist da, alles ist gut, ich hab’s geschafft.» Musik schenkt mir Freude, Momente des Loslassens und des Nachdenkens.

Apropos Matterhorn: Herzlichen Glückwunsch zur Besteigung! Wie war’s? Was nehmen Sie mit?

Es war ein unvergesslich emotionaler Moment. Auf dem Gipfel bin ich in die Arme meiner Bergführerin Suzanne gefallen, voller Tränen, Erleichterung und Glücksgefühle. Dieser Berg hat mir sehr viel fürs Leben mitgegeben. Ausdauer, Geduld, Stärke und mehr im Moment zu sein. Bewusst den Weg und nicht das Ziel zu sehen. Und ein Gefühl bleibt für immer: Ich hab’s geschafft! Ich war sehr froh, ein Teil der «100 % Women Peak Challenge» sein zu dürfen und bin Schweiz Tourismus sehr dankbar, dass ich mit ihnen an meiner Seite mein höchstes Ziel – 4478 Meter über Meer – erreichen durfte. So hoch ging’s noch nie hinaus.

Sie haben viel positives Feedback erhalten. Das war aber auch schon anders. Das Lied «Ganz egal» dreht sich um Mobbing. Wo haben Sie das erlebt?

Früher teilweise durch die Me­dien. Heute geschieht es leider immer häufiger in den Sozialen Medien. Wenn ich singe: «Du bist dumm wie ein Brot. Frau Hässlich solltest du heissen», dann sind die Leute schockiert. Aber das ist Alltag, pure Realität!

Auch hier wollen Sie Leute, die so etwas erleben, unterstützen.

Ja, das ist mir extrem wichtig. Mit dem Refrain hoffe ich, die Leute bestärken zu können. Ganz egal, was andere sagen oder schreiben: Du bist einmalig, wunderbar. Es braucht Menschen, die einen stützen. Die hatte ich auch: Freunde, Familie, mein Team.

Ist es Ihnen selbst denn heute wirklich egal?

Ja, sonst könnte ich es nicht so singen. Aber es war ein Prozess: Auch ich hatte Zeiten, wo es anders war. Aber das Leben ist viel zu kurz; schade um jede Sekunde, in der du solchen Kommentaren Aufmerksamkeit schenkst.

«Ganz egal» heisst auch Ihr Buch, das auf November angekündigt ist. Geht es da vor allem um Mobbing?

Nein, das ist ein kleiner Teil davon. Aber ich darf schon verraten, dass sich der Titel des Buches nochmals ändern wird. Mehr will ich im Moment aber nicht sagen.

Nicht ablegen konnten Sie bisher Ihre Rastlosigkeit, wie Sie im Lied «Jedes Mal» verraten.

Ja, das ist sehr biographisch, und es hat mir gutgetan, da mitzuschreiben. Als ich es mit meinen Freunden gehört habe, nahmen sie mich in den Arm, und wir weinten alle. Es gibt eine innere Zerrissenheit, die schmerzhaft ist: Mein Antrieb, meine Neugier, das ständige An-morgen-Denken, das hat mich weit gebracht. Aber es nimmt mir auch etwas: Du bist nie richtig im Moment. Das habe ich verstanden, aber weiter bin ich noch nicht: Vielleicht brauche ich dafür ja noch ein paar Lieder mehr? (Lacht.)

Bevor Sie nach Australien sind, hatten Sie ja ein Burnout.

Ja, da hatte ich den Bogen definitiv überspannt. Vielleicht brauchte ich das auch, um zu sehen, wie weit ich gehen kann. Ich denke, jede Erfahrung ist wichtig: Das Leben ist ein stetiges Wachsen.

Zu guter Letzt: Natürlich singen Sie auf «Alles, was du brauchst» auch Liebeslieder. Nervt die Frage nach Ihrem Liebesleben?

Schon, wenn ich ehrlich bin. Denn: Wenn es etwas gibt, das sich zu erzählen lohnt, dann werde ich das schon tun. Und wenn nicht, dann nicht. Solange können Sie ja meine Lieder zitieren!

Aus denen geht auf jeden Fall hervor, dass Sie keine Prinzessin sind, die dringend einen Prinzen braucht.

Genau. Die Lieder sind sehr fraulich, selbstbewusst. So wie ich liebe, lebe, denke und fühle, so ist auch das Album!