Im Geheim-Einsatz für die Superstars

Ihr Neuanfang in Berlin war nicht nur einfach. Doch die Musikerin hat es geschafft. Sie bringt ein neues Album heraus und arbeitet für viele andere namhafte Musiker.

Sie hat sich aufgemacht in ein neues Leben. Voller Zweifel und Ängste, aber im Wissen, dass es sein muss. Vor sechs Jahren floh Mia Aegerter (40) vor ihrem Image als Pop-Girlie, das ihr in der Schweiz zwar Ruhm, Filmrollen und Top-Ten-Alben bescherte, dem sie aber längst entwachsen war. Es stimmte mit ihrem Inneren und ihren Gefühlen nicht mehr überein. 

Sie ging nach Berlin. In die Stadt, in der sie von 2000 bis 2005 schon einmal gewohnt hatte, als sie für die RTL-Serie «Gute Zeiten, schlechte Zeiten» die Rolle der adligen Xenia di Montalban spielte. «Damals wohnte ich jedoch im Westen. Jetzt bin ich im Osten Berlins, in einem Viertel, in dem noch ganz viele Bauten aus der DDR-Zeit stehen und in dem viele Künstler leben», erzählt die Fribourgerin.

Die GlücksPost trifft Mia in einem trendigen Café beim Bahnhof Warschauer Strasse. Hier sind überall Graffiti an den Wänden, kleine Läden wechseln sich mit Bars, Cafés und Ateliers ab. Und dann gibt es auch grössere Kulturzentren wie den Urban Spree. Hier wird Kunst ausgestellt, im Hof ist eine Openair-Bar, und die nächste Tür führt zu einem Konzertkeller. «An den Wochenenden findet im Hof ein Flohmarkt statt. Da habe ich mir kürzlich einen Sessel gekauft.» Mias Wohnung liegt gleich um die Ecke, an einer mit schönen, alten Bäumen begrünten Strasse.

Ohne konkrete Pläne zog sie hierher. Ganz allein. «Ich musste mir mein soziales Umfeld neu aufbauen, aber auch musikalisch war es ein totaler Bruch. Ich wollte andere Musik als bisher.» Dafür habe sie sich jedoch zuerst einmal von allem lösen müssen. «Ich reiste lange und weit, hörte sehr viel Musik, ging an unzählige Konzerte. Erst dann begann ich wieder, langsam auch selber Musik zu schreiben.» Zuerst für andere Künstler wie etwa Karel Gott oder Yvonne Catterfeld. «Es hat sich extrem gut entwickelt hier für mich», erzählt sie. «Ich habe ganz naiv der Plattenfirma Universal etwas geschickt mit der Notiz, dass ich gerne für andere Musiker schreiben würde. Ich war baff, als die mich dann tatsächlich einluden.» Dank einer Unterstützerin lernte Mia andere Songwriter kennen. Sie besuchte Textschreib-Kurse, in denen besonders talentierte Leute von der GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) gefördert werden.

Ohne falschen Stolz kann sie heute sagen: «Ich gehöre inzwischen zur Topliga der hiesigen Songwriter. Ich bekomme einen Anruf, da heisst es ‹Du, wir haben einen Text, der nicht funktioniert, kannst du mal gucken.› Das ist cool. Es geht nicht um mich. Ich kann mich hinsetzen, das erledigen und mich dann anderem widmen.» So hat sie inzwischen auch einen grossen Freundeskreis. Auch einen Freund? «Ich bin glücklich», sagt sie und lächelt vieldeutig. «Als es dann darum ging, an meiner eigenen Musik zu arbeiten, konnte ich Freunde dazuholen, und wir arbeiteten ganz entspannt daran. Ohne Druck, ohne über Chartplatzierungen nachzudenken.» Vier Jahre dauerte es, bis Mia ihr neues Album «Nichts für Feiglinge» fertig hatte. «Ich hatte viele Hochs und Tiefs. Es ist nicht einfach, wenn man sich allein motivieren muss, weiterzumachen und den Glauben an sich nicht zu verlieren», erzählt sie. Erst mit der Zeit kamen Leute in ihr Leben, die sie und ihr Projekt unterstützten.

Der steinige Weg hat sich gelohnt. Mia hat sich ein Leben in Berlin aufgebaut und ist eine angesehene Musikerin. Sie hat Lieder für Hitparadenstürmer wie Max Giesinger, Joel Brandenstein oder Eisbrecher geschrieben. Zu diesem Erfolg will sie nicht viel sagen. Wichtiger ist ihr gerade ihre eigene Musik, die sie im Herbst live in Deutschland und in der Schweiz vorstellen möchte.