Menschen sind für ihn ein offenes Buch

Es begann als gemeinsames Hobby mit seiner Frau Sabine. Heute ist das Gesichterlesen für den Come­dian ein Zweitberuf, den er in der Coronazeit vermehrt ausübt. Daneben ist er mit einer Best-of-Tour unterwegs.

Er wollte 2020 seine 25 Jahre auf der Comedybühne mit einem neuen Programm feiern. Doch wegen Corona war Peter Pfändler (59) gezwungen, seine Pläne zu ändern. Und hat nun sein Pensum als Kommunikationsexperte erhöht. Das Multitalent lässt in seinen Zweitjob, den er nie ganz aufgegeben hatte, etwas ganz Spezielles einfliessen: das Gesichterlesen.

Eine Kunst, zu der er dank seiner Frau Sabine fand: «Ein Jahr, nachdem wir uns kennengelernt haben, wollte ich Peter etwas Besonderes schenken, etwas für uns beide.» Da ihr Mann Menschen gerne hat und gut auf sie zugehen kann, kam die 37-Jährige auf die Idee für ein passendes Präsent: ein gemeinsamer Wochenendkurs im Gesichterlesen bei der Schweizer Koryphäe dieses Fachs, Pietro Sassi.

Beim Gesichterlesen beurteilt man eine Person anhand ihres Äusseren. Peter gibt ein Beispiel: «Anhand der Ohren erkennen wir Intro- oder Extrovertiertheit, das Selbstbewusstsein.» An der Stirn können sie unter anderem das mentale Durchhaltevermögen herauslesen, die Vorstellungskraft, den Weitblick oder die «Engstirnigkeit» erkennen. «Dieser Kurs war ein Wendepunkt in unserem Leben», resümiert Peter. «Aus dem Interesse wurde ein Hobby und aus dem Hobby über die Jahre ein Beruf.»

Sabine erhielt eine Assistenzstelle bei Pietro Sassi, Peter besuchte unzählige Kurse und Se­minare, belegte mehrere Semester Vorlesungen und recherchierte nächtelang zum Thema. «Es kam der Moment, da wollten wir mehr und gründeten ‹Read behind Faces›. Gesichter lesen bedeutet ja tatsächlich, ‹hinter› ein Gesicht zu sehen. Heute bieten wir profes­sionell Workshops und Seminare in analytischer Gesichts-Physiognomik an.»

Peter wird auch von Firmen angefragt: «Oft geht es um Probleme zwischen Mitarbeitenden oder Vorgesetzten. Ich analysiere die Leute und erkläre, warum eine bestimmte Team-Zusammensetzung nicht funktioniert – einfach weil es Leute darunter hat, die wegen ihrer Charakterzüge nicht harmonieren.» Das sei niemals wertend, es gebe weder gut noch schlecht. «Aber man muss erkennen und verstehen, wer wie tickt. Das muss ich dann konsequent und ehrlich kommunizieren.»

Sabine fügt an: «Es gibt keine Stärken oder Schwächen, es kommt darauf an, wie man bestimmte Charakterzüge lebt – gewinnend oder verlierend.» Sie hat sich weiter spezialisiert auf das Gesichterlesen bei Kindern. Bisher hat sie aber nur im kleinen Kreis Eltern beraten. «Wenn Ella und Lio dann im Kindergarten sind, möchte ich das vermehrt beruflich machen.»

Das Wissen um die Lehre der Physiognomik hatte auch Auswirkun­gen auf das Privatleben von Peter und ­Sabine: «Man lernt sich selber besser kennen, entdeckt Merkmale an sich und versteht plötzlich, wo weshalb Problemzonen sind.» Sie seien viel libe­raler sich und anderen Menschen gegenüber. Sabine ergänzt: «Man vorverurteilt Leute so oft. Doch wenn man sie genauer anschaut, sieht man plötzlich ihr Poten­zial.»

Die Physiognomik spielt übrigens auch bei seiner Comedy eine Rolle: «Früher hätte ich noch einen dummen Scherz gemacht mit irgendjemandem aus dem Publikum. Heute weiss ich: Der oder die erträgt so etwas gar nicht!» Auf seiner Jubiläumstour zeigt Peter Pfändler bis nächsten Sommer eine Best-of-Show (Infos: www.peter-pfaendler-comedy.ch). Das längst geschriebene neue Programm bekommen die Fans ab Herbst 2021 zu sehen.