«Meine Mum hat oft einen wertvollen Rat»

Auf der Bühne mit Oesch’s die Dritten harmonieren die Jodelprinzessin und ihre Mutter seit über 20 Jahren perfekt – und privat ist es nicht anders. In ihrer innigen Beziehung darf es aber auch mal laut und explosiv werden.

Nachdem Oesch’s die Dritten ihre grosse Tournee «Wäutebummler» vorerst abgeschlossen haben, genoss jedes Familienmitglied ein paar freie Tage. Kurzferien auf den Kanarischen Inseln und ein Städte-Trip nach Barcelona sind zwar schön, aber wenn die Natur daheim aus dem Winterschlaf erwacht und der Frühling auch im Berner Oberland Einzug hält, sind Annemarie (56) und Melanie (31) Oesch kaum mehr zu halten und werden vom Blumenfieber gepackt. Das Ambiente bei Blumen Gerber in Steffisburg BE passt deshalb für unser offenes und ehrliches Mutter-Tochter-Gespräch perfekt.

GlücksPost: Sie haben eine gemeinsame Leidenschaft?

Melanie Oesch: Ja, Blumen. Wenn der letzte Schnee weg ist, dann legen meine Mum und ich richtig los. In jeden Topf, Korb und jedes Häfeli rund ums Haus werden Blumen eingepflanzt.

Annemarie Oesch: Schon als wir noch einen Bauernbetrieb führten, verzichtete ich auf einen Gemüsegarten und bevorzugte Blumen. Die Liebe dazu ist bis heute geblieben. Mir macht es grosse Freude, sie zu hegen und zu pflegen.

Was verbindet Sie noch?

Melanie: Das Draussensein. Wir lieben es, uns in der Natur zu bewegen. Ein wunderschönes Erlebnis mit Mum war vor rund fünf Jahren eine gemeinsame Bergtour im Eriz über die Sichel und die sieben Hengste.

Annemarie: Und ich erinnere mich besonders gerne an eine Velotour, zu der ich Melanie überreden konnte. Unvergesslich schön für uns beide.

Wie ticken Sie beide?

Annemarie: Wir sind beide total organisiert und speditiv.

Melanie: Instinktiv wählen wir beide oft unabhängig voneinander Kleider in den gleichen Farben aus. X-mal hat sich die eine oder andere wieder umgezogen, bevor wir zu einem Konzert fuhren.

(Beide lachen herzhaft.)

Annemarie: Dabei gehen wir weder zusammen shoppen, noch kaufen wir in den gleichen Läden ein. Irgendwie haben wir da einen besonderen Draht.

Und weiter?

Annemarie: Wir sind beide sehr kommunikativ, aber Melanie kann definitiv besser reden und schreiben. Ich bastle stundenlang an einem Satz herum. Ich bewundere ihre enorme Kreativität, die nie zu versiegen scheint.

Und was sind Ihre Stärken und Schwächen?

Melanie: Kochen, einparken, tanzen kann meine Mum definitiv besser als ich. Und es fällt ihr viel leichter, Nein zu sagen als mir.  

Annemarie: Ja, ich bin rationaler und egoistischer. Ich kann mich besser abgrenzen. Ich bin auch entscheidungsfreudiger.

Melanie: Ich gebe zu, ich bin ein Detail-Freak und Tüpflischiisser. Ich bringe die anderen damit oft zur Weissglut. Ich wäge ab, beleuchte etwas von allen Seiten. Mum gibt sich viel schneller mit einem Resultat zufrieden, in meinen Augen manchmal zu schnell.

Annemarie: Bei Diskussionen werden alle, also die ganze Familie, schnell hässig und laut, aber wir  sind nicht nachtragend und beruhigen uns alle rasch wieder.

Melanie, wie sehen Sie die Beziehung zu Ihrer Mutter?

Melanie: Wir hatten immer nicht nur ein familiäres, sondern auch ein sehr kollegiales Verhältnis. Wir begannen schon früh, zusammen Musik zu machen, gingen gemeinsam Ski fahren. Mum und ich tauschen uns über die verschiedensten Themen rege aus. Wir schicken uns tagsüber immer wieder WhatsApp-Nachrichten und machen die andere auf dies und jenes aufmerksam.

Familie Oesch wohnt, zusammen mit Hansuelis Mutter, in einem Drei-Generationen-Haus im bernischen Schwarzenegg. Dort hat Melanie ihren eigenen privaten Wohnbereich.

Melanie: Für Mum ist es kein Problem, wenn wir uns zwei, drei Tage nicht sehen, für Vätu schon eher. Nach etwa eineinhalb Tagen hat er das Bedürfnis, bei mir zu klingeln und zu fragen, wie es mir so geht. (Sie lacht.)

Das Verhältnis zu Ihrer Mutter ist innig. Was besprechen Sie am liebsten mit ihr?

Melanie: Ich wende mich vor allem mit gesundheitlichen Fragen vertrauensvoll an meine Mum. Sie kennt sich da aus. Sie ist diplomierte Pflegefachfrau. Sie hat aber auch bei Alltagsproblemen oft einen wertvollen Rat und ist für die ganze Familie eine wichtige Ansprechperson. Sehr Persönliches versuche ich allerdings lieber mit mir selber auszumachen.   

Annemarie: Als Mutter merke ich, wenn sie etwas bedrückt. Es braucht aber extrem viel, bis Melanie damit zu mir kommt. Sie kämpft zuerst mit sich selber.

Melanie: Ich spreche Mum eher an, wenn ich spüre, dass es ihr nicht gut geht.

Auf der Bühne harmonieren die Jodelprinzessin und ihre Mutter gesanglich perfekt. Eine Überraschung ist ihr gemeinsames Lieblingslied «Blue Eyes Crying in the Rain» – ein Klassiker in der Country-Szene. Das Video mit über 750 000 Aufrufen findet sich auf Youtube.com. Ihre grössten Volksmusik-Hits werden die beiden am nächsten Sonntag mit Oesch’s die Dritten in Südtirol für alle Mütter singen.

Was bedeutet der Muttertag für Sie?

Annemarie: Wie in den letzten Jahren werde ich an diesem Tag auf der Bühne stehen. Als die Kinder klein waren, war der Stellenwert wesentlich grösser als heute.

Melanie: Für mich verliert dieser Tag nie an Bedeutung, und ich werde Mum immer irgendwie überraschen. Der Grundgedanke ist aber eigentlich, dass man die Mutter das ganze Jahr wertschätzt und nicht nur an diesem einen Tag. Das finde ich sehr wichtig. Wir überraschen uns auch das ganze Jahr über gegenseitig mit kleinen Geschenken. Dazu brauchen wir keine Feiertage.

Haben Sie einen Wunsch an Ihre Mutter bzw. Tochter?

Melanie: Ich habe noch so viele Ideen, bei denen ich froh wäre, wenn mich meine Mum dabei unterstützen würde. Ich weiss, wie zuverlässig und begeisterungsfähig sie ist. Das fägt!

Annemarie: Ich wünsche mir, dass alles so bleibt, wie es ist. Wenn es Melanie gut geht und sie zufrieden und glücklich ist, dann geht es auch mir gut.