«Mein Zuhause ist dort, wo ­meine Frau ist»

Mit 85 Jahren ist der Schlagerstar aktiv wie eh und je – und steht bald als Schauspieler in Zürich auf der Bühne. Jung hält ihn Ehefrau Luzandra, seit 2007 seine grosse Liebe.

Von Irene Lustenberger

Die Fussgänger drehen sich um und tuscheln. Eine Frau im vorbeifahrenden Tram macht ein Foto. Und beim Grossmünster spricht ihn ein Mann an: «Wir haben uns vor 35 Jahren beim Tennisspielen getroffen!» Roberto Blanco (85) sorgt für Aufsehen, als die GlücksPost mit ihm durch die Zürcher Altstadt spaziert. Kein Wunder, steht er doch seit 66 Jahren auf der Bühne – und seinen Erfolgsschlager «Ein bisschen Spass muss sein» aus dem Jahr 1972 kann wohl jeder mitsingen. «Wenn ich jedes Mal, wenn ich das Lied in den vergangenen 50 Jahren gesungen habe, einen Euro bekommen hätte, könnte ich mir eine wunderschöne Yacht oder ein Privatflugzeug kaufen», sagt er und lacht.

Der Grund, warum der Schlagersänger in Zürich weilt, ist das Kennenlernen seiner neuen Arbeitskollegen. Denn ab 13. Mai spielt er in der Komödie «Monsieur Claude und seine Töchter» (siehe Box) im Zürcher Bernhard Theater den Schwiegervater von Claudes Tochter. «Ich habe in Berlin im Schlosspark Theater von Dieter Hallervorden in ‹Monsieur Claude 2› mitgewirkt», erzählt er. Und nun habe ihn die Shake-Company in Zürich engagiert. Im Stück geht es um Toleranz und ein friedliches Miteinander verschiedener Religionen und Kulturen. Ein Thema, das der Schauspieler aus eigener Erfahrung kennt? «Nein, ich habe Gott sei Dank nie Rassismus erfahren. Ich war sowohl im Internat im Libanon wie auch in Madrid der einzige Farbige und sehr beliebt», erinnert er sich.

Dass sich Roberto Blanco in der Schweiz aufhält, ist nichts Aussergewöhnliches. Denn auch wenn er sagt, dass er überall zu Hause sei – «mein Zuhause ist dort, wo meine Frau und mein Schlafanzug sind» – haben er und seine Gattin Luzandra ihren Erstwohnsitz am Bodensee, halten sich aber im Winter meistens auf Mallorca auf. «Ich kenne die Schweiz gut», erklärt der gebürtige Kubaner. Er sei bereits als Student hier gewesen, das Medizinstudium habe er nach zwei Semestern aber abgebrochen. Sein Vater sei 1953 als Varieté-Künstler in Lausanne und Genf aufgetreten, in einer Pause habe er das Mikrofon in die Hand genommen und «Only You» zum Besten gegeben. «Die Besitzerin des Lokals hat das gehört und mich für 100 Franken pro Abend engagiert», erinnert er sich. Mit dem Geld habe er sich eine Uhr gekauft. «Eine Omega.»

Einige Zeit später, 1964, hat Blanco dann die Schweizerin Mireille geheiratet, von der er sich 2012 scheiden liess. Den Schweizer Pass hat er seit 25 Jahren. Was gefällt ihm an unserem Land? «Alles! Die Schweiz ist ein wunderschönes Land, die Schweizerinnen sind hübsch, und das Essen ist toll.» Etwas, was er nach all den Jahren nicht mehr hören kann, ist die Frage, ob er Schweizerdeutsch könne. «Nein, aber ich spreche Deutsch. Es gibt hier ja so viele Dialekte. Von den vier Landessprachen, die die Schweiz hat, spreche ich drei», sagt er. Insgesamt beherrsche er sieben Sprachen. «Wenn mich jemand auf Schweizerdeutsch anspricht, antworte ich auf Arabisch», meint er und lacht. «Also treffen wir uns in der Mitte und unterhalten uns auf Deutsch.»

Im vergangenen Jahr feierte der Entertainer seinen 85. Geburtstag. «Ich stand mit ‹Monsieur Claude 2› auf der Bühne, und es gab ein grosses, wunderschönes Fest.» Es seien sogar Freunde aus dem Ausland gekommen. Trotz seines Alters ist er aktiv wie eh und je. «Man ist so alt, wie man sich fühlt. Und ich fühle mich wie 48», scherzt Blanco. Er habe immer viel Sport getrieben und achte auf seinen Körper. «Ich rauche und saufe nicht. Ich trinke gerne ein Glas Wein, aber in Massen. Und ich fresse nicht, ich esse gerne», präzisiert er und ist froh, dass er bislang von schlimmeren Krankheiten oder Verletzungen verschont geblieben ist.

Im September feiert Blanco, der zwei Töchter mit Ex-Gattin Mireille und einen unehelichen Sohn hat, den zehnten Hochzeitstag. «Wir wissen noch nicht, wo und wie wir feiern», sagt er. Seine 40 Jahre jüngere Frau Luzandra Strassburg hat er 2007 in Hamburg kennengelernt. «Ich war an einen Event eingeladen und wurde mit einer Limousine im Hotel abgeholt. Als ich einsteigen wollte, hiess es, dass noch jemand mitfahren wird – Luzandra. Sie hatte eine Modeboutique und war Sponsorin des Anlasses. Ich war sofort fasziniert von ihrem schönen Lächeln», erinnert er sich an das erste Treffen mit der Kubanerin. Was macht ihre Ehe aus? «Wir respektieren, lieben und schätzen einander. Das ist das Wichtigste in einer Ehe.»

Auch mit 85 Jahren strotzt Roberto Blanco vor Energie und denkt nach wie vor nicht ans Aufhören. «Solange ich gesund bin und dem Publikum Freude bereite, werde ich auf der Bühne stehen», sagt er. Und dies macht er nicht nur als Schauspieler, sondern auch weiterhin als Sänger. So dürfen sich seine Fans auf neue Musik von ihm freuen. Nachdem er im vergangenen Jahr die Doppel-CD «Jetzt erst recht» veröffentlicht hat, erscheint nächstes Jahr ein neues Album.

Hat man mit 85 noch Wünsche oder unerfüllte Träume? «In erster Linie Gesundheit, und dass das Publikum mich weiterhin sehen will.» Letzteren Wunsch können ihm die Schweizer erfüllen, indem sie zwischen dem 13. Mai und dem 2. Juli zahlreich ins Zürcher Bernhard Theater pilgern.