So stillt er seinen Durst nach Freiheit

In «Papa Moll» spielt er den Chef des ­berühmtesten Schweizer Familienvaters. Privat mag es der Schauspieler «unpraktisch, aber erlebnisreich»: Er bewohnt ­einen renovierten Baustellenwagen, liebt Motorräder. Ein Besuch in seinem Reich.

Die Aussicht ist de luxe: Hinter vielen herbstlich bunten Bäumen, die das Tobel unter der selbst gezimmerten Holzterrasse zieren, leuchtet der Zürichsee. Sonst mag es Martin Rapold (44) lieber schlicht. Sein Zuhause ist ein dunkelroter Wohnwagen, der im Garten einer leicht in die Jahre gekommenen Villa an der Zürcher Goldküste steht. Das ehemalige Baustellengefährt – seine original gelbe Farbe ist an ei­nigen Stellen noch zu sehen – verwandelte Rapold mit Hilfe von Freunden während vier Monaten Arbeit in ein kleines Juwel.

Ein Holzofen, eine kurze Küchenzeile an der Front, Doppelbett, Ohrsessel, Tischchen, TV – mehr braucht es nicht. Und wenn er will, kann der Schauspieler die gemeinsamen Bereiche der Villa, in der die anderen Mitglieder seiner Wohngemeinschaft untergebracht sind, mitbenutzen. «So wohne ich stets halb draussen. Das ist so provisorisch wie ich auch. Der Gedanke gefällt mir», sinniert Rapold.

Dieses Wohnkonzept sei zwar etwas unpraktisch. «Dafür ist es erlebnisreich und macht mehr Freude.» Und es stillt seinen Durst nach Freiheit. Dieselbe Funktion erfüllen seine drei Motorräder, darunter eine 1-Zylinder-Condor aus dem Jahr 1976. Schon als 14-Jähriger ist Rapold auf einer alten 125-ccm mit einer Autobatterie auf dem Gepäckträger durchs Quartier gebrettert. «Die Pubertätsbeschleuniger, die kleinen Töffli, sagten mir nie was.» Man glaubt es aufs Wort.

«Solange ich gerade stehen kann, fahre ich Töff. Meine Leidenschaft ist die Fortbewegung – auch im übertragenen Sinn.» Für ihn hat das Herumkurven auf dem Zweirad meditativen Charakter: «Weil man sich derart auf das Fahren konzentrieren muss, gerät man in einen Zustand der völligen Gedankenfreiheit. Das ist sehr erholsam.» Im Sommer braust er oft über Berg und Tal. Manchmal nimmt er auch seinen umgebauten VW-Bus, den er vor 15 Jahren erworben hat. «Ich hätte früher nie gedacht, dass ich mal in einem Camper unterwegs bin. Aber jetzt finde ich es toll: einfach losfahren und schauen, wohin es mich verschlägt. Ich vermeide Campingplätze – so stosse ich immer wieder auf ganz spezielle Fleckchen.»

Nach «Schellen-Ursli» 2015 ist Rapold jetzt wieder in der Verfilmung eines Kinderbuchklassikers zu sehen: In «Papa Moll» (siehe Box links) gibt er den fiesen, profitsüchtigen Chef des naiven Familienvaters. «Ich kenne Manuel Flurin Hendry, den Regisseur des Films. Wir wollten schon lange einmal zusammen arbeiten. Bei ‹Papa Moll› probierten wir es zuerst mit der Rolle des Polizisten. Ich merkte jedoch schnell, dass das nicht mein Ding ist. Erich Vock ist perfekt dafür.» Die für Rapold passendere Figur war schliesslich «der Schoggi-Nazi», wie er den Schokoladenfabrik-Leiter Stuss lachend nennt. «Anfangs dachte ich: Jesses, dieses Kinderbüchlein, wie wollen die das auf die Leinwand bringen – das fragten sich übrigens alle.»

Die Meinungen änderten sich schlagartig: «Es ist grossartig, dass die Macher des Films an den von der Körperstatur her eigentlich unpassenden Stefan Kurt als Papa Moll glaubten. Er schafft es, die Comicfigur lebendig werden zu lassen. Ich mag auch dieses slapstickartige, das den Film ausmacht. Es war eine ganz tolle Arbeit.» Was ihm ebenfalls zusagt, ist das Dekor: Der Film soll an sich zeitlos wirken, bei der Wahl der Requisiten und Kulissen allerdings an die 50er-Jahre erinnern. «Diese alten, mechanischen Sachen aus Stahl, Glas und Aluminium wie die Schokoladenfabrik haben einen eigenen Charme, der leider ab den 80er-Jahren verschwand.» Hier wären wir wieder bei den Motor­rädern und dem umgebauten Baustellenwagen, die genau diese Ästhetik verkörpern, die Rapold so gefällt.