«Man muss einen dicken Schädel haben»

Erfolgsgeschichten, aber auch ­Tragik: In ­einem «Auf und davon»-Spezial ­besucht die ­Moderatorin Auswanderer aus früheren Sendungen. Wie geht es diesen? Und was packt sie selbst immer in ihren ­Koffer?

Fast 50 Auswanderer hat«Auf und davon» seit 2009 begleitet. Nun machte sich Mona Vetsch (47) für ein Spezial (ab 14. 4., 21 Uhr, SRF 1) auf die Reise und fragte nach, wie es vier Familien bzw. Paaren von früher ergeht. Das Wiedersehen ist laut Vetsch bei allen Porträtierten spannend: «Weil es entweder eine unerwartete Wendung gibt oder weil man sieht, was es braucht, um nicht nur auszuwandern, sondern am neuen Ort auch Fuss zu fassen.» Und sie verspricht: «Eine Familie hat für eine grossartige Überraschung gesorgt!»

GlücksPost: Jetzt machen Sie uns aber neugierig …

Mona Vetsch: Familie Almeida aus Turbenthal ZH ist innerhalb von vier Jahren zum zweiten Mal ausgewandert, von Kanada nach Frankreich. Sie sagen, dass sie auch nicht damit gerechnet hätten, so schnell wieder weiterzuziehen.

Warum haben sie es dann getan?

Ihr Motel lief super. Kein Wunder, sie haben ja fast nur gearbeitet! Der Preis dafür war aber, dass sie null Zeit füreinander hatten und sich sagten: Ist es wirklich das, was wir gesucht haben? Es kam noch etwas hinzu. Josef erzählte mir, er habe die grosse Distanz zur alten Heimat, zu Freunden und Familie völlig unterschätzt und nicht vorausgesehen, wie sehr ihn das belaste. Ein Todesfall im Bekanntenkreis hat ihn zusätzlich aufgerüttelt. So beschlossen sie, das zu ändern und nochmals neu anzufangen. Ein mutiger Entscheid, finde ich.

Was braucht es Ihrer Meinung nach fürs Auswandern?

Wer ohne Plan B auswandert, hat schon mal ein grundsätzliches Problem. Flexibel und anpassungsfähig zu sein, ist eine weitere Voraussetzung. Man muss zudem aber auch einen dicken Schädel haben, um etwas durchzuziehen, an sich zu glauben – trotz Fehlschlägen und gegen alle Widerstände.

Was ist typisch für die Auswanderer?

Dass sie alle universell einsetzbar sind und sehr viel selbst machen können. Remo Müller etwa, der in Deutschland einen Tierpark übernahm, hat mit seinen An-gestellten die Hauptarbeit beim Bau der Gehege gemacht. Als ausgebildeter Koch organisieren er und seine Frau im Winter, wenn der Park weniger läuft, Dinner für Firmen.

Und woran haben sie alle am meisten zu beissen?

Wenn dir die Schweizer Genauigkeit besonders wichtig ist, solltest du lieber nicht auswandern (lacht). Lustigerweise denken alle, dass sie sich damit arrangieren können. Sie müssen dann aber feststellen, dass man seine Ansprüche fast nicht zurückschrauben kann, wenn man so erzogen wurde. Die Frankreich-Auswanderer sagen zwar, es wäre angenehmer, fünf auch mal grade sein zu lassen, da sie sehen, dass die Einheimischen entspannter leben. Doch selber schaffen sie es nicht, sie sind einfach zu fest Schweizer.

Sie haben vorhin den Tierpark erwähnt. Da müssen wir über das Foto mit den kleinen Tigern reden – die sind ja zum Fressen!

Ich bin wohl eine der wenigen, die einen Tiger streicheln konnte, dabei in den Arm gebissen wurde und es überlebt hat (lacht). Ich bin mit blauen Flecken heimgekommen – übrigens auch der Kameramann, der immer auf dem Boden sass, um zu filmen. Das sind keine Haustiere, sie werden nur deswegen von Hand aufgezogen, weil ihre Mutter keine Milch hatte und sie sonst wie zwei ihrer Geschwister gestorben wären.

Sie haben auch zwei Auswanderer auf Kreta besucht – wie geht es dem Paar?

Das ist eine tragische Geschichte. Wir waren letzten Herbst bei ihnen, halfen beim Zügeln. Sie zogen in eine grosse Villa mit einem hollywoodmässigen Garten, um sich dort ein Bed & Breakfast aufzubauen. Die Villa gehört einem Schweizer, den sie in ihrer «Rockbar» kennenlernten und mit dem sie sich anfreundeten. Er bat sie, sich ums Haus zu kümmern. Marcel hatte seine Bar ja verkauft. Er fand, er habe seinen Traum verwirklicht und fünf Jahre lang gelebt, es sei jetzt gut für ihn.

Und das Tragische daran?

Anfang Februar erhielten wir von Trix die Nachricht, dass Marcel an einem Herzinfarkt gestorben ist. Für uns alle war das ein Riesenschock. Er hatte ja bereits in der Schweiz mehrere Infarkte gehabt. Deshalb sagte er immer: «Wenn ich meine Träume noch verwirklichen will, dann jetzt.»

Sie kommen von diesen Reisen mit vielen Geschichten im Gepäck zurück. Was haben Sie auf der Hinreise jeweils dabei?

Für Schweizerinnen und Schweizer im Ausland ist jemand, der Fondue mitbringt, extrem wichtig (lacht). Auch auf Kreta haben wir eins gegessen, in Kanada gab es Raclette. Familie Volk lässt sich dafür jeweils extra aus Quebec Käse liefern, weil sie dort endlich einen Schweizer Käser gefunden haben. Was wir ebenfalls häufig dabei haben, ist Schoggi. Und Zweifel-Chips!

Die müssen Sie aber ins Handgepäck tun!

Nein, in den Hartschalenkoffer. Ich sage immer: Unser Team muss mit Hartschalenkoffern unterwegs sein – wegen der Chips! Im Handgepäck habe ich wegen der Klimaanlage zudem immer Schal und Kapuzenpulli.

Reisen Sie also stets mit demselben Koffer?

Wenn es irgendwie geht, ja. Ich bin da ein bisschen abergläubisch.

Wie meinen Sie das?

Ich finde, obwohl der Koffer ins Alter kommt und ganz viele ramponierte Stellen hat, sollte man ihn deswegen nicht auswechseln. Bei mir ist das ja genauso: Ich bin auch froh, wenn man mich nicht einfach irgendwann gegen ein neueres Modell eintauscht. Darum wird der Koffer geflickt, so oft es nötig ist. Ich habe auch stets ein Band dabei – so kann ich ihn im Notfall wieder zusammenschnüren.