Maja und Carlo Brunner – Sie kümmern sich rührend um ihren einsamen Papa

Von ihm haben sie ihr musikalisches Talent geerbt: Ernst Brunner, einst erfolgreicher Klarinettist bei den Seebuebe. Nachdem Tod seiner geliebten Frau Alice helfen die Kinder, wo sie nur können.
 
Die Stimmung ist locker. Maja und Carlo Brunner sitzen zusammen mit ihrem Vater Ernst (81) im Gärtchen eines Wohnblocks in Küsnacht ZH und betrachten alte Fotoalben. «Das bin ich», sagt Ernst Brunner und zeigt auf ein Bild, das ihn als Musiker bei der Kapelle Seebuebe zeigt. «Da warst du ein richtiger Frauenschwarm, gell, Papi!» sagt Maja Brunner (59). Die Sängerin lacht schallend und Bruder Carlo (55) schmunzelt. Die Kapelle Seebuebe war damals ein bekanntes und beliebtes Tanz-Orchester. «Wir zogen durch die ganze Schweiz und spielten flotte Tanzmusik», erinnert sich Ernst Brunner und schaut seine Kinder an: «Reich wurde man damals nicht, es war mehr ein Hobby. Wissen Sie, wir waren noch Musiker mit Herz und Seele.» Geübt wurde damals im Restaurant Weinberg in Küsnacht. Ernst Brunner: «Ohne ständiges Üben erreicht man nichts – das ist heute noch so. Und Pünktlichkeit zählte über alles. Nie ist einer meiner Musiker-Kollegen zu spät zu den Proben erschienen, wir waren meistens eher eine halbe Stunde zu früh dran», erinnert sich der ältere Herr.
 
Seit 1956 wohnt Ernst Brunner an derselben Adresse, nur wenige Gehminuten vom Zürichsee entfernt. Zusammen mit seiner Frau Alice, die italienische Wurzeln hatte, zog er Maja und Carlo gross. Waren es artige Kinder? «Das weiss ich nur bruchstückhaft. Wissen Sie, ich war als Maschinenmechaniker viel auf Montage und kam oft nicht nach Hause. Meine Frau hat sich um die beiden gekümmert. Ich weiss nur, dass Maja früher eher rebellisch war, und Carlo hatte anfangs Mühe mit dem Klarinettespielen. Aber heute bin ich auf beide stolz.»
 
Rebellisch? Unsere Maja Brunner? Ernst Brunner: «Soviel ich weiss, hatte sie die üblichen Mutter- Tochter-Auseinandersetzungen. » Und Carlo? «Ich war sein Klarinetten-Lehrer und er sollte als 13-Jähriger üben. Er war der schlechteste Schüler meiner Klasse – als Sohn einer der Seebuebe. Können Sie sich das vorstellen?»
 
Ernst Brunner hat schon eine Menge erlebt, nur wenig kann ihn noch erschüttern – höchstens gesundheitliche Probleme. Vor ein paar Jahren erwischte er einen Virus, der in seinem Körper beinahe eine Lähmung ausgelöst hätte. «Jetzt ist alles wieder gut, bis auf meinen Pfuus. Ich musste aufhören, Klarinette zu spielen. Leider.»
 
Vor einem Jahr starb Alice, seine Frau. Ernst: «60 Jahre lang waren wir zusammen, haben Höhen und Tiefen erlebt. Ich besuche sie noch heute, jeden Tag, auf dem Friedhof. Wir reden zusammen, ich frage sie um ihren Rat. Sie fehlt mir schon. Aber sonst geht es mir ausgezeichnet.»
 
Wohl auch darum, weil die «rebellische » Maja, Carlo und andere Familienmitglieder ihren Papa oft einladen, ihn an die Auftritte mitnehmen oder mit ihm die italienische Verwandtschaft ihrer Mutter im Veltlin besuchen und Ferien machen. Carlo: «Meine Tochter Nadja geht zu ihrem Grossvater und hantiert mit dem Staubsauger, meine Lebenspartnerin Erika kümmert sich rührend um meinen Vater und macht ihm die Wäsche. So hat er immer Besuch und etwas zu tun. Langweilig wird es ihm nie.» Und Maja? «Ich bin unter anderem für die grosse ‹Useputzete› verantwortlich und streiche bei dieser Gelegenheit auch die Wände neu. Ob Papi das will oder nicht! Wir sind eine kleine Familie, halten zusammen und sind stolz auf unseren Vater.»