«Dank ‹Dallas› fasste ich endlich Selbstvertrauen»

Der Tod ihrer Schwester, traumatische Dreharbeiten, schwierige Ehe: Die Schauspielerin blickt in ihrer Biografie «Sue Ellen und ich» auf ein bewegtes Leben zurück. Wie glücklich ist sie heute?

Abwechselnd Sonne, Regen und dunkelgrauer Himmel – das Wetter in Beverly Hills weiss nicht, was es will. Drinnen in der Library Lounge des Montage Hotel, um die Ecke vom berühmten Rodeo Drive, sitzt eine Frau, die indes sehr genau weiss, was sie will. «Ich möchte im dritten Akt meines Lebens den Menschen etwas zurückgeben und jenen eine Stimme geben, die keine haben», sagt Linda Gray (76), bekannt als Sue Ellen, J.R. Ewings leidende Ehefrau aus der TV-Serie «Dallas». Das macht sie nun mit -ihrer Autobiografie «Sue Ellen und ich – Mein eigener Weg zum Glück», die beim Schweizer Giger-Verlag erschienen ist, der die deutschsprachigen Rechte hält (siehe Box).

Es ist die Geschichte einer Frau, die in sich ging und schliesslich bei sich ankam. Die Schauspielerin, die täglich meditiert und einen Dankbarkeitsspaziergang macht, wirkt stolz und aufgeregt wie ein junges Mädchen, als sie heute von Verlegerin Sabine Giger erstmals die deutsche Fassung überreicht bekommt. «Gewisse Abschnitte waren schon eine ziemliche Herausforderung», gesteht sie durch die Seiten blätternd. Zum Beispiel die Passagen über ihre Schwester Betty, deren Teenager-Tochter bei einem Autounfall ums Leben kam und die selber mit 43 an Krebs starb: «Es kam alles wieder hoch von damals.» Betty war ihr einziges Geschwister und ihre beste Freundin.

Aufgewachsen als Tochter eines Juweliers in Los Angeles, wurde Linda Gray mit 16 bei einer Schul-Modeschau von einem Fotografen entdeckt. Sie fing an zu modeln. Wer das berühmte Film-Poster von «Die Reifeprüfung» mit Dustin Hoffman kennt, erinnert sich sicher an ihr verführerisches Bein beim Strumpf-Anziehen. 25 Dollar gab es dafür. Mit der Schauspielerei sollte es aber noch eine ganze Weile dauern: «Mein Mann wollte nicht, dass ich Schauspielerin werde. Er sagte mir immer, was ich zu tun hatte.» Schliesslich setzte sie sich gegen Ed Thrasher (†2006), Fotograf und Grafiker, durch und besuchte einen Schauspielkurs. Ab und zu spielte sie eine TV-Gastrolle.

Dann kam 1978 ihr Durchbruch mit der Hit-Serie «Dallas» und damit auch ein gewisses Selbstvertrauen, nun ihren eigenen Weg zu gehen. Nach 21 Jahren Ehe und zwei Kindern trennte sie sich 1983 von ihrem Mann. «Nebst meinen Kindern war ‹Dallas› das Highlight meines Lebens, es war ein Geschenk Gottes», erinnert sie sich bei Avocado-Sandwich und Eistee. «Nur sah ich es damals noch nicht so, denn ich musste meine Kinder Jeff und Kehly für zwei Monate verlassen, um in Dallas zu drehen. Das war sehr traumatisch. Und die Serie war nur auf die Männer ausgerichtet: Sie wurde von Männern produziert und inszeniert, die Story drehte sich um J.R. und Bobby Ewing, und wir Frauen waren nur Beigemüse. Es war eine chauvinistische Zeit, aber gleichzeitig konnte ich mehr über mein eigenes Leben bestimmen, und mir wurde mein eigener Wert bewusster.»

Insbesondere mit Larry Hagman, der J.R. spielte, verband sie bis zu dessen Tod 2012 eine enge Freundschaft. «Wir verstanden uns blind», erinnert sie sich an ihren TV-Partner, mit dem sie für die «Dallas»-Neuauflage (2012–2014) nochmals gemeinsam vor der Kamera stand. Hagman und seine Frau waren es auch, die sie nach der Scheidung emotional unterstützten.

Eine feste Beziehung hat sie heute nicht und fühlt sich wohl dabei: «Ich denke momentan gar nicht an Männer», beteuert Linda, die noch um ihren Kuschelkater Dugie trauert, der im hohen Alter von 20 Jahren in ihren Armen einschlief. «Ich mag dieses ‹sich umsehen› nicht, dieses Spiel zwischen den Geschlechtern. Ich will niemanden suchen, sondern für mich schauen. Ich will mit mir so glücklich sein, dass ich wie ein Magnet automatisch anziehend bin für einen Mann, der ebenfalls mit sich glücklich ist – nicht einer, der mich zur Problembeseitigung braucht, sei es nun Alkoholismus oder sonst was.» Linda Gray gilt als Spezialistin auf diesem Gebiet, hatte doch Sue Ellen ein grosses Alkoholproblem – wie auch ihre Mutter im richtigen Leben: «Aber sie war nicht wie Sue Ellen, Inspiration für die Rolle habe ich nicht bei ihr geholt. Sue Ellen war eine Ex-Miss-Texas, die sich einen reichen Mann angelte. Ich habe da angesetzt. Meine Mutter trank, weil sie nicht wusste, wie zu kommunizieren. Hilfe gab es früher kaum. Man sprach über nichts und lebte an der Oberfläche um des Friedens willen.»

Welchen Rat würde denn die zweifache Grossmutter jungen Frauen und ihrem eigenen jüngeren Ich geben? «Sei nett und vergib anderen und dir selbst. Du hattest eine schwierige Kindheit? Schreibe deine Geschichte um! Groll ist der Anfang von Krankheiten. Das Leben ist zu kurz, um am Negativen festzuhalten.»

Ihr Leben

Die Schweizer Verlegerin Sabine Giger ist riesig stolz: In ihrem Verlag ist Linda Grays Biografie «Sue Ellen und ich – Mein eigener Weg zum Glück» jetzt auf Deutsch erschienen und im Handel erhältlich (Fr. 28.90, Giger-Verlag, ISBN-Nr. 978-3-906872-09-4). «Einige Lektionen in meinem Leben waren hart, aber aus jeder bin ich mit weniger Angst herausgegangen», sagt Linda, die im Buch nicht nur aus ihrem Leben erzählt, sondern auch Tipps gibt, wie man bis ins hohe Alter glücklich sein kann.

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