Liebeserklärung an Oma Heidi

Vorbild, Inspiration und sicherer Hafen: Die Schauspielerin und Sängerin schwärmt von ihrer Grossmutter – und dankt ihr mit einem Lied. Aber da sind auch immer diese Sorgen.

Schaukeln, wandern, über die Wiesen tollen – wer Ronja Forcher (26) mit ihrer Oma Heidi (83) sieht, merkt sofort, wie nahe sich die Frauen sind. «Meine ersten Schritte habe ich mit der Grossmutti gemacht, und ich durfte schon als kleines Mädchen mit ihr in der Küche stehen und ihr helfen», erinnert sich der «Bergdoktor»-Star.

Aufgewachsen ist die Tirolerin zwar bei ihren Eltern, aber die meiste Zeit verbrachte sie bei Heidi. «Als ich zur Welt kam, hatten meine Eltern gerade ihre Filmservice-Produktionsfirma gegründet. Das hatte zur Folge, dass sie sehr wenig Zeit hatten. Meine Oma sagte immer, ich sei ihr ‹Kindele› gewesen. Sie hat mich also mehr als Tochter gesehen und nicht als Enkelin», sagt Ronja Forcher, die mit fünf das erste Mal vor der Kamera stand. Heidi habe ihr Drehbücher vorgelesen, als sie selbst noch nicht lesen konnte, und sie begleitete sie auf Dreharbeiten rund um den Globus, etwa nach Namibia und in die Karibik. Und natürlich war sie früher auch stets beim «Bergdoktor»-Dreh dabei.

Was hat Oma Heidi ihrer Enkelin mitgegeben fürs Leben? «Ganz viel Liebe und sehr viel Sicherheit. Dass ich weiss, dass die Familie immer füreinander da ist. Dass man nie alleine ist, egal, wie alleine man sich gerade fühlt. Auch die Zufriedenheit, die sie hat. Sie ist eine ganz starke Frau, die sich nie hat unterkriegen lassen. Dankbar zu sein, für das, was man hat, auch wenn Dinge vielleicht nicht so gut gelaufen sind, das hat sie mir beigebracht.»

Vor einem Jahr starb Heidis Mann, Ronjas Opa. Seitdem lebt die Seniorin alleine in Innsbruck und verbringt viel Zeit auf ihrer Hütte in den Tiroler Bergen, hackt Holz, kümmert sich um ihren Gemüse- und Kräutergarten oder um ihre fünf weiteren Enkelkinder. Sie sei aktiver als manch junger Mensch, meint die Schauspielerin. Was bewundert sie am meisten an ihr? Ronja Forcher: «Sie ist einfach einzigartig. Und sie steht mit 83 mitten im Leben. Sie geht turnen, joggt, lernt Englisch. Sie chattet über WhatsApp, telefoniert über Facetime mit mir. Sie verbindet diese moderne Welt mit ihren eigenen traditionellen Werten. Und vor allem ist sie sich selbst immer treu geblieben. Das finde ich so inspirierend.»

Am 15. Juli erscheint Ronja Forchers erstes Album «Meine Reise». Darauf zu finden ist auch ihre neue Single «Buch mit vielen Seiten», die sie Heidi gewidmet hat, die sogar im Video dazu mitspielt. Eines Tages, singt Ronja, wolle sie so sein wie sie. «Das wünsche ich mir tatsächlich. Ich möchte eine Frau sein, die so in ihrer Mitte steht wie meine Grossmutti. Ich kenne keinen Menschen, der mehr bei sich ist als sie!»

Wie hat ihre Grossmutter reagiert, als sie das Lied zum ersten Mal hörte? «Sie hatte sofort Tränen in den Augen, und immer wenn die Grossmutti weint, muss ich auch weinen. Dann haben wir uns fest in den Arm genommen und haben diesen besonderen Moment zusammen genossen.» Erstaunlich: Eine Folge des «Bergdoktors» hat Heidi dagegen noch nie gesehen – weil sie keinen Fernseher besitzt. Für sie zählt nur Ronja, die sie so liebt, wie sie ist. Das macht die Schauspielerin sehr glücklich. «Ich will nicht auch noch bei meiner Oma die Schauspielerin sein. Bei ihr bin ich nur ich, alles andere hat nie eine Rolle gespielt. Und das verdient jedes Kind», findet sie.

Eines Tages möchte Ronja Forcher selbst an der Stelle ihrer Grossmutter stehen. «Ich denke, jeder von uns hat gerne jemanden,  dem man etwas beibringen kann, etwas mit auf den Weg geben – egal ob es die eigenen Kinder oder andere Kinder sind. Das ist auf jeden Fall ein Ziel für mich.» Ob es irgendwann eigene Kinder geben wird? Da wolle sie sich nicht festlegen, lasse es auf sich zukommen. Und natürlich sei es auch eine gemeinsame Entscheidung mit ihrem Verlobten. Mit Berufskollege Felix Briegel (25) ist sie seit gut fünf Jahren liiert.

Wenn sie in Berlin ist, wo sie seit einem Jahr lebt, vermisst sie ihre Grossmutter sehr. «Vor allem aber mache ich mir auch immer Sorgen um sie. Sie ist so ein wichtiger Mensch für mich, und ich weiss, dass sie halt einfach nicht mehr die Jüngste ist. Man hat immer Angst und fragt sich: Was ist jetzt, wenn etwas passiert, und ich bin nicht da – oder ich kann nicht kommen. Diese Verlustangst, die mit dieser Liebe einhergeht, die ist einfach da. Gerade bei einem älteren Menschen ist jeder Schnupfen besorgniserregend, und man denkt sich, hoffentlich geht es ihr bald wieder gut.»

Sie hat mit ihrer Oma auch schon über das Thema Tod und Vergänglichkeit gesprochen. Es sei ja sehr wahrscheinlich, dass Heidi vor ihr gehen müsse. «Ich weiss, dass es unfassbar wehtun wird. Andererseits weiss ich aber auch, dass sie ein ganz tolles und erfülltes Leben geführt hat und dass es für sie in Ordnung ist, zu gehen. Dass es nichts Schlimmes ist. Das hat sie auch selbst so gesagt. Sie meinte, das ist ganz normal, es ist der Kreislauf des Leben», erzählt Ronja Forcher. «Und dadurch, dass sie auch als Einzige in der Familie religiös ist, hat das für sie noch einmal eine andere, spirituelle Komponente. Sie weiss, sie ist danach nicht weg, sie geht nur woanders hin. Deshalb wird mich dieser Gedanke in dem Moment trösten.»

Was wünscht sich die Schauspielerin und Sängerin für ihre Oma? «Dass sie bis zu ihrem letzten Tag eine so lustige und lebensfrohe, tolle und fitte Frau bleibt. Ich wünsche ihr, dass sie jeden Tag nur das macht, worauf sie Lust hat. Dass sie ihr Leben in
vollen Zügen geniesst und dass sie auch weiss, wie inspirierend sie ist und wie sehr sie von uns allen geliebt wird.»