Liebe und Licht in einer dunklen Zeit

Mit viel Herzblut bereitet sich die Sängerin aufs Fest vor, denn die Vorfreude ist gross. Dennoch: All das erfahrene Leid – von Krebserkrankungen in der Familie bis zu Corona – wird sie auch dann nicht vergessen können.

Glitzernde Rentiere warten auf dem Stubentisch auf ihren Einsatz, dazu Christbaumkugeln in verschiedenen Farben, Engel-Figuren und vieles mehr. Géraldine Oliviers Augen leuchten vor Vorfreude. «Ich liebe es, zu dekorieren», erzählt die Schweizer Sängerin, die in Norddeutschland lebt. «Unser Zuhause ist ohnehin schon sehr ge­mütlich, wenn ich es dann noch weihnachtlich schmücke, wird es für mich zu einem richtigen Knusperhäuschen.»

Auch draussen werde sie noch zur Tat schreiten: An die Tür komme ein Kranz, im Garten werde sie mit Ehemann Lutz Ribatis (58) Lichterketten anbringen. Dann ist der Manager und Medienanwalt ein genauso begeisterter Dekorateur wie sie? «Um ehrlich zu sein: Wenn er die Wahl hat, schaut er mir lieber mit einem Gläschen Wein in der Hand zu», sagt die 54-Jährige und lacht. «Meine Söhne haben mir früher gerne dabei geholfen, aber mittlerweile sind ja beide ausser Haus.»

Jonas-Alexander (20), den Lutz in die Ehe gebracht hat, studiert in Kiel Betriebswirtschaft und teilt sich dort eine Wohnung mit Freundin Wiki (21). Die beiden sind zu ihrer Freude gerade zu Besuch: Heute wird noch gemeinsam Guetsli gebacken – ebenfalls eine geliebte Weihnachtstradi­tion. Einer fehlt dabei allerdings: Gregory (20), ihr leiblicher Sohn. Er wurde kürzlich bei der Bundeswehr vereidigt, macht eine dreijährige Ausbildung bei den Heeresfliegern, wo er für die Logistik von Helikopter-Einsätzen zuständig ist, wie sie erzählt. Stolz auf ihn? «Auf beide meine Söhne. Sie machen mir gar keine Sorgen, sind tolle und tüchtige junge Männer, die lieben, was sie tun.» Und die nun ihre eigenen Wege gehen. Nicht wehmütig? «Oh doch, ich bin ja eine Glucke. Aber man muss lernen, loszulassen. Gerade in diesem Jahr war das jedoch nicht leicht. Weil so viele Auftritte abgesagt wurden, war ich oft daheim, und das Haus kam mir sehr leer vor. Da bin ich froh um meine Lucy, mein Hündchen. Sie folgt mir wie ein Schatten. So ein Tier gibt dir so viel Liebe!»

Seelentrost, den Géraldine Olivier derzeit besonders braucht. Denn so sehr sie sich im Moment übers Dekorieren freut, es huschen auch immer wieder Schatten über ihr Gesicht, dann erlischt das Leuchten in ihren Augen. «Ich liebe den Advent zwar, aber ich bin auch sehr traurig. Es ist, wie letztes Jahr schon, eine schlimme Zeit: Weihnachtsmärkte können nicht stattfinden, die Aussteller haben keine Arbeit, Kulturveranstaltungen fallen aus.» Auch ihre eigene Tour «Advent unterm Sternenhimmel» musste die Fribourgerin absagen. Sie hoffe so sehr, dass sich das Leben im nächsten Jahr endlich normalisiere. «Deshalb bin ich entschieden für die Impfpflicht! Ansonsten beende ich meine Karriere. Ganz ehrlich! Ich verstehe die Menschen, die Angst haben, weil es zum Beispiel keine Langzeitstudien gibt. Aber da sitzen wir alle im gleichen Boot, niemand weiss mehr – jetzt ist Solidarität und Menschlichkeit gefragt! Die Intensivstationen sind voll, selbst Krebspatienten müssen deshalb zurückstehen.» Géraldine Olivier ist aufgebracht, erzählt von einer Tante, die an Brustkrebs erkrankte und auf einen Eingriff warten muss.

Generell war es für ihre Familie kein einfaches Jahr: Auch die zweite Schwester ihres Vaters bekam Brustkrebs und er selbst Prostatakrebs. Glücklicherweise sehe es bei beiden aber wieder gut aus. Aber auch um ihren Bruder sorgte sie sich: «Er wäre fast gestorben. Er war wegen eines harmlosen Eingriffs am Bauch im Spital, erwischte aber einen Krankenhauskeim. In den letzten zwei Jahren hätte ich beinahe die drei wichtigsten Männer in meinem Leben – neben meinen Söhnen – verloren: meinen Papa, meinen Bruder und meinen Mann.»

Lutz Ribatis erlitt im November 2020 einen Herzinfarkt, überlebte nur, weil ein Freund ihn 15 Minuten lang be­atmete, bis die Rettungskräfte vor Ort waren (die GlücksPost berichtete). Macht sie sich nun nicht ständig Sorgen um ihn? «Nein, Auslöser war ja eine nicht erkannte Arterienerkrankung, dagegen wird er nun behandelt. Er hat fünf Stents bekommen und ist bei seinen Ärzten in besten Händen. Heute ist er wieder fit und voller Power, wie ein junger Mann», sagt sie schmunzelnd. «Wir gehen oft spazieren, er treibt Sport, und wir arbeiten viel.» Lutz Ribatis hat mit Produzent Kevin Zuber ein Pop-Label gegründet, Pelican Songs, das sich glücklicherweise toll entwickle. Géraldine packt gerne mit an, etwa im Online-Bereich.

Trotzdem: Über die Festtage darf der Job ruhen. «Weihnachten steht ganz im Zeichen der Familie. Wir feiern zuerst bei uns: All unsere Liebsten – auch Gregory –  werden da sein, die Grosseltern aus Deutschland, eine Tante, sogar zwei liebe Fans aus Kanada. Sie hatten zahlreiche Tickets für die nun abgesagte Tour gekauft und Flugtickets, die sie nicht stornieren konnten. Deshalb haben wir sie eingeladen.» Mit diesem Paar gehe es danach auch noch in die Schweiz, um mit ihren Eltern und der Familie ihres Bruders zu feiern. Viel Glück und Vorfreude also – bei der sie auch das Leid der vergangenen Zeit vergessen kann? «Nein», sagt sie. «Das kann ich nicht. Aber umso wichtiger ist es doch, dass wir die Festtage zusammen geniessen. Und es uns hier zu Hause schön machen!»