«Krispin ist mir eine riesige Stütze»

Die Folgen seines Hirnschlags begleiten den Moderator bis heute, und das belastet ihn. Doch er ist froh, zurück im Arbeitsleben zu sein – woran sein «Trick 77»-Kollege grossen Anteil hat.

Ab in die Katakomben des Radiostudios! Thomy Scherrer (60) und Krispin Zimmermann (44) führen uns eine Treppe hinunter, um ein paar Ecken und durch einige Türen, dann stehen wir in ihrem kleinen Refugium – einer kunterbunten Mini-Werkstatt. «Hier drehen wir hin und wieder Videos für Facebook oder probieren Tricks aus», erzählt Zimmermann, während Scherrer vorführt, wie man eine ausgeleierte Schraube wieder drehfähig macht: «Gümmeli über die Kerbe – und schon funktioniert’s wieder!»

Hörerinnen und Hörer von Radio SRF1 wissen: Die beiden werkeln zwar mit Freude, aber nicht nur zum Spass. Gemeinsam moderieren sie jeden Dienstag ab 14 Uhr «Trick 77». Verkeilte Trinkgläser, Steinböden fleckig? Mit solchen Alltagsproblemen wenden sich Hörerinnen und Hörer an sie – per Telefon, E-Mail oder über die rege genutzte Facebook-Seite. Und die beiden finden fast immer eine kreative Lösung.

Zehn Jahre gibt es «Trick 77» schon. Jubiläum! Um das zu feiern, ist nun ein Buch zur Sendung erschienen (siehe Box) – 100 Tricks schriftlich festgehalten. «Es ist toll, etwas Bleibendes zu haben», sagt Krispin Zimmermann, der früher bereits zwei Taschenbücher herausgegeben hat. Thomy Scherrer war damals noch nicht an Bord. Er ist im dritten Jahr dabei. «Mit seiner Erfahrung ist Krispin natürlich der totale Crack. Und ich selbst habe das Flicken und Werken auch im Blut», sagt Scherrer. «Das hat sich in den letzten Jahren noch verstärkt – was psychologisch leicht zu erklären ist: Ich bringe Dinge wieder in Ordnung, wenn das mit meinem Hirn schon nicht klappt.»

Ende 2016 setzte ein Hirnschlag Thomy Scherrer, damals «Club»-Moderator, ausser Gefecht. Ein Jahr ambulante Reha folgte, dann wagte er – trotz grosser Angst und zerstörtem Selbstvertrauen – den Schritt zurück in die Arbeitswelt. Mit einem kleinen Pensum zu «Trick 77» an Krispin Zimmermanns Seite. «Das war Gold wert. Er hat mich unsichtbar an die Hand genommen, wie es ein Psychologe oder Sozialarbeiter nicht hätte besser machen können», erzählt Scherrer. Der Gelobte tut das fast etwas ab: «Ich habe einfach versucht, ihn nicht zu stressen. Aber ich kannte ihn ja schon 13 oder 14 Jahre und wusste, was er kann.»

Bescheidenheit, die Thomy Scherrer so nicht stehen lässt. «Er war und ist eine riesige Stütze, hatte intuitiv die richtige Mischung aus Empathie und Professionalität», erzählt er, als sein Kollege schon wieder zurück bei der Arbeit ist. «Er hat gemerkt, was ich noch kann und vor allem, wie es in mir aussieht.»

Thomy Scherrer kann wieder viel. Sein Ziel, wieder einen ganzen Nachmittag zu moderieren, hat er erreicht. Er sei ein Kämpfer. Dennoch: Dass er nie mehr der Alte sein wird, weiss er. Auch wenn es die Hörerinnen und Hörer nicht merken: Er habe einen Teil seiner Spontanität verloren, hin und wieder stocke er für eine Sekunde oder suche ein Wort. «Das nervt mich extrem!» Ein Hirnschlag sei kein Ereignis, sondern eine Krankheit. Er werde den Rest seines Lebens müde sein: Nach anderthalb Tagen Arbeit beim Radio sei er so «hinüber» wie früher nach einer Woche. Zurück zum Fernsehen sei schlicht unmöglich.

Durch den Hirnschlag sei er auseinandergefallen wie ein Puzzle, und er sei immer noch dran, sich zusammenzusetzen. «Mein innerster Kern ist noch sehr instabil – da wo die Seele daheim ist, wo das Glück hineintropft, wenn man es erlebt und sieht. Aber ich bin auf dem Weg der Zuversicht.»

Er versucht, sein neues Ich zu akzeptieren. Zu Hause hilft ihm seine Frau Marie-Anne (62) dabei – mit viel Verständnis. Es sei nicht leicht, einen ständig müden, depressiven Mann zu haben. «Aber sie ist ein Goldschatz.» Und was Marie-Anne im Privatleben ist, ist Krispin auf der Arbeit? «Das kann man definitiv so sagen! Ohne ihn wäre ich nicht da, wo ich heute bin.»