Kraft sammeln für die schwere Zeit

Aus jeder Krise entsteht Neues – sagt man. Die Komikerin kann es nicht mehr hören, denn die Corona-Situation trifft sie hart. Deshalb hat sie sich nun zurückgezogen.

Fleissig sitzt der zehnjährige Giulien an seinen Ufzgi – bis sein Mami stört und «täubelet», er solle jetzt mit ihr spielen. «Mir isch langwiiilig!» Heitere Sketche wie diesen stellte Stéphanie Berger (42) in den vergangenen Corona-Wochen auf Instagram.

«Den Humor darf man nicht verlieren», sagt die Komikerin zur GlücksPost. Leicht fällt ihr das Lustigsein allerdings nicht. Die Corona-Krise hat sie dazu gezwungen, alle Auftritte mit ihrem neuen Programm vorerst absagen zu müssen. Sie hofft wie alle anderen Künstlerinnen und Künstler auf Verschiebungsdaten im Herbst.

Wie ein Schlag ins Gesicht für die alleinerziehende Mutter – darüber spricht sie offen wie kaum jemand. «Es gibt im Moment nichts schönzureden, und viele Unternehmen kommen nun in Zugzwang. Wie gross der Schaden tatsächlich sein wird, ist momentan auch noch nicht absehbar.»

Es gehe ja nicht nur um ihre jetzigen Verdienstausfälle. Potenzielle Kunden verlieren Einnahmen, buchen sie oder ihre Kolleginnen und Kollegen aus dem Business vorerst wohl kaum. «Ausserdem war ich nun gezwungen, meiner Mitarbeiterin zu kündigen. Ein sehr schmerzhafter Schritt, aber wirtschaftlich der richtige.»

Es ist beim Interview zu spüren, wie sehr die aktuellen Umstände Stéphanie Berger beschäftigen. Und wenige Tage später vermeldet sie auf Instagram denn auch: «Pause!» Und erklärt unter anderem: «Diese Zeiten gehören zu den schwersten meines gesamten Lebens. Ich brauche Zeit, um mich neu auszurichten und um neue Kräfte sammeln zu können.» Ob und wie sie als Comedienne weitermachen könne, wisse sie noch nicht.

Die momentane Situation bedroht ihre Existenz und verursacht schlaflose Nächte. Die vom Staat zur Verfügung gestellte Erwerbsausfallentschädigung habe sie zwar beantragt. Aber wie lange wird das reichen? Zusätzlich einen Kredit aufnehmen? Das sei unternehmerisch fragwürdig, und sie hoffe, das verhindern zu können. «Es wäre der Anfang von einem Schuldenberg, bei dem unklar ist, wann er wieder abgebaut werden kann. Und es gibt keine Garantie, dass das Einkommen in den kommenden Monaten oder Jahren wieder konstant sein wird.» Vom Staat abhängig zu sein, sei keine Lösung. Eigenverantwortung finde sie wichtiger denn je. «Am Ende des Tages entscheidet das Geld, ob man weiter- machen kann oder nicht. Da hilft kein Meditieren und kein Yoga», sagt Stéphanie Berger und fügt schmunzelnd an: «Im Umgang mit der Situation sicherlich schon.»

Zurzeit wägt sie verschiedene Optionen für ein zweites Standbein ab. «Als Live-Performerin bin ich auf Auftrittsmöglichkeiten angewiesen. Keine Auftritte heisst kein Publikum, kein Verdienst. Es ist wichtig, sich Gedanken über einen Plan B zu machen. Braucht man am Ende den Plan B nicht, umso besser!»

Ein ständiger Lichtblick in alledem ist ihr Sohn Giulien. «Wir beide sind ein Dreamteam!», sagt Stéphanie Berger. Das sieht man in den Sketchen bestens. Und dass er offensichtlich das komödiantische Talent seiner Mutter geerbt hat. «Ja, wobei man einem Kind Humor und Sarkasmus  auch beibringen muss. Er ist da sehr stark. Wir blödeln und lachen viel, das macht den Alltag ja auch einfacher.»

Dennoch: Sprüche wie «Aus jeder Krise entsteht Neues!» nerven Stéphanie Berger mittlerweile. «Ich wollte nichts Neues und habe nach keiner Veränderung gefragt. Das Alte war grossartig und erfolgreich!» Trotzdem glaube sie, dass es am Ende gut kommen werde. Die Frage dabei bleibe aber: Wann ist das Ende? «So vieles ist unklar, so viele offene Fragen. Ich glaube, das Schwierigste für uns alle, ist, auszuhalten und abzuwarten. Es ist noch zu früh für mich, um wirklich drastische Entscheidungen zu treffen. Kommt Zeit, kommt Rat!»

Leidensgenossen

Wie Stéphanie Berger geht es vielen Künstlerinnen und Künstlern. «Es ist eine bedrohliche Situation», sagte etwa Komikerin Laura Rindlisbacher, die im Duo mit ihrem Vater René auftritt. Noch klarer wurde Regula Esposito alias Helga Schneider in der «Schweizer Illustrierten»: «Ich habe keinen blassen Schimmer, wie ich dieses Jahr überstehen soll.» Bis September komme nun kein Geld rein. «Es ist ein Genickschuss sondergleichen.»