Keine Kompromisse zum grossen Finale

Das Ende seiner Erfolgsserie «Der Bestatter» naht. Während die Zuschauer trauern, sieht der Schauspieler keinen Grund, Trübsal zu blasen. Zumal er genug andere Projekte hat.

Die Ankündigung, dass «Der Bestatter» ausläuft, kam nicht überraschend und passt zu Mike Müller (55). Getreu dem Motto: «Aufhören, wenn man kann – nicht wenn man muss.» So entschieden der Schauspieler und SRF gemeinsam, die Erfolgs-Krimiserie mit der siebten Staffel (ab 8. Januar, dienstags, 20.05 Uhr, SRF 1) zu begraben.

GlücksPost: Sie als Pragmatiker gehörten wohl nicht zu denen, die am letzten Drehtag laut geweint haben, oder?
Mike Müller: Nein. Man stellt sich im Vorfeld ja auf so eine Situation ein. Jede Serie hat mal ein Ende. Und wenn man es selber setzen kann, rechtzeitig und für alle fair angekündigt, dann ist das doch super. Zum Gränne wäre gewesen, wenn wir von Mal zu Mal eine schlechtere Staffel abgeliefert hätten und uns hätten eingestehen müssen, dass die Fremdwahrnehmung eine ganz andere ist als die Eigenwahrnehmung.

Dann ist Ihnen das Seriengeschäft also nicht grundsätzlich verleidet?
Nein. Ich höre mit dem «Bestatter» nicht auf, weil ich keine Lust mehr auf Serien habe, sondern weil die Halbwertszeit in Sichtweite ist. Vielleicht war der Entscheid auch falsch beziehungsweise zu früh. Aber der Bestatter, der sich in die polizeilichen Ermittlungen einmischt, das hat sich ja irgendwann ausgespielt.

Gab es böses Blut bei Ihren Kolleginnen und Kollegen?
Nein. Ich hatte schon vor drei Jahren in Aussicht gestellt, über das Aus des «Bestatters» nachzudenken.

Hat die Absetzung auch mit Sparmassnahmen zu tun?
Eigentlich trifft das Gegenteil zu. «Der Bestatter» war ein Produkt einer internen Sparmassnahme.

Das müssen Sie uns erklären.
Vor etwa acht Jahren gab es bei SRF eine Sparrunde, bei der einige Sendungen eingestellt wurden. Mit den eingesparten vier Millionen von damals konnte man den «Bestatter» aus der Taufe heben.

Das fanden vermutlich nicht alle so toll.
Nein. Natürlich gab es Leute, die mir vorwarfen, dass sie entlassen wurden, damit wir hier jetzt eine schöne Serie machen können. Aber das ist halt so. Und ich war ja nicht in der Entscheidungsinstanz.

Reden wir über die letzte Staffel: Der arme Luc Conrad muss gleich zu Beginn brutal untendurch. Der tut einem richtig leid.
Ja, es läuft nicht gut für ihn (lacht). Aber Mitleid mit der Hauptfigur zu haben, ist gut. Das hält die Zuschauer bei der Stange.

So eine letzte Staffel gibt auch den Drehbuchautoren gewisse Freiheiten. Kommt es nun  zum grossen Showdown?
Es wird einen Showdown geben – aber einen, wie es ihn schon bei den anderen Staffeln gab.

Sie machen kein Geheimnis daraus, dass Sie dagegen waren, die Hauptfigur Luc Conrad am Ende sterben zu lassen.
Richtig. Aber ob ich mich auch durchsetzen konnte? Sagen wir’s so: Wir haben uns für eine pragmatische Lösung entschieden und keine Kompromisse gemacht.

Was haben Sie denn gegen Kompromisse?
Kompromisse sind schwierig. Verstehen Sie mich nicht falsch: Es gibt ganz viele Lebensbereiche, in denen Kompromisse durchaus sinnvoll sind. Im Film nicht. Da muss man seine Linie durchziehen.

Der Bestatter und die Polizistin wollten in Staffel 6 zusammenziehen. Jetzt trennen sich ihre Wege erneut. Was stört Sie an Liebesgeschichten?
Nichts. Wenn die beiden zusammengezogen wären und am Ende noch ein Kind gezeugt hätten, wäre das kein Krimi mehr, sondern eine Soap. Das kann man machen. Ich habe da nichts dagegen. Aber dann schreibt man es mit Soap an, und dann ist Mike Müller nicht dabei.

Wieso wurde der frühere Drehbuchautor Dominik Bernet zurückgeholt?
Weil es im Frühling bei der Plotentwicklung eine schwierige Phase gab. Die Zeitpläne gerieten durcheinander. So mussten ehemalige Autoren zurückkehren und übernehmen. Und Bernet kann schnell und unter Zeitdruck schreiben.

Die Hintergrundmusik in dieser Staffel ist besser und dezenter ausgefallen.
Ganz meine Meinung. In der letzten Staffel hatte es mir zu viel Musik. Wenn du überall Sound drunterlegst, dann vertraust du irgendwann der Geschichte nicht mehr. Geht man sparsam mit der Musik um, wirkt sie akzentuierter.

Wo sehen Sie die grössten Unterschiede zwischen der ersten und der letzten Staffel?
Hmmm …  schwierig zu sagen. Dazu müsste ich mir die erste Staffel nochmals anschauen, was ich ganz bestimmt nicht tun werde.

Warum nicht?
Weil es mir schon reicht, dass ich mich in der siebten Staffel die ganze Zeit ansehen muss. Das ist nichts Angenehmes.

Jetzt kokettieren Sie!
Überhaupt nicht! Ich sehe dann nur meine Fehler. Aber das geht fast allen Schauspielern so. Bei jenen, die sich furchtbar freuen, sich selber zu sehen, werde ich skeptisch (lacht).

Die Zuschauer haben umso mehr Freude und bitten Sie beim Drehen regelmässig um Selfies. Sagen Sie immer Ja dazu?
Nicht immer. Es gibt Momente, in denen ich meine Konzentration brauche. Im Gegensatz zum Ausland riegeln wir in der Schweiz unsere Sets ja nicht ab. Vor drei Jahren etwa spazierte ein älterer Herr auf mich zu – die Kamera lief, ich war mitten am Spielen –, er zupfte mich am Ärmel und rief: «Hey, das finde ich super, was ihr da macht!» Der gute Mann plauderte munter weiter und kapierte nicht, dass die Kameras liefen. Diese Szene war so absurd, dass ich sie schon fast wieder witzig fand.

Mit der Absetzung der Talkshow «Aeschbacher» wird nun der Sonntagabend frei. War die Rückkehr von «Giacobbo/Müller» nie ein Thema?
Nein, Michael Elsener und Dominic Deville bekommen Aeschbachers Sendeplatz. Ich finde es gut, dass der Sonntagabend zurück an die Comedy und an die zwei geht. Für Viktor wäre das ohnehin keine Option. Er will kein Fernsehen mehr machen, was ich absolut verstehe. Er arbeitet nicht gerne institutionell eingebunden.

Wie sieht Ihr Berufsleben nach dem «Bestatter» aus?
Ich bin nach wie vor mit meinem Stück «Heute Gemeindeversammlung» unterwegs, und ab März ziehe ich mit Viktor im Circus Knie durch die Deutschschweiz. Neben dem «Bestatter» wäre dieses Engagement nicht möglich gewesen.

Was wünschen Sie sich für die letzte gesendete «Bestatter»-Folge?
Schwierige Frage. Meine Arbeit ist erledigt. Ich war gerade heute im Tonstudio, um drei Sätze zu sprechen und noch ein paar Schnaufer zu setzen. Ich hoffe aber, dass diese letzte Staffel gut ankommt und die Zuschauer so viel Freude an unseren phantastischen jungen Kollegen haben wie ich selber.