«In den Tag hineinleben – das tut gut!»

Stets war er auf der Überholspur unterwegs, doch damit ist Schluss. Nach dem Karriere­ende freut sich der an einer Nervenkrankheit leidende Schlagerstar auf mehr Zeit mit der Familie. Trotzdem stellt er seine Entscheidung manchmal in Frage.

Emotionen pur – inklusive einiger Tränchen: Vergangenen Samstag feierte Jürgen Drews (77) in Florian Silbereisens ARD-Show seinen «Schlagerabschied». Begleitet von Ehefrau Ramona (49) und Tochter Joelina (27), die auch ein Duett mit ihm sang, liess sich der Sänger, der an der unheilbaren Nervenkrankheit Polyneuropathie leidet, von Kolleginnen und Kollegen wie Beatrice Egli und Andreas Gabalier feiern. Ein «Abschiedsgeschenk» für seine Fans ist die Best-of-CD «Geil war’s … Danke Jürgen!», die eben erschienen ist (siehe Box).

GlücksPost: Das Album enthält Ihre grössten Hits: Welcher war für Sie der wichtigste? 

Jürgen Drews: «Ein Bett im Kornfeld»: Dieser Hit war mein Türöffner. Bis heute verbindet man meinen Namen mit diesem Song. Der gehört einfach zu Jürgen Drews.

Und was war für Sie das «Geilste» während Ihrer Karriere? 

Allein dass ich überhaupt als Künstler vom Publikum akzeptiert wurde und meine Musik viele Fans fand! Ich hatte da wirklich grosses Glück.

Was berührte Sie am meisten?

Es gab sicherlich viele berührende Momente in meiner Karriere, aber die Verkündung meines Abschieds war schon ein ganz besonders emotionaler Moment, welcher mir nicht leichtfiel.

Bei Abschiedsauftritten gab es Tränen. Wie viel Wehmut ist heute noch dabei?

Ab und an denke ich schon darüber nach, ob die Entscheidung richtig war. Aber das war sie. Es hat sich viel verändert, auch und gerade in der Musikbranche, was bedeutet, dass es nicht wirklich leichter wird. Die Pandemie war für viele Kollegen und Kolleginnen eine Katastrophe, und aktuell ist die Situation bei allen Menschen angespannt, was nachvollziehbar ist. Für mich persönlich war und ist es der richtige Weg, mich jetzt zurückzuziehen.

Wie geht es Ihnen aktuell denn gesundheitlich?

Mir geht es sehr gut, danke der Nachfrage! Ich geniesse meine freie Zeit zu Hause mit meiner Frau Ramona und unseren Hunden.

Verspüren Sie Wut auf Ihre Krankheit?

Nein, überhaupt nicht. Ich habe glücklicherweise bisher nur eine leichte Form der Polyneuropathie, sie schränkt mich im Alltag nicht ein. Nur mein Gangbild ist nicht mehr so flüssig und flott wie früher, aber das ist auch eine Begleiterscheinung des Älterwerdens. 

Wem gebührt rückblickend Ihr besonderer Dank? 

Meinem Publikum, welches mir über Jahrzehnte die Treue gehalten hat!

Ebenfalls immer an Ihrer Seite war Ihre Frau. Gab es auch Zeiten, in denen Ihr Musikerleben für die Beziehung schwierig war? 

Nein, glücklicherweise war unsere Liebe und somit unsere Beziehung immer stark genug, alles auszuhalten. Ich war früher zwar sehr viel unterwegs, was leider häufig die Zeit mit meiner Familie stark einschränkte. Aber es war halt mein Job, und Ramona hat mir immer den Rücken freigehalten und mich unterstützt, wo sie konnte. Das rechne ich ihr hoch an. 

Was ist das Beste an Ramona? 

Dass sie mich bedingungslos liebt! 

Nun beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, heisst es. Haben Sie diesen Zauber schon entdeckt?

Ja, das habe ich. Schon zu Beginn der Pandemie habe ich festgestellt, wie gut es mir getan hat – nach einem Leben auf der Überholspur – einfach zu Hause zu sein und Dinge machen zu können, für die früher keine Zeit war. Ramona und ich machen es uns zu Hause richtig gemütlich. Wir haben alles, was wir brauchen, wenn wir zusammen sind.

Worauf freuen Sie sich besonders?

Am meisten freue ich mich darauf, nicht mehr von Termin zu Termin hetzen zu müssen, sondern in den Tag hineinleben zu dürfen. Das tut unheimlich gut. Und das geniesse ich sehr.

Gibt es Träume, die Sie sich nun verwirklichen wollen? 

Ich bin eigentlich rundum zufrieden. Es gibt keine nicht verwirklichten Träume oder Wünsche. Für mich ist das Wichtigste, meine Gesundheit auf einem guten Status zu halten und viel Zeit mit meiner Familie zu verbringen.

Haben Sie auch Zukunftsängste? 

Nein, die habe ich nicht. Ich mache mir schon Gedanken über die Veränderungen und Entwicklungen in unserem Land und unserer Welt, aber ich versuche dabei, auch immer das Positive im Blick zu behalten.

Wird man nun gar nichts mehr von Jürgen Drews hören, oder dürfen wir auf nicht-musikalische Auftritte, etwa in TV-Shows, hoffen?

Es wird auf jeden Fall kein Comeback geben. Aber ich bin mir sicher, dass man noch das eine oder andere von mir hören und sehen wird. Ich bin ja nicht aus der Welt.

Singen Sie privat noch?

Ich habe privat noch nie gesungen und werde es mir auch nicht angewöhnen (lacht)!