Ihre neue Freiheit zum 50. Geburtstag

Lange wurde die spärliche gemeinsame Zeit mit ihrem Mann von Skirennen diktiert – als die Sportlerin noch aktiv fuhr und später, als er die Schweizer Ski-Damen trainierte. Das ist mittlerweile anders geworden und hat eine besondere Qualität ins Familienleben gebracht.

Die Liebsten haben Vorrang! Vor fünf Jahren gab der Österreicher Hans Flatscher (54) seinen Posten als Cheftrainer der Schweizer Ski-alpin-Frauen ab. Um mehr für seine Frau Sonja Nef und die Kinder da zu sein. Die Freude über die gewonnene gemeinsame Zeit ist gross. Am 19. April feiert die Ex-Skirennfahrerin ihren 50. Geburtstag, und den zelebriert die Familie unter anderem mit einer Woche Skiferien – etwas, was früher undenkbar war.

GlücksPost: Hans, Sie trainieren nun die Junioren. Wie hat sich der Jobwechsel auf das Beziehungsleben ausgewirkt?

Hans Flatscher: Ja schau die Sonja nur an. (Lacht.)

Sonja Nef: Ich werde immer jünger.

Offenbar ein ganz neues Leben für die Familie, richtig?

Flatscher: Ja, als Cheftrainer musst du während des Weltcups bei den Rennen in allen Disziplinen und allen Trainings vor Ort sein – wenn du es richtig machen willst. Der Weltcup-Kalender steht, an diese Daten hat man sich zu halten. Mit den Junioren kann ich mehr selber gestalten. Die Leistung muss erbracht werden, aber nicht unbedingt am Tag X. Ich kann flexibler arbeiten, die langen Abwesenheiten von zu Hause fallen weg. Das gibt uns als Familie eine neue Freiheit.

Sonja, was ist das Schönste am Jobwechsel Ihres Ehemanns?

Nef: Endlich können wir die Wochenenden zusammen geniessen! Als Hans Damen-Cheftrainer war, gab es während des Weltcups längere Blöcke, in denen er wirklich weg war. Das Entscheidende für mich waren die Wochenenden, die ich von November bis April allein mit den Kindern verbrachte. Die Kinder haben jetzt viel mehr von ihm und er von ihnen. Obwohl sie anfangs weinten, als er ihnen sagte, dass er von dem Posten zurücktritt.

Weshalb?

Sie waren schon stolz, dass Papi der Trainer war von Wendy Holdener, Michelle Gisin und Lara Gut-Behrami. Die Kinder waren damals noch jünger und hatten das Gefühl, er müsse jetzt putzen gehen oder so was.

Haben Sie je in Erwägung gezogen, wieder arbeiten zu gehen?

Das wäre unmöglich. Hans ist auch als Nachwuchs-Chef immer noch oft weg. Ich hatte letzthin ein paar Skitage mit Firmen – da gibt es so viel zu organisieren. Und mit den Kindern, die ein so aktives Sportleben führen, zudem weitere Hobbys haben, sind wir darauf angewiesen, dass ich da bin und sie unterstütze. Mehr würde gar nicht drinliegen.

Dann sind Sie froh, dass die Erziehung der Kinder nicht mehr allein auf Ihren Schultern lastet?

Es ist ein Riesenunterschied! Und eine grosse Entlastung für mich, dass er jetzt an vielen Wochenenden hier ist. Für mich war es schwierig, den Ansprüchen der Kinder mit ihren aufwendigen Hobbys gerecht zu werden. Alleine war es fast nicht mehr machbar. Dass wir nicht gerade bei einem Skigebiet wohnen, machte das Ganze erst recht schwierig. Das war eine Wahnsinnsaufgabe für mich.

Julian ist sicher besonders froh, dass der Papa mehr daheim ist.

Wenn Hans zu Hause ist, muss er mit Julian «tschutte», aufs Tram­polin, mit ihm raufen oder an einem Töff «umechlöttere». Unsere Nachbarn lachen: Sobald der Frühling kommt, läuft Julian wie ein Schatten hinter Hans her. Das ist bei den Mädchen schon anders.

Sie werden am 19. April 50 Jahre alt. Wie wird gefeiert?

Wir gehen bald in die Ferien, sind vor dem 19. April aber wieder zurück. Ich geniesse jeden Tag, an dem ich noch in den Vierzigern bin (lacht). An meinem Geburtstag muss Hans arbeiten, und viele meiner Freunde und Freundinnen sind in den Ferien. Wir werden dann wohl auch noch ein paar Tage Ski fahren. Wir sind eine sehr spontane Familie. Irgendwann im Sommer werde ich eine Gartenparty bei uns machen. Das kann sich eine Woche oder zehn Tage vorher ent­scheiden.

50 zu werden, empfinden viele als einschneidend – aber positiv.

Wenn man 40 wird, merkt man nicht so viel. Mit 50 hat man in seine Bahnen gefunden, ist an­gekommen, man erhält mehr Freiheiten zurück. Gleichzeitig hast du das Gefühl, jetzt könnte es etwas langsamer vorwärtsgehen. Die Kinder werden flügge. Und du weisst, den Grossteil deines Lebens hast du hinter dir.

Hans, jetzt, da Sie nicht mehr Cheftrainer sind, laufen die Schweizer Ski-Frauen zu Höchstform auf. Wurmt Sie das?

Flatscher: Ganz so schlecht waren sie auch nicht, als ich ging. (Lacht.)

Sie legten sicherlich das Fundament für die heutigen Erfolge. Hat Ihr Wechsel auch mit den Ambitionen Ihrer Töchter in Sachen Skifahren zu tun?

Nein, gar nicht. Es waren die langen Abwesenheiten. Die beiden Mädchen wollen schon in den Skisport einsteigen. Doch sie fahren beide noch im Kindersport. Da werden noch so viele Faktoren hinzukommen, die am Ende entscheiden, was wirklich aus ihnen wird. So lange sie es gerne tun, ist es gut und man kann’s laufen ­lassen.

Anna und Sophia gehen in die Sport-Sekundarschule. Sophia ist jetzt 15 Jahre alt, da müssen die Weichen gestellt werden für eine Profi-Karriere.

Ja, für Sophia wird es jetzt ernst, sie ist im Alter, um an FIS-Rennen zu starten.

Werden Sie sie unterstützen?

Spitzensport geht nicht, ohne dass die Eltern voll dahinterstehen, mit Begeisterung und Leidenschaft. Sonst kommt ein Kind gar nicht in so eine Struktur.

Sonja, gibt es keine Konkurrenz unter den Töchtern?

Nef: Nein, nie! Auch wenn die eine mal erfolgreicher ist – es ist nie Eifersucht da, das ist erfreulich.

Musikalisch sind die Kids auch.

Sophia spielt Klavier, Julian lernt Schlagzeug. Anna ist eine begeisterte Reiterin, was auch sehr zeitaufwendig ist.

Einen Hund haben Sie sich zudem zugelegt.

Nef: Ja, unseren Sämi. Es war ein langjähriger Wunsch der Kinder und ein Kindheitstraum von mir.

Flatscher: Hasen und a Katz haben wir auch.

Nef: Die Kinder hätten am liebsten einen Bauernhof. (Lacht.)​

Sonja, Sie hatten während Ihrer Karriere immer wieder Probleme mit dem rechten Knie. Wirkt sich das heute noch aus?

Nef: Nach der langen Zeit im ­Spitzensport spürte ich die ­Arthrose schon. Vor zwei Jahren habe ich ein neues Kniegelenk ­erhalten. Hauptsache, ich kann wieder Ski fahren ohne Schmerzen.

Zu Ihrem 50. Geburtstag ist das mediale Interesse an Ihnen sicher gross.

Ich bin selbst erstaunt. 50 Jahre alt zu werden, ist ja keine Errungenschaft. Trotzdem freue ich mich sehr – es ist eine Anerkennung für das, was man geleistet hat. Die Leute haben mich nicht vergessen.