Ihre Behinderung ist für ihn ganz normal

Obwohl die kleine Alba das Downsyndrom hat, nahm Luca Trapanese das Mädchen vor sechs Jahren bei sich auf. Jetzt kommt ihre Geschichte ins Kino.

Von Remo Bernet

Seine grenzenlose Liebe ist filmreif: Der Italiener Luca Trapanese (46) adoptiert im Juli 2017 ein Mädchen mit Downsyndrom. Für ihn ist es kein Thema, dass seine Tochter eine Behinderung hat. Während viele andere mögliche Fa­milien sich die Betreuung nicht zumuten, zögert er nach dem Kennenlernen keine Sekunde und leitet alles für die Adoption in die Wege. Über 20-mal war die Kleine zuvor abgelehnt worden. «Als ich Alba zum ersten Mal in meinen Armen hielt, war ich überwältigt vor Freude. Ich hatte sofort das Gefühl, dass sie meine Tochter ist», erinnert er sich.

Die Einstellung von Luca Trapanese kommt nicht von ungefähr. «Seit ich 14 Jahre alt bin, habe ich mich freiwillig gemeldet und mit Behinderten gearbeitet, also hatte ich das Gefühl, dass ich das richtige Wissen und die richtige Erfahrung dafür habe», erzählt er. Mittlerweile leitet der 46-Jährige eine Hilfsorganisation für Menschen mit Behinderung in Neapel.

Den Wunsch nach einer eigenen Familie hegte Trapanese schon Jahre zuvor, doch nach der Trennung von seinem ­langjährigen Partner war die Situation für ihn rechtlich schwierig. Erst als die Ge­setze in Italien änderten, durfte er als schwuler, alleinstehender Mann ein Kind adoptieren. 

Auch sechs Jahre nach der Adoption bereut er es keine Sekunde, den Schritt gewagt und Alba ein neues Zuhause gegeben zu haben. Denn die Kleine habe sein Leben komplett auf den Kopf gestellt – und das im positiven Sinne. «Sie bringt mir Freude und ein Gefühl der Erfüllung», sagt er.

In seiner Rolle als Papi geht Trapanese völlig auf. Erst vor kurzem ging Alba erstmals in die Schule – und der stolze Papi teilte online fleissig Fotos davon. Sie entwickle sich wunderbar. «Alba hat eine sehr starke Persönlichkeit, und manchmal kann sie wirklich stur sein. Sie liebt es, den ganzen Tag zu spielen, zu essen und zu tanzen», erzählt der Adoptivvater. Und meint weiter: «Ich habe Behinderung nie als Problem gesehen.» Er sieht in der Verschiedenheit der Menschen viel mehr eine Chance.

Sein grosser Wunsch ist es, dass sich Pflegeeltern künftig keine Gedanken mehr darüber machen, ob ihr Kind eine Behinderung hat oder nicht. Deshalb geht er mit seiner Geschichte auch an die Öffentlichkeit. Über das Erlebte schrieb er ein Buch, das nun als Grundlage für den Spielfilm «Nata per te» (deutsch: geboren für dich) dient. Seit wenigen Tagen läuft dieser in den italienischen Kinos, ob er auch in der Schweiz ausgestrahlt wird, ist aktuell nicht bekannt.

Trotz des grossen Interesses und Zuspruchs bleibt Luca Trapanese ganz bodenständig. «Alba und ich sind nichts Besonderes, wir sind definitiv nichts Besseres als jeder von euch. Unsere Geschichte ist nicht aussergewöhnlich – oder sollte es zumindest nicht sein», findet er. Statt sich selbst in den Fokus zu setzen, kämpft Trapanese dafür, dass das Adoptionsrecht in Italien angepasst wird, damit es Leute wie er künftig noch einfacher haben, eine Familie zu gründen. Denn auch andere sollen dasselbe erleben dürfen wie er.