«Ich war in Schockstarre»

Wegen des Corona-Virus war die Sängerin zunächst bestürzt, doch ihr Optimismus war schnell zurück. Lichtblicke in dunklen Tagen sind für sie die Kinder ihrer Brüder – und die Musik: Sie präsentiert ein neues Album!

Selbst eine so positiv denkende Künstlerin wie Beatrice Egli musste die Erschütterung über die Pandemie erst mal überwinden. Jetzt aber schickt die 32-Jährige mit ihrem am 14. August erscheinenden Doppel-Album «Mini Schwiiz, mini Heimat» eine grosse Portion gute Stimmung in die Welt hinaus. Die eine CD ist eine Hommage an ihre Heimat und enthält schweizerdeutsche Songs sowie je einen auf Italienisch und Französisch. Auf der anderen CD singt sie wie gewohnt auf Hochdeutsch. In Deutschland erscheint das Album in anderer Verpackung unter dem Titel «Bunt – Best of».

GlücksPost: Ihr Album wirkt wie das absolute Gegenprogramm zur Krisenstimmung dieses Jahres.

Beatrice Egli: Das stimmt. Obwohl ich die ersten drei Wochen in totaler Schockstarre war und weder Musik noch sonst etwas machen konnte. Danach bin ich aber in die Musik geflohen, was sehr gut getan hat. Auf diese Weise kam diese «bunte» Sache zustande.

Wie schafft man es, sich aus dieser Schockstarre herauszuholen?

Man muss erst mal damit klarkommen, was das alles bedeutet und sich neu orientieren. Irgendwann habe ich begriffen: Jetzt musst du etwas tun! Und zum Glück kann die Musik mein Gemüt sehr gut beeinflussen. In meinem Fall wollte ich natürlich positive Musik machen.

Mit welchem Song haben Sie angefangen?

Das war «Bunt». Die ersten Versuche sind aber in der Schublade gelandet, weil ich dachte, das wird nichts. Es war ein langer Prozess, bei dem ich zwischendrin auch mal aufgegeben hatte. Aber ich bin froh, dass mein Produzent mehr Ausdauer mitbrachte und mich immer wieder aufgefordert hat, weiterzumachen.

Wie machen Sie grundsätzlich Ihre Welt bunt und laden sich positiv auf?

Meine Neffen und meine Nichte machen auf jeden Fall meine Welt bunt. Das gilt auch grundsätzlich für die Erlebnisse mit meiner Familie und meinen Freunden. Ich habe für sie schon lange nicht so viel Zeit gehabt wie während Corona. In diesen Wochen war ich auch viel in den Bergen, denn ich liebe es, in die Natur zu gehen.

Einer der Songs handelt von einem «kleinen Stern», der Ihnen in der Verlorenheit Orientierung gibt. Wie sieht dieser Stern in Ihrem Leben aus?

Für mich sind das die Kinder, die in meinem Leben sind. Sie sind wie Sterne, weil sie die wunderschöne Gabe haben, so spielerisch an die Dinge heranzugehen. Durch sie erkenne ich, wie einfach man das Leben sehen könnte, wenn man nicht erwachsen wäre. Das tut verdammt gut. Abgesehen davon ist Hoffnung ein wichtiger Stern, den man gerade in schwierigen Zeiten braucht.

Was ist Ihre Hoffnung?

Dass ein Impfstoff gefunden wird, durch den uns das Virus keine Angst mehr macht. Dass wir losgelöst gemeinsam feiern und ausgehen und die ganzen Beziehungen zu allen Menschen der Welt pflegen können.

Ein Aspekt dieser Beziehungen ist die Liebe. Wenn Sie in einem anderen Lied «Alles kann, gar nichts muss» verkünden – vermitteln Sie da eine persönliche Philosophie?

Mit jedem Lied verbinde ich eine persönliche Geschichte. «Alles kann, gar nichts muss», sage oder singe ich manchmal selbst zu mir. Denn ich möchte mir diese Gelassenheit geben. Wenn du offen bist und es schaffst, loszulassen, dann öffnen sich viele Türen. Wenn nichts muss, dann entsteht umso mehr.

Bei Ihnen öffnen sich die Türen in zwei Richtungen – in die Schweiz mit Ihren Songs auf Schwiizerdütsch, und nach Deutschland, das Ihnen zum grossen Durchbruch verholfen hat. Sind Sie da hin- und hergerissen?

Ich trage zwei Seelen in meiner Brust. Deutschland hat mir das erste Zuhause für die Musik geschenkt, und das schätze ich sehr. Doch die Schweiz ist das Land, das Heimweh in mir weckt, weil ich hier aufgewachsen bin und weil ich hier sein darf, wie ich immer war.

Was vermissen Sie in Deutschland von der Schweiz – und umgekehrt?

In Deutschland vermisse ich es, wenn ich nicht in meiner Muttersprache sprechen kann. Und ich liebe es, dass ich in der Schweiz innert Kürze in Italien oder Frankreich sein kann. Sie ist ein so kleines Land, das trotzdem eine solche Vielfalt bietet. Ich mag aber gleichzeitig den Kontrast zu den unendlichen Weiten Deutschlands. Wenn du auf der Autobahn bist, dann kannst du dort endlos dahinfahren.

Könnten Sie sich vorstellen, sich irgendwann mit einer Familie in einem dieser Länder niederzulassen, oder mögen Sie lieber das ungebundene Leben mit leichtem Gepäck, von dem Sie ebenfalls singen?

Ich bin in einer Grossfamilie aufgewachsen. Das heisst, ich habe selbst drei Brüder, und meine Mama hat vier Geschwister, die auch wieder sechs Kinder haben. Ich weiss es wahnsinnig zu schätzen, dass ich so aufgewachsen bin. Momentan habe ich allerdings das Gefühl, dass es sich mit leichtem Gepäck sehr gut lebt. Das kann sich aber schnell ändern. Der Wunsch nach Zweisamkeit ist sicher in mir. Aber das kann man nicht erzwingen. Wie schon gesagt: Alles kann, gar nichts muss.