«Ich tue jetzt nur noch das, was mir Spass macht»

Der einstige TV-Moderator und Volksmusik-Star hat Grund zum Feiern: Er wird 70 und ist seit 50 Jahren mit Ida verheiratet. Ein bewegtes ­Leben mit Lust, guter Laune – und vielen Tränen.

Am 23. Mai ist es so weit: Sepp Trütsch wird 70 und ist froh, dass er überhaupt so alt werden durfte. Dem Tod ist er nämlich schon zweimal von der Schippe gesprungen. Auch seinen Humor hat er sich bewahrt. «Ich bin jetzt im frühen Mittelalter angekommen», scherzt er auf die Frage, was ihm die Zahl 70 bedeutet. In den sieben Jahrzehnten hat der zweifache Familienvater Höhenflüge und Abstürze erlebt, mit positiven und negativen Schlagzeilen im beruflichen wie auch im privaten Leben.

Die GlücksPost sprach mit Sepp Trütsch über wichtige Menschen und Stationen seines Lebens.

Seine Ehefrau Ida
«Wir gingen miteinander in die 1. Klasse und fanden uns dort schon ganz sympathisch. Sie hielt mich für einen lustigen ‹Cheib›. Richtig gefunkt hat es Jahre später anlässlich der Mythenabfahrt. Ich betreute die Damen. Nur Ida Reichmuth kam unten nicht an. Sie hatte sich aus Angst nicht getraut, runterzufahren. In einem Restaurant ging es mit uns beiden gleichentags los, und seither sind wir zusammen. Während ich später als Drogist in einer Apotheke in Hasle-Rüegsau BE arbeitete, war Ida dort als Büroangestellte bei Olympiareiter Hermann Dürr tätig. Damals herrschte noch Konkubinatsverbot, deshalb brauchten wir zwei Zimmer. Um sechs Uhr morgens musste Ida dann jeweils in ihr eigenes Zimmer zurück. Weil wir das nicht mehr länger wollten, haben wir uns entschlossen, mit 20 zu heiraten. Vorgesehen war die Hochzeit ursprünglich in der Kapelle auf der Holzegg. Dort hängen die Wappen der Trütschs und der Reichmuths. Wegen Schneeunsicherheit wechselten wir in die Kapelle Bisistal. Drei Pfarrer, darunter ein Verwandter, der Rektor des Kollegi Schwyz, Josef Trütsch, trauten uns. Das ist wohl auch der Grund, dass unsere Ehe trotz Hochs und Tiefs – wir wünschten uns auch schon gegenseitig ins Pfefferland – 50 Jahre hielt. Am 2. August feiern wir goldene Hochzeit.»

50 Jahre später: Die Trütschs ziehen immer noch am gleichen Strick.

Wie er seinen 70. begeht
«Dieses Mal feiern wir im ganz kleinen Kreis. Nur meine Familie und mein Bruder Freddy, ganz unspektakulär in einer Alphütte in der Nähe von Laax GR. Während des Jahres lade ich liebe Freunde separat ein, dass wir dann wenigstens auch miteinander reden können. In meiner Ehe war ich oft der grosse Abwesende, dafür kam ich auch öfter nach Hause als andere Männer. Meine Tochter nannte man in meiner Sturm- und Drangphase früher ‹Polizeihund›. Wenn ich mit ihr unterwegs war, hat sie wie ein ‹Häftlimacher› aufgepasst, dass ich weder nach links noch nach rechts in fremde Décolletés schaue. ‹Ich bin die Angela›, sagte sie jeweils. ‹Das ist mein Vater, und meine Mutter ist zu Hause.›»

Seine «Auferstehung»
«Es passierte bei einem Jungfernflug von den Philippinen nach Abu Dhabi. Weil der Flieger die Räder nicht mehr ausfahren konnte, musste sich der Pilot zwischen Wasser und Sand entscheiden. Er entschied sich für eine Sandlandung. Doch zuerst musste er Kerosin ablassen. Dann hat’s wie verrückt gerumpelt – plötzlich Totenstille. Ich rannte sofort mit dem Pass raus, vergass aber trotz Kamera zu fotografieren. Das war haarscharf. Es war grad Ramadan. Wir feierten trotzdem Auferstehung.»

Sein schlimmster Moment
«Das war der schreckliche Autounfall unserer Tochter Angela. Bis sie wieder ganz hergestellt war, verbrachte sie ein Jahr im Spital und in der Reha. Währenddessen musste ich am TV den lustigen Showmaster spielen. Während sie eine Woche im Koma lag, sprach ich mit ihr und spielte ihr meine Jodellieder vor. Ich spürte, wie sie reagierte. Unglaublich auch, dass ich zufällig an diesem Unfall vorbeifuhr, ohne zu wissen, dass die Schwerverletzte meine Tochter ist. Danach musste ich sie sogar identifizieren, weil sie so entstellt war: für einen Vater der pure Horror. Zum Glück war der richtige Chirurg vor Ort. Der konnte den abgerissenen Daumen gleich wieder annähen. Die Wundmale an ihrem Körper sieht man noch immer.»

Das Herausragendste in seinem Leben
«Meine zwei Kinder Josef Jr. und Angela – wahrscheinlich.»

Seine Gesundheit
«Grossartig ist, dass ich heute meine Gesundheit und mein Gewicht – dank meinem Arzt Fritz Horber – im Griff habe. Ohne ihn könnte ich dieses Leben nicht mehr führen. Ich fühle mich mit 70 pudelwohl. Es ist für mich nicht mehr alles gleich wichtig. Ich tue nur noch das, was mir Spass macht.»

Sein grösster Albtraum
«Die Diagnose Darmkarzinom. Dr. Horber sagte: ‹In den nächsten drei Tagen entscheidet es sich. Leben oder Tod, dein Körper entscheidet, wie es weitergeht.› Ich war am Boden zerstört. Meine Frau weigerte sich, zu akzeptieren, dass es der Tod sein könnte. Sie hat mitgelitten und mich aufgebaut. Mittlerweile kann ich fast Reissnägel essen.»

Traditionen
«Das sind für mich alle Arten von Brauchtum, die erhaltenswert sind. Ein Schwyzer Örgeli sollte in den Armen eines Spielers alt werden und nicht in einem Museum.»

Anfeindungen
«Ich weiss nicht, wie oft ich auf dem ‹Blick›-Titel war. Mein Vater fragte manchmal: ‹Was hast du wieder angestellt?› Kurt Felix sagte einst: ‹Feinde sind das Beste, was dir passieren kann. Aber auch richtige Freunde. Nur wenn du polarisierst, hast du genügend Zuschauer.› Wir hatten einmal einen Kurs bei Hans-Joachim Kulenkampff. Er sagte: ‹Es ist wurst, was sie über euch schreiben. Wichtig ist, dass der Name richtig geschrieben und dass ein gutes Foto dabei ist.›»

Grand Prix der Volksmusik
«Eine tolle TV-Erfolgsgeschichte, die ich mitbegründet habe. In ‹Kays Bistro› in München sass ich mit Hans R. Beierlein und ORF-Unterhaltungschef Harald Windisch zusammen. Ich war damals ‹Redaktionsleiter Folklore› beim Schweizer Fernsehen. Wir entwarfen das Konzept, das angenommen wurde. Die erste Siegerin kam aus der Schweiz: Nella Martinetti.»

Karl Moik und Caroline Reiber
«Aus Rivalität entstand zu beiden eine grosse Freundschaft. Karl hat mich mit seiner Frau noch zu meinem 65. Geburtstag in Schwyz besucht.»

TV-Entertainer Vico Torriani
«Er hat mir seinen Trachten-Smoking vermacht, eine gestickte Appenzellertracht. Wir hatten beide Häuser im Tessin und trafen uns zum Grillplausch, wo er uns bekochte. Angela war sein Liebling.»

Was einst auf seinem Grabstein stehen soll
«Ich möchte auf dem Friedhof in Schwyz so begraben werden, dass ich die Mythen sehen kann. Vielleicht werden wir ein Zweiergrab bestellen, sodass Ida und ich zu zweit Platz haben. Auf dem Grabstein soll stehen: ‹Das isch es gsi›. Das war immer das Lied am Schluss meiner Sendungen.»