«Ich liebe meine Frau wie am ersten Tag»

Für den Entertainer gibt es in diesem Jahr gleich zwei Meilensteine zu feiern – jetzt seinen 80. Geburtstag und im Herbst den 50. Hochzeitstag. Vergessen ist das Tief, in das er wegen einer Verletzung geraten war.

«Mama, den Kopf bitte ein klein wenig nach links drehen – Papa, streck dich, mach dich etwas grösser.» Fotograf Mike Kraus (45) weiss genau, wie er seine Eltern ins beste Licht rückt, welches ihre Schoggi-Seiten sind. Immer wieder nehmen Ingrid und Peter Kraus neue Positionen ein, schenken sich gegenseitig und der Kamera ihr strahlendstes Lächeln. Dagegen hat sogar die Tessiner Frühlingssonne keine Chance. Und Morcote, das beschauliche Dorf direkt am Luganersee gelegen, bietet die perfekte Kulisse. Sohn Mike ist darob so begeistert, dass er von seinen sichtlich verliebten Models nicht genug Fotos schiessen kann.

Vor bald 40 Jahren haben sich Ingrid und Peter Kraus hier niedergelassen, ohne jedoch ihr zweites Zuhause, in der Nähe von Graz in der österreichischen Steiermark, zu vernachlässigen. «Ich möchte keinem den Vorrang geben», sagt der Sänger, während er Arm in Arm mit seiner Frau durch die Gassen schlendert. «Beide Orte sind unser Daheim und wunderschön», bestätigt Ingrid. Das eine liegt mitten in einem Weinberg auf 600 Meter Höhe, das andere direkt am Luganersee. Wie würden sie einem Unkundigen das Tessin beschreiben? Peter Kraus: «So, wie es die Tessiner machen: Es ist die Sonnenstube der Schweiz. Aber dass die Sonne dann wirklich scheint – dafür gibt es keine Garantie.» Dann kommt er doch noch etwas ins Schwärmen: «Es ist ein schöner Platz, wo die Zeit ein bisschen stehengeblieben ist. Und wo man das Gefühl hat, dass die Welt noch in Ordnung ist.»

Wie auch sein Leben. Seit 65 Jahren steht der Rock-’n’-Roll-Star auf der Bühne, hat etliche Filme gedreht und wüsste rückblickend nicht, was er heute anders machen würde. «Die Karriere, wie sie bei mir gelaufen ist, war so nicht geplant. Als junger Mensch habe ich mir gedacht, dass ich mit 35 Jahren ein bekannter Regisseur sein werde und den Franzosen zeige, wie man tolle Filme macht. Dass ich dann aber mit einer Musik bekannt werde, die man totschweigt – den Rock ’n’ Roll wollte die ältere Generation gar nicht haben, und die Tatsache, dass ich dieses Jahr auf Tournee gehe und genau die Musik mache, die ich mit 16, 17, 18 Jahren nicht machen durfte, weil sie zu wild war … Das Leben hat sich schon ein bisserl anders entwickelt», freut er sich und strahlt dabei so viel Jugendlichkeit aus, dass man nie auf den Gedanken käme, dass er am 18. März seinen 80. Geburtstag feiern wird.

Eine Zahl, die ihn jedoch überhaupt nicht schreckt. «Das liegt einfach daran, dass ich an die 80 nie denke», meint der Künstler, über den am TV an seinem Runden die Reportage «Peter Kraus – Immer in Bewegung» (BR, 22 Uhr) zu sehen ist. «Deshalb habe ich die Zahl auch auf den Einladungen versteckt. Sie steht auf der Tür meines Oldtimers AC Bristol – so, als wäre es eine Rennnummer. Auf der Karte ist auch nicht ‹80. Geburtstag› zu lesen, sondern ‹Peter Kraus since 1939›. Da muss man erst mal rechnen», meint er augenzwinkernd, setzt sich an einen freien Tisch unter den Arkaden mit Sicht auf den See und schlägt seine langen Beine übereinander.

Wo andere es in seinem Alter zunehmend ruhiger nehmen, startet der Rock ’n’ Roller dieses Jahr noch einmal durch. Mit seiner grossen Jubiläumstournee durch 28 Städte in Deutschland, Österreich und der Schweiz wird er am 26. Oktober in der Halle 622 in Zürich auftreten. Nur ein Abend? «Ja, aber dafür bin ich am 16. April im KKL in Luzern mit einem Sonderkonzert.»

Jeden Abend in einer anderen Stadt auf einer anderen Bühne. Mutet er sich da nicht etwas viel zu? «Es ist anstrengend, sicherlich», sagt er. «Es ist eine gewisse Lebensform in der Tourneezeit, die meiner normalen überhaupt nicht entspricht.» Normalerweise stehe er früh auf, sei den ganzen Tag unterwegs, mache irgendwas und falle am Abend relativ früh, aber todmüde ins Bett. «Auf Tournee muss ich erst wieder lernen, länger zu schlafen, weil ich spät ins Bett komme. Tagsüber versuche ich mich zu schonen, damit ich am Abend auf der Bühne zwei Stunden volle Leistung bringen kann. Niemand will einen müden, alten Peter Kraus sehen.»

Immer wieder nimmt er seine Frau bei der Hand oder nimmt sie kurz in den Arm. Ingrid (75) ist sein Fels in der Brandung. Sie weiss, was ihm guttut, was er braucht, achtet auf eine ausgewogene Ernährung. Sie war es auch, die ihm wieder auf die Beine half, als er nach einem Sturz in einer TV-Show Ende 2017 seine Schulter brach und in ein psychisches Loch fiel. «Ich habe mich bis dahin als unverwundbar gesehen. Die Erkenntnis, dass dem nicht so ist, hat mich tief erschüttert.» Die Schulter ist zwar wieder heil, gewisse Einschränkungen in der Bewegung sind aber geblieben. Was ihn nicht weiter stört – seinen berühmten Hüftschwung beherrscht er noch immer. «Peter ist ein absoluter Bewegungsmensch», sagt Ingrid, «gibt noch immer recht Gas. Ihn zu bremsen, ist sehr schwierig.»

Am 1. Oktober sind die beiden 50 Jahre verheiratet. Zärtlich nimmt er die Hand seiner Frau: «Und ich liebe sie wie am ersten Tag.» Was ist ihr Geheimnis? «Füreinander da sein, den anderen respektieren», sagt Peter Kraus. Pläne für den 50. Hochzeitstag haben sie noch nicht gemacht. Es hat ja auch noch Zeit. Erst mal steht die Geburtstagsfeier an. «Es werden auch viele Freunde aus der Schweiz nach München kommen. Paola Felix hat beispielsweise zugesagt, was mich sehr freut.»