«Ich kenne Sie doch!»

Seit 20 Jahren arbeitet der Zürcher als Schauspieler. Dass die Leute ihn jetzt auf der Strasse ansprechen, liegt an den beliebten, aktuellen Migros-Werbespots, in denen er mitspielt.

Wenn Sebastian Krähenbühl derzeit ins Restaurant geht oder einen Laden betritt, hört er öfter: «Schön, dass wir Sie wieder bei uns begrüssen dürfen.» Selbst, wenn er noch gar nie da war. «Ich kenne Sie doch!»: Eine Äusserung, die der 48-Jährige ebenfalls oft hört. Die Menschen erkennen ihn, wissen allerdings oft nicht, woher.

Das Rätsel ist schnell gelöst: Der Schauspieler ist die Hauptfigur in der aktuellen Migros-Spots-Reihe! Darin spielt der Zürcher den alleinerziehenden Vater einer Tochter. «Dieses Engagement ist super, es trug mich durch die ganze Pandemie-Zeit. Die Arbeit ist angenehm, sie vertrauen uns und lassen uns viele Freiheiten.» Mit seiner Filmtochter habe er viel Spass. «Ich finde es cool, wie sie das hinbekommt ohne Schauspielausbildung», erzählt er der GlücksPost in seinem idyllischen Schrebergarten beim Balgrist in Zürich. Auch der orange Riese ist mit der beliebten Werbung zufrieden: «Da die Spots sehr gut ankommen, ist ein Ende nicht in Sicht», sagt ein Sprecher. In der Tat hat Krähenbühl soeben einen Vertrag für ein weiteres Jahr mit der Migros unterzeichnet.

Während des Gesprächs führt Sebastian durch den wilden, dafür umso interessanteren Garten – wir erhalten unter anderem essbare Blüten und Gurken in der Grösse von Beeren zu probieren und schwelgen mit dem Gastgeber im Diskurs über wenig bekannte Gewächse. Da fährt ein Tram vorbei, dann die Forchbahn und Autos, Autos, Autos. «Ja, das ist der Haken», meint Krähenbühl schulterzuckend. Trotzdem liebt er den grünen Flecken. Eben hat er das Häuschen neu gestrichen. «Es ist so schön, ich habe total Freude.» Er kennt jede Pflanze, die hier wächst. Obwohl: Die Gärtnerin ist seine Partnerin. Keine zwei Gehminuten entfernt liegt die grosszügige Altbauwohnung der beiden. Von der muss sich das Paar leider nächsten April verabschieden und eine neue Bleibe suchen – der Bau wird totalsaniert. «Bei dem Preis und der Lage hier wird es schwierig, etwas Ebenbürtiges zu finden. Oder überhaupt etwas in der Stadt.» Er lacht – noch. Das Ganze scheint in Gedanken noch weit weg. Er hat zurzeit aber auch so viel anderes im Kopf!

Nach der Schauspielausbildung und zwei Jahren im Ensemble des Nationaltheaters Mannheim kam Sebastian Krähenbühl zurück in die Schweiz und arbeitete zehn Jahre als Schauspieler, Tänzer und Choreograph. Gleichzeitig gründete er seine eigene Produktionsgesellschaft Krähenbühl & Co. Dort kann er als Autor und Regisseur seine experimentelle Seite ausleben. Die Pandemie etwa inspirierte ihn dazu, ein Stück über wahnwitzige Verschwörungstheorien zu schreiben, die von den Menschen, die im Lockdown und -Homeoffice vor dem Computer sitzen, Zuspruch erhalten. In Sebastian Krähenbühls Dystopie «Der Krieg mit den Molchen» wollen Molche die Weltherrschaft an sich reissen (Infos zu allen Produktionen: www.sebastiankraehenbuehl.net).

In Theatern wie etwa dem an der Winkelwiese in Zürich könne er seine «schrägen Sachen» aufführen. Auch andere Häuser sind offen: «Der Krieg mit den Molchen» wird ab 11. 1. 2023 im Kellertheater Winterthur und an der Bühne Aarau gespielt. «Ich schätze es sehr, dass das möglich ist», meint er freudestrahlend. «Realisiere ich selber ein Stück, soll es etwas sein, was es noch nie gab. Und ich finde es sehr erfreulich, wenn sich die Leute dann auch einmal etwas ansehen gehen, was ungewöhnlich klingt.» Alles andere als alltäglich ist auch das neue Projekt, das Krähenbühl im Kopf hat und nächstes Jahr umsetzen will: Science-Fiction auf der Bühne – so viel sei verraten.

Seit Sebastian 2018 in diversen Clips für die SRF-Late-Night-Show «Deville» aufgetreten ist, hat ihn auch der Mainstream entdeckt: Er spielte Nebenrollen in SRF-Serien wie «Wilder» und «Neumatt» sowie in Filmen wie «Zwingli» und «Moskau einfach». Grosse Auftritte hat er in den drei Stücken, in denen er ab Ende September zu sehen ist: «I Hired a Contract Killer» und «Tribute to Monty Python» im Theater am Rigiblick sowie «Heute weder Hamlet» im Stadttheater Winterthur. Wenn jemand also demnächst denkt: «Der blonde Typ mit der Brille kommt mir
bekannt vor», hat er ihn vielleicht in einem Migros-Spot gesehen. Genauso gut kann das aber ein Déjà-vu nach einem Serienabend oder auch einem Kino- oder Theaterbesuch sein.