«Ich helfe ihr, solange es nötig ist»

Mit seiner Tochter Giuliana gab der Sänger von Krokus im Lockdown Heimkonzerte. Dabei kam sie auf den Geschmack – und möchte nun auch ins Musikbusiness.

Von einer Sekunde auf die andere schüttet es. Schutz suchend eilen Marc Storace (70) und seine Tochter Giuliana (26) mit der GlücksPost vom Parkplatz der «Grün 80» in Basel ins Restaurant der Parkanlage. Der Plan, mit den beiden hier draussen Fotos zu machen, scheint ins Wasser zu fallen. Nach einem Kaffee und einem unterhaltsamen Gespräch voller Anekdoten zeigt sich dann zum Glück die Sonne wieder.

Der Krokus-Sänger sieht gut aus, lacht ununterbrochen. Giuliana zeigt mit hautengen Leggings und bauchfreiem Oberteil ihren perfekt durchtrainierten und mit Tätowierungen verzierten Körper. «Fitness ist für mich eine Lebenseinstellung», erklärt sie, auf die vielen Fotos beim Training an­gesprochen, die sie in den sozialen Medien teilt.

Daneben gibt es aber auch Bilder von Giuliana mit ihrem Vater Marc und Claudio Matteo, Gitarrist der Schweizer Hardrockband China. Unter dem Namen Acoustical Mountain treten die drei zusammen auf. Daneben war die Malteser Rockröhre damit beschäftigt, das Kapitel Krokus zu schliessen: «Bei der letzten Zu­gabe unseres Abschiedskonzerts 2019 im Hallenstadion Zürich sah ich viele Taschentücher im Publikum. Ich brauchte auch eines.» Für Storace war in diesem Moment klar: Er würde weitermachen. «Wenn ich aufhöre zu singen, geht meine Stimme kaputt. Und die Wand ansingen mag ich nicht. Deshalb war ich auch immer für Nebenprojekte zu haben.» Wegen der Pandemie platzte der letzte Teil der Abschiedstournee von Krokus durch Amerika. Storace nutzte die Zeit im Lockdown für die Umsetzung ganz neuer Ideen: Er feilte an seinem ersten Soloalbum. Noch ist «Live and Let Live» erst physisch in den Läden erhältlich, später wird es auf den Streamingdiensten verfügbar sein. Auch eine Tour ist geplant.

Daneben nahm Marc mit Giuliana in einem eigens hergerichteten Studio im familiären Wohnzimmer Duette auf und stellte jeden Sonntag eines ins Internet. «Nach dem achten Lied dachten wir: Jetzt müssen wir aufhören, sonst gerät Giuliana noch unter Druck, mehr Musik zu veröffentlichen.» Was beide damals nicht wussten: Die Geschichte wird genau darauf hinauslaufen. Doch damals, Anfang 2020, war die gelernte Drogistin planlos: «Ich zog zurück zu meinen Eltern, um mich neu zu orientieren, mir ging es nicht so gut.» So führte eines zum anderen. Und nun will Giuliana dieses harte Business zu ihrem Lebensinhalt machen.

Die Unterstützung durch ihren Vater ist ihr gewiss. Er hat bereits Lieder für sie geschrieben und hilft ihr mit seinem Erfahrungsschatz und seinen Kontakten. «Es soll schon mein eigenes Projekt sein», betont Giuliana. Sie schreibt selbst Texte, spielt Klavier. Marc doppelt nach: «Ich möchte, dass sie auf eigenen Füssen steht. Aber ich helfe ihr, solange es nötig ist.»

Vater und Tochter haben eine innige Beziehung. «Ich durfte sie im Kreisssaal aus dem Mutterleib ziehen, als ihre Ärmchen schon draussen waren», erinnert er sich gerührt. Als Giuliana und ihr zwei Jahre älterer Bruder Luca noch klein waren, haben Marc und seine Frau Cornelia (58) sich die Hausarbeit geteilt: «Ich war ein paar Jahre voller Stolz ein richtiger Hausmann. Dass meine Frau arbeiten musste, war naheliegend, da sie als diplomierte Kosmeti­kerin mehr verdiente. Es waren noch schlechte Zeiten für Rockmusiker.»

Der Storace-Haushalt war unter Marcs Leitung «ein bisschen chaotisch. Und wir waren oft unpünktlich. Die Wäsche blieb un­gebügelt, bis Mama nach Hause kam. Dafür nahm er alles sehr locker», erinnert sich Giuliana lachend. «Und ich habe dich und deinen Bruder immer zur Schule gebracht, gell», sagt Marc zärtlich und streichelt seinem Augenstern über den Kopf. Der Musiker führte seine Kinder immer wieder in den «Park im Grünen»: «Ich wollte, dass sie Natur und Tiere sehen, draussen spielen.» Giuliana erinnert sich noch gut an die rostige Kunst-­Rutsche, die sie und Bruder Luca hunderte Male herunterflitzten, wie ihr Papa erzählt.

Beim Spazieren eilt Marc zu einem regungslos daliegenden Kormoran. «Oh nein, sieh nur», ruft er entsetzt. Der Tierliebhaber will gerade die Flügel des Vogels lupfen, da weist ihn Giuliana vom Weg aus an: «Nicht anfassen, Papa!» Er hört auf ihre mahnenden Worte. Diese Beziehung ist längst aus dem Vater-Tochter-­Stadium herausgewachsen. Marc und Giuliana begegnen sich auf Augenhöhe – die beste Voraussetzung für die Zusammenarbeit.