«Ich habe mir selbst Schranken gesetzt»

Sich vermehrt der Schauspielerei widmen, davon träumte die Moderatorin. Doch erst vergangenes Jahr tankte sie das nötige Selbstbewusstsein, begrub ihre Zweifel – und ergatterte sogar schon mehrere Rollen.

Auf Zack! Schnellen Schrittes dreht Susanne Kunz (40) eine Runde durch die Markthalle im Viadukt Zürich. Sie wohnt mit Ehemann David (46), Sohn Elfen (13) und Tochter Soane (8) um die Ecke und muss noch den Kühlschrank auffüllen: Sie ist gerade erst aus den Ferien zurück. Und schon wieder im Schuss: Die Aufzeichnungen für «1 gegen 100» (montags, 20.05 Uhr, SRF 1) und «Ich weiss alles!» (2. 2., 20.15 Uhr, SRF 1) stehen an. Zudem gibt sie Pilates-Stunden («ein kleines, aber schönes Flämmli») und hat daneben immer wieder neue Projekte. So ist sie am 22. 1. in «Der Bestatter» (22. 1., 20.05 Uhr, SRF 1) zu sehen. Eine ganz andere Susanne Kunz!

GlücksPost: Was können Sie uns zu Ihrer Rolle sagen?
Susanne Kunz: Ich spiele Gigi, die mit ihrem Freund auf der Strasse lebt – si hangä beid chli am Bier. Wir wollen unbedingt helfen, den Fall zu lösen, und kommen dann selbst mit der Polizei in Konflikt. Mehr verrate ich aber nicht.

Dann verraten Sie doch: Waren Sie privat schon im Visier der Polizei?
Bei einer Kontrolle: Wir hatten nach einem Auftritt mit meinem  Comedy-Programm das Auto so schwer und einseitig beladen, dass es aussah, als würden wir betrunken zickzack fahren. Wir mussten blasen, waren aber stocknüchtern!

Sonst nie?
Okay,  ich wurde mal erwischt, als ich drei Mal bei Rot über eine Ampel fuhr – mit dem Velo. Ui, das wurde teuer. Ansonsten war aber nichts: Ich bin eine ganz anständige Bürgerin (lacht).

Gigi war drogensüchtig, und das sieht man ihr auch an. Kein Problem, so vor die Kamera  zu treten?
Nein, das gehört dazu! Ich finde es super, eine andere Facette zeigen zu können als die vom TV. Ausserdem weiss ich ja, dass ich zwischendurch mal schlecht aussehe, und habe gelernt, mich auch so gern zu haben (lacht).

Das klingt, als wären Sie mit sich im Reinen.
Ach was! Aber mit 40 hat man es langsam raus, sich mit allen Macken zu mögen. Ich hatte auch noch nie ein Problem damit, ungeschminkt aus dem Haus zu gehen. Wobei mir Schminken Spass macht. Schon als Kind hatte ich  Freude an der Verwandlung, habe bereits mit fünf Jahren Theater gespielt – und seither immer wieder.

Ist es ein Traum von Ihnen, öfter als Schauspielerin zu arbeiten?
Ja, ich habe mit dem «Bestatter» erneut Blut geleckt. Und jetzt, wo die Kinder grösser sind, passt es auch gut in die Lebenssituation. Alles hat seine Zeit, und ich hoffe, dass für mich jetzt die der Schauspielerei kommt. Ich habe Lust, wieder künstlerischer zu arbeiten, mich beruflich in Unsicherheiten hineinzubegeben. Irgendwie habe ich an Selbstbewusstsein gewonnen.

Daran mangelte es?
Ja, eine Zeitlang habe ich mir selbst Schranken gesetzt. Ich hatte Zweifel, weil ich mich zwar schauspielerisch habe ausbilden lassen, u. a. in Berlin und Paris, aber halt keine klassische Ausbildung absolvierte. Dazu fragte ich mich, was die Leute denken, wenn die vom Fernsehen meint, jetzt auch noch schauspielern zu müssen. Dank «Darf ich bitten?» konnte ich das ablegen.

Wie kam’s?
Die Tanz-Show hat mir so viel positive Energie gegeben, ich konnte mich voll reingeben und habe sehr viel daran gearbeitet, mich nicht von Ängsten packen zu lassen. Es hat mich mental gestärkt.

Bedauern Sie es, so ein bekanntes TV-Gesicht zu haben? Das könnte Filmemacher abschrecken.
Nein, das wäre falsch. Klar hatte ich schon das Gefühl, abgestempelt zu werden. Andererseits habe ich trotzdem immer wieder Rollen bekommen. Und mein TV-Job hat mir auch viele Möglichkeiten und Freiheiten gegeben. Ich hatte Zeit für die Kinder, konnte meine «Elsbeth!»-Stücke machen.

Steht da ein neues Programm an?
Ständig spät ins Bett, mit den Kindern früh raus … Nein, das will ich derzeit nicht stemmen. Zudem arbeitet mein Mann neu 100 Prozent, so sind uns auch die Wochenenden heilig geworden. Früher, als wir beide Freelancer waren, gab es kein Wochenende im klassischen Sinn. Ja, wir sind jetzt Spiesser geworden! (Lacht.)

Gerade eben hatten Sie jedoch ausgiebig Zeit für die Familie. Sie reisten durch Sri Lanka.
Ja, es war toll, so viel Zeit miteinander zu haben. Drei Wochen waren wir unterwegs – da kommt man wirklich zur Ruhe. Wir haben Tempel angeschaut und Safari gemacht, sind durch Teeplantagen gewandert: Es war sehr eindrücklich und interessant.

Wie haben es die Kinder gemeistert?
Sehr gut, sie sind mit 8 und 13 jetzt alt genug, solche Sachen mitzumachen, auch mal eingepfercht im Tuk-Tuk auf einer holprigen Strasse zu fahren. Es war schön zu sehen, wie sie die Unterschiede der Kulturen wahrnehmen. Es schadet nicht, wenn Schweizer Kinder die Massstäbe in anderen Ländern mal kennenlernen.

Im Buch «Mama kann nicht kochen» plädierten Sie dafür, dass Mütter nicht perfekt sein müssen. Andersrum gefragt: Worin sind Sie perfekt?
Ich schaffe es, die Kinder so zu wecken, dass sie selbst in aller Herrgottsfrühe gerne aufstehen. Auch im Trösten bin ich gut, und sie können alle Tabu-Themen mit mir besprechen. Top bin ich natürlich auch in der Organisation – luege, dass dr Charre louft!

Müssen Elfen und Soane zu Hause mithelfen?
Natürlich! Wäsche zusammenlegen, einkaufen, aufräumen … Sie haben ihren Ämtliplan, müssen auch mal das WC putzen. Ich finde es wichtig, dass sie solche Dinge lernen, dass sie später, in einer Berufslehre etwa, schon mal einen Besen in der Hand hatten. Ich glaube, das gibt ihnen auch eine Wichtigkeit, jedes Familienmitglied wird eingebunden.

Um Familie geht es ja auch in einem neuen SRF-Projekt, in das Sie involviert sind …
Ja. Es ist noch in Entwicklung, aber es geht um perfekt unperfekte Mütter. Angedacht ist eine Online-Videoreihe. Mehr kann ich leider noch nicht dazu sagen.

Was steht sonst noch an?
Ab 11. 7. spiele ich Gräfin Olivia in Shakespeares «Was ihr wollt» in einer Freilichtaufführung des Turbine Theaters in Sihlwald. Ich freue mich sehr darauf.

Dann läuft’s ja mit der Schauspielerei! Bleiben Sie «1 gegen 100» trotzdem treu?
Auf jeden Fall. Klar, es muss immer irgendwann Veränderungen geben. Ich weiss nicht, ob ich das bis 90 noch machen kann und will – oder wie lange SRF mich noch möchte. Aber mir gefällt der Job nach wie vor sehr!