«Ich habe immer riesiges Heimweh»

Ob für seine Jass-Sendungen oder demnächst fürs Radio: Der Moderator ist in der ganzen Schweiz unterwegs. Dabei wäre er eigentlich am liebsten ständig zu Hause – bei der Familie in seinem geliebten Thurgau.

Endlich Schatten! Erleichtert stellt Reto Scherrer (42) sein Velo ab und setzt sich in eine kleine Laube in den Rebbergen oberhalb Weinfeldens. Sofort ist die Hitze erträglich, ein Lüftchen lässt die Blätter rascheln. «Mega schön hier, gell?», sagt der Moderator und schaut fast andächtig auf «seine» Stadt hinunter. Die Reben rundherum gehören seinen Eltern, er selbst wohnt mit seiner Frau Melanie (35) sowie den Kindern Emma (5), Lisa (3) und David (bald 1) nur einen Katzensprung entfernt.

«Dieses Fleckchen hier bedeutet mir unglaublich viel, die Laube war schon als Kind mein Rückzugsort. Hier habe ich meinen ersten Liebeskummer bewältigt.» Heute kommt er zum Nachdenken her, wenn Entscheidungen anstehen, er Texte lernen muss. Oder einfach um die Seele baumeln zu lassen und die Ruhe zu geniessen. «Wenn man jeden Tag nach Zürich pendelt, ist man froh, so einen Ort zu haben.»

Nie würde der Thurgauer aus seiner Heimat wegziehen. «Hier will ich leben», hier will ich sterben.» Und bis dahin will er am liebsten gar nicht weg. «Mein Problem ist: Ich habe immer riesiges Heimweh! Nicht nur auf Reisen, sondern schon wenn ich nur eine Nacht nicht zu Hause bin. Je älter ich werde, desto schlimmer wird es.»

Das ist bei seinem Job (den er trotz allem liebt) ein Handicap: Demnächst reist er für die Radiosendung «Querfeldeins» vom Unterengadin nach Zürich – erstmals mit dem Velo. Und auch für den «Donnschtig-Jass» und den «Samschtig-Jass» ist er stets mehrere Tage unterwegs. Mit Letzterem geht es am 25. August (18.45 Uhr, SRF 1) übrigens wieder los. Erstmals mit dem neuen Schiedsrichter Jörg Abderhalden (38). Die ersten Sendungen sind schon abgedreht, und der Ex-Schwinger mache es super. Sie seien ein Dreamteam und aus demselben Holz geschnitzt. «Er ist in meinem Alter, hat den gleichen Humor, ist ebenfalls Ostschweizer und Vater.»

Seit letztem Jahr hat Reto Scherrer – wie Abderhalden – drei Kinder. Just als seine «Samschtig-Jass»-Premiere ausgestrahlt wurde, erblickte der kleine David das Licht der Welt – und entdeckt diese seither ganz «süferli».

«Er ist eher zart und ein bisschen faul. Beim Krabbeln und seinen Aufsteh-Versuchen legt er sich nicht sonderlich ins Zeug», erklärt der Moderator beim Rundgang durch die Reben schmunzelnd. Natürlich ist die Familie stolz auf den Kleinen. Allen voran seine Schwestern: Sie haben ihn praktisch zu ihrem Eigentum erklärt, sind sehr beschützerisch. Wenn die fünfjährige Emma bei David sei, könne Reto ohne Weiteres in einem anderen Zimmer Dinge erledigen.

Trotzdem: Gerade die Mädchen halten den TV-Mann auf Trab. «Es ist ein zweischneidiges Schwert: Ich freue mich riesig, dass sie alles wissen wollen, viel reden und sich durchzusetzen versuchen. Es braucht aber auch viel Energie. Da komme ich manchmal schon an meine Grenzen.» Ja, er sei ein strenger Vater, der auch mal laut werde. Einmal litten darunter die Stimmbänder. «Am nächsten Tag habe ich leicht heiser am Radio moderiert und von den Hörern viele Genesungswünsche bekommen, weil sie dachten, ich sei krank», sagt Scherrer und lacht. «Ich will ja keine Armee zu Hause – aber bei drei Kindern muss es eben funktionieren.»

Da könnte er die beruflichen Reisen doch eigentlich als kleine Auszeiten sehen. «Das denke ich jeweils auch. Ganz kurz. Dann vermisse ich die Heimat und meine Familie schon wieder.» Und zu dieser zieht es Reto nun auch: Ab aufs Velo und heim zu seiner Rasselbande!