
Will mit ihrer Musik Freude bereiten: «Ich möchte für die Menschen schöne Räume schaffen, wo die Seele zur Ruhe kommt oder wo das Herz schneller schlägt, weil es einem gut geht», sagt Beatrice Egli.
Beatrice Egli
«Ich bin ein absolutes Sommerkind »
Sie gehört zu den bekanntesten Sängerinnen der Schweiz, ist auch in Deutschland ein grosser Star. Trotz ihres Erfolgs ist sie bis heute ein Familienmensch geblieben, wie sie im Interview erzählt.
Von Rüdiger Sturm
Beatrice Egli ist im Dauereinsatz. Ihr Interview gibt sie per Telefon auf dem Weg zu einem Konzert, denn die Veröffentlichung ihres Albums «Hör nie auf damit» steht kurz bevor. Zum Glück hat sich die 37-Jährige ihre gute Laune bewahrt, wie sie beim Gespräch beweist. Doch in ihrem persönlichen Umfeld ist sie auch mit Tragödien konfrontiert, die sie in ihrem Denken tief prägen.
GlücksPost: Ihr neues Album strotzt vor lebensbejahenden Botschaften. Was ist der Anlass dafür?
Beatrice Egli: Jeder hat im Leben nicht nur gute Tage. Und auch die Weltlage ist nicht gerade leicht. Dem kann man sich nicht entziehen. Musik kann einem helfen, damit umzugehen und Energie zu schöpfen. Ich möchte für die Menschen schöne Räume schaffen, wo die Seele zur Ruhe kommt oder wo das Herz schneller schlägt, weil es einem gut geht.
Und Sie selbst? Geht es Ihnen immer gut?
Ich werde oft gefragt: «Bist du immer so gut drauf?». Aber ich sage dann, dass es auch bei mir nicht immer toll läuft. Auch ich kenne herausfordernde Zeiten. Aber die gehören zum Leben. Wenn alles nur auf Wolke sieben wäre, würde sich das nicht mehr echt anfühlen. Ich versuche das anzunehmen, was ist, und das Gute zu sehen. Das spiegelt sich beispielsweise in dem Song «Ja zum Leben» wider.
Was ist der Hintergrund für diesen Song?
Ein mir nahestehender Mensch, der aber nicht namentlich genannt werden möchte, geriet von einer Sekunde auf die andere in eine gesundheitliche Notsituation. Diese Person hat mir über Jahre hinweg gezeigt, wie stark ein Mensch sein kann.
Und Sie haben diese Person unterstützt?
Natürlich steht man zur Seite, aber gleichzeitig kannst du nur so viel da sein, wie jemand es zulässt. Es hat mich so beeindruckt, wie diese Person einfach aus sich heraus so viel Kraft geschöpft hat. Manchmal dachte ich mir: Woher nimmt sie so viel Lebensmut?
Glauben Sie, Sie hätten in so einer Situation die gleiche Kraft?
Ich glaube schon, dass ich mental sehr stark bin, und versuche, mit Herausforderungen zu wachsen. Aber man sieht in so einer Situation, wie brutal das Leben sein kann. Und man fragt sich, wie kann das werden, wenn die Ärzte sagen, das werde nicht wieder gut. Ich bewundere dieses urtiefe Vertrauen an das Gute und ich weiss nicht, ob ich das in so einer Situation gehabt hätte. Zum Glück wurde ich selbst noch nicht mit solchen Tiefen konfrontiert und darf ein gesundes Leben führen. Das stimmt mich dankbar und demütig.
In den letzten Jahren haben Sie Ihre Widerstandsfähigkeit trainiert, z. B. als Sie aufs Matterhorn gestiegen sind. Haben Sie in jüngster Zeit etwas Vergleichbares gemacht?
Sportlich nicht, aber für mich war es ein Highlight, als ich bei der Eröffnung der Frauen-Fussball-EM die Schweizer Nationalhymne im Stadion gesungen habe – vor vielen Millionen von Fernsehzuschauern. Das ging mir total unter die Haut. Ich war richtig geflasht. Das war ein Gefühl, als wäre ich mit meiner ganzen Schweizer Heimat eins. Ein magischer und unvergesslicher Moment.
Hatten Sie Angst, dass es vielleicht schiefgehen könnte?
Natürlich ist man aufgeregt, und es besteht die Gefahr, dass man Fehler macht. Es gibt Blackouts oder man trifft aus Nervosität einen Ton nicht sauber. Aber tatsächlich konnte ich es einfach geniessen. Ich habe mir gesagt: Das ist ein einmaliger Moment, den lasse ich mir von keiner Angst nehmen. Ich habe in die Gesichter der Menschen geschaut, habe gesehen, wie das ganze Stadion die La-Ola-Welle macht, und so habe ich mir nicht mehr den Kopf zerbrochen. Zum Glück ist ja auch alles gut gegangen.
Ihr Arbeitspensum ist enorm. Was hilft Ihnen dabei, die Balance zu halten?
Ich brauche unbedingt die Natur – Wald, Sonne, Berge und das Meer. Hauptsache, ich komme nach draussen. Gerne bei schönem Wetter. Ich bin ein absolutes Sommerkind. Und grundsätzlich sind es meine Wurzeln: meine Heimat, die Schweiz, und die Menschen, mit denen ich gross werden durfte und die mich geprägt und bestärkt haben.
Damit sind vermutlich auch Ihre drei Brüder gemeint.
Genau. Mir wird jetzt erst bewusst, wie viel meine Brüder mir mit auf meinen Weg gegeben haben. Ich habe ein solches Vertrauen in meine Familie. Alle sind immer für mich da und ich für sie. Wenn du ein so enges Band hast, dann ermöglicht dir das, in die Welt hinauszugehen. Denn du weisst: Zu Hause sind die, die dich mit offenen Armen empfangen. Dafür bin ich wahnsinnig dankbar. Ich merke, was das für ein schönes Geschenk ist.
Haben Ihre Brüder eine ähnliche Mentalität wie Sie?
Wir haben die gleichen Werte. Wir sind alle offen, bodenständig, herzlich und ehrlich. Aber gleichzeitig sind wir komplett unterschiedliche Charaktere. Der eine ist still, der andere eher laut. So gesehen könnte man auf den ersten Blick nicht erkennen, dass wir vier Geschwister sind. Ich schätze es auch, dass wir nicht immer gleicher Meinung sind. Das ist in Ordnung. Man kann von anderen Perspektiven lernen. Das Entscheidende ist eben, dass wir uns absolut aufeinander verlassen können.
Und wann brauchen Sie Ihre Brüder?
Das ist auch unterschiedlich. Den einen rufe ich an, wenn ich psychologischen Rat brauche, den anderen, wenn ich Probleme mit meinem Computer habe.
Wann rufen Ihre Brüder Sie an?
Wenn es um Emotionen oder Konflikte mit nahestehenden Menschen geht. Oder auch was weibliche Personen betrifft. Generell sprechen wir auch über die Weltlage: Wie geht man damit um?