«Ich beziehe mein Gemüse vom Biohof von Prinz Charles»

Die Mitglieder des englischen Königshauses sind Stammgäste beim Bieler Starkoch in London. Trotzdem ist die Anspannung bei ihm jeweils gross, wenn er für sie ein Menü zaubert. Und bevor es so weit ist, durchsuchen Spürhunde das Restaurant.

Er kocht seit vier Genera­tionen für das britische Königshaus und wurde von Königin Elizabeth II. zum Ritter geschlagen. Staatsoberhäupter und Berühmtheiten aus Politik, Wirtschaft und Showbusiness aus aller Welt geben sich in seinem Londoner Restaurant «Belfry» die Klinke in die Hand – oder lassen ihn gleich einfliegen. An der «Davidoff Tour Gastronomique» im deutschen Heiligendamm verwöhnte er kürzlich seine Gäste mit dem Lieblingsgericht von Prinzessin Diana (†36). Der Koch mit der Fliege ist ein Perfektionist und überlässt nichts dem Zufall. Im Interview erzählt Anton Mosimann, warum er mit 68 Jahren noch lange nicht an Rente denkt.

GlücksPost: Wann haben Sie zuletzt für die britische Königs­familie gekocht?

Anton Mosimann: Eben erst für Prinz Charles an zweien seiner Charity-Empfänge. Er ist dies­bezüglich sehr engagiert.

Wie ist Prinz Charles?

Ich habe ihn als feinen Menschen kennengelernt und schätze ihn sehr. Er arbeitet unheimlich viel und ist an den unterschiedlichsten Dingen interessiert, an Architektur, ökologischer Landwirtschaft. Er unterstützt unzählige Organisationen und ist bei allem, was er tut, immer gut gelaunt. Er hört seinem Gegenüber aufmerksam zu und ist zuvorkommend.

Sie haben auch das Hochzeits-Dinner von Prinz William und Herzogin Catherine kreiert.

Das war eine schöne Geschichte, da fühlt man sich schon geehrt. Die beiden kamen in mein Restaurant. Wir diskutierten drei Stunden über Menü, Tischdekoration, Blumen, Gläser, Geschirr. Ich hatte sie gefragt, was sie gerne essen. Die zwei sind völlig unkomplizierte, höfliche Menschen.

Nun verköstigen Sie die britische Königsfamilie schon in der vierten Generation.

Es ist für mich eine grosse Ehre, die Mitglieder des Königshauses und schon den fünften britischen Premierminister in Folge zu be­kochen, von Margaret Thatcher bis David Cameron. Bill Clinton war ebenfalls schon da mit Prinz Charles. Die verstorbene Queen Mum wollte immer die Zutaten meiner Menüs wissen und wies dann ihren Küchenchef an, meine Rezepte für sie nachzukochen.

Was ist besonders, wenn Sie für die Königsfamilie kochen?

Die Anspannung ist natürlich viel grösser. Ich koche dann ja ausser Haus, in der Küche des Buckingham-Palastes. Dieses Umfeld kenne ich inzwischen zwar schon gut, aber es ist immer wieder eine Herausforderung. Gekocht wird wie sonst auch. Die Vorschriften sind aber strenger. Wir haben eine Person für Gesundheit und Sicherheit bei uns, die kontrolliert, ob alles sauber ist und die korrekte Temperatur hat. Wenn Prinz Charles in mein Restaurant kommt, wird ein Trupp von Beamten vorgeschickt, die das komplette Haus durchsuchen. Alles wird abgeklopft. Kurz bevor er kommt, werden Spürhunde eingesetzt. Als George Bush zu Gast war in der Downing Street, haben zwei Polizisten vorgekostet, ob das Essen okay ist.

Worauf achten die Royals bei ihrer Ernährung?

Es muss eine möglichst leichte Küche sein, einfach, biologisch produziert und kreativ. Vor allem Prinz Charles liebt bio. Er möchte immer genau wissen, woher die Produkte kommen. Er hat ja selbst eine Farm, und ich beziehe Gemüse von ihm, das schätzt er sehr. Es muss nicht aufwendig und ausgefallen sein, aber die Qualität muss stimmen. Die Royals achten schon sehr darauf, was sie essen. Da muss ich mir etwas einfallen lassen (lacht).

Sie waren mit Prinzessin Diana befreundet. Was hat sie am liebsten bei Ihnen gegessen?

Ich mache einen sehr speziellen «Caesar’s Salat». Diana mochte diesen Salat besonders gerne. Und meinen Risotto – das war für sie das Grösste, wenn ich ihr meinen Steinpilz-Risotto gekocht habe. Natürlich mit viel Liebe angerichtet für die schöne Prinzessin.

Wie sieht es bei Ihnen zu Hause aus? Stehen Sie am Herd oder Ihre Frau?

Ich würde sagen halb-halb, wir sind ein gutes Team wir beide. Ich bin ja nicht sehr oft zu Hause.

Was ist das Geheimnis Ihres Erfolgs?

Ich bin sehr kreativ, versuche aus wenig möglichst viel herauszu­holen. Und achte darauf, dass es nicht zu viel wird. Ich will bei einem Gericht nicht fünf oder sechs verschiedene Geschmäcker auf dem Teller haben. Zwei, drei Geschmäcker, die dann aber intensiv, das reicht. Zu viel verwirrt.

Wie oft sind Sie in Ihrer Heimat?

Ich bin sehr oft in der Schweiz, habe eine Wohnung am Genfersee. Ich hatte immer einen Fuss in London und einen in der Schweiz.

Haben Sie schon einmal daran gedacht, sich zur Ruhe zu setzen?

Nein, um Himmels Willen! Ich habe doch so viel Freude an meiner Arbeit. Ich kann es morgens kaum erwarten, in meine Koch­jacke zu schlüpfen. Ich arbeite täglich 12 bis 15 Stunden und freue mich, wenn meine Gäste zufrieden sind. Inzwischen unterstützen mich meine beiden Söhne im Restaurant. Wenn ich auf Reisen bin und gebucht werde für einen Dinner-Event, koche ich immer selbst. Ich habe eine junge Köchin dabei, die bei mir vier Jahre gelernt hat, und die meine Rezepte sehr gut kennt. Trotzdem mache ich den Feinschliff am Ende selbst.

Was sind Ihre nächsten Pläne?

Bis am 21. Februar läuft im «Spielzeug Welten Museum» in Basel meine Ausstellung zum Thema «Fünf Jahrhunderte Kochgeschichte». Ich zeige einen grossen Teil meiner Sammlung von mehr als 6000 Kochbüchern, historischen Menükarten, Klein-Skulpturen, bemalten Tellern – das ist eine schöne Sache. Und am 4. Juni eröffne ich mein eigenes Museum in Le Bouveret im Wallis, da gibt es viele interessante Dinge zu sehen. Es gibt so viele Projekte – der Ruhestand kommt für mich nicht infrage. Dafür habe ich keine Zeit (lacht)!