Warum er einen neuen «Sohn» hat

Ein Mann von der Elfenbeinküste wirkt als gute Seele im Leben des Multimillionärs, nennt ihn sogar Papa und würde alles für «Hausi» tun. Wie kam es zu dieser speziellen Beziehung?

Es ist bitterkalt an diesem wunderschönen Novembertag an den Gestaden des Genfersees. Hans «Hausi» Leutenegger (75) steigt in seinen grossen Mercedes, will losfahren. Ein grosser, dunkelhäutiger Mann stürmt aus dem Haus und hält den Wagen auf. «Es ist sehr kalt, Papa», sagt er zu Hausi. «Du solltest die dicke Jacke mitnehmen, damit du dich nicht erkältest.» Hausi steigt aus, nimmt die Jacke entgegen und freut sich. «Seht ihr, wie Ferdy zu mir Sorge trägt? Auf ihn ist Verlass. Mein Sohn Jean-Claude und ich haben ihn richtig lieb gewonnen. Oft sagt Ferdy Papa zu mir.»

Ferdy (34) ist bei Leutenegger der Mann für alle Fälle, kümmert sich um die Häuser, die Autos, das Boot. Er ist der Sohn eines Arztes aus Abidjan (Elfenbeinküste). «Eines Tages stand er vor meiner Haustüre und fragte, ob ich Arbeit habe. Papiere? Hatte er keine. Ich sagte ihm, das gehe leider nicht», erzählt Hausi. Jede Woche kämen zwei bis drei Leute bei ihm vorbei, die Arbeit suchen. «Ich gebe ihnen jeweils 100 Franken in die Hand und einen Besen. Die meisten sind innerhalb einer Stunde mit dem Geld verschwunden.» Ferdy hingegen war nach vier Stunden noch da. Nicht nur das ganze Laub war weggefegt, auch die Autos glänzten wie nie. «Ich spürte sofort, das ist ein ehrlicher Typ. Endlich mal einer, der die Arbeit sieht und nicht von meiner Gutmütigkeit profitieren will.»

Hausi kennt Ferdys Schwester, die vis-à-vis seiner Firma einen Coiffeursalon führt. «Deshalb», so Hausi weiter, «wusste ich, dass er aus einer guten Familie stammt. Ich sagte ihm: ‹Ich bekomme für dich nur eine Arbeitsbewilligung, wenn du einen Schweizer Pass hast. Du siehst gut aus, also wirst du auch eine Schweizerin zum Heiraten finden›.» In der Folge nahm Hausi alle Frauen unter die Lupe, die Ferdy ihm vorstellte. «Die erste hatte bereits zwei Kinder. Ich sagte: ‹Das geht nicht, Ferdy, suche weiter.› Dann kam er mit einer Wirtin. Die aber war Alkoholikerin, immer betrunken.»

Also schickte ihn Hausi zum Tanzen und gab ihm seine Olympiajacke von Sapporo mit. Hausi: «Ich instruierte ihn: ‹Wenn du gefragt wirst, was du bist, dann sag Gynäkologe. Dann fragen die Frauen nicht weiter.›» Als das auch nicht half, schickte Hausi seinen Sohn Jean-Claude mit, um Ferdy bei der Brautschau zu unterstützen. Der fuhr mit seinem Lamborghini vor die Discos und liess Ferdy dort aussteigen, um das weibliche Geschlecht zu beeindrucken. Wieder nichts! Endlich kam Ferdy jedoch mit der Erfolgsmeldung zurück, er habe in Lausanne die Krankenschwester Rolande (37) kennengelernt. Hausi sagte zu ihm: «Das ist eine wunderbare Frau: ledig, Schweizerin, keine Kinder. Erobere sie, Ferdy!» Der tat es, heiratete sie – und wurde bald Vater. «Und ich konnte Ferdy einstellen. Mittlerweile haben ihn alle meine Freunde akzeptiert, sie mögen ihn, ja, sie haben ihn richtig gern.»

Wenn «Papa» Hausi abwesend ist, dann ist Ferdy die gute Seele in Leuteneggers Häusern in Genf, Rolle und Crans-Montana. «Er hört die Flöhe husten», schwärmt Hausi. «Wenn jemand irgendwo herumirrt, ruft er gleich meine Sicherheitsfirma. Seit Ferdy bei mir ist, ist noch nie etwas passiert. Ihm entgeht einfach nichts.» Auch Sohn Jean-Claude schwärmt von Ferdy: «Er gehört zur Familie und ist eine richtige Perle.»