«Ohne ‹Turi› wäre ich kein Millionär»

Um ein Haar wäre der Multimillionär einst in die Fremdenlegion geflüchtet – wegen einer fast verpatzten Lehrabschlussprüfung. Dank eines Freundes kam es nicht so weit.

Diese Episode seines Lebens wird Hans «Hausi» Leutenegger (77) nie vergessen: Der junge Kranzturner aus Bichelsee TG hatte eben zwei Nationalturntage gewonnen und reiste am 1. September 1959 mit stolzgeschwellter Brust zur Lehrabschlussprüfung als Bauschlosser nach Frauenfeld. Die 18 Stifti-Kollegen schauten eifersüchtig auf den gut gebauten Thurgauer. Der war sich seiner Wirkung, auch auf die Mädchen, bewusst.

Dumm nur, dass dem Sporthelden bei der zweitägigen praktischen Prüfung das Meisterstück misslang. «Wir mussten unter anderem einen Schlüssel herstellen, mit Löten, Schweissen und allem, was zu diesem Beruf gehört. Ich kümmerte mich zuerst um den Schlüssel, die schwerste Arbeit.» Im Eifer des Gefechts vergass er das Teil in der Esse: Es wurde brüchig, was der Lehrer bemerkte.

Aber Hausi hatte Glück. «Am Morgen war mir in der Schule ein Fremder aufgefallen, den ich noch nie gesehen hatte», erinnert er sich. «Ich fragte ihn: ‹Was machst du denn hier mit uns?› Er stellte sich als Arthur ‹Turi› Eugster vor, wegen einer eingeschobenen RS müsse er die Lehrabschlussprüfung mit uns Jüngeren absolvieren.»

Hausi wies ihm Werkbank und Garderobenkasten neben sich zu. «Mir war klar: Falls ich Hilfe brauchen sollte, würde mich der Neue unterstützen.» Was Turi Eugster dann auch tat: «Ich fand Hausi auf Anhieb sympathisch. Er sagte: ‹Wenn ich die Prüfung nicht bestehe, gehe ich in die Fremdenlegion!›, und zeigte mir die 300 Franken, die er in der Tasche hatte.»

Hausi: «Ich hätte mich zu Hause in Bichelsee nie mehr zeigen dürfen, die Blamage wäre zu gross gewesen. Ich wusste, in Mulhouse kann man sich zur Fremdenlegion anmelden, hatte den Ort schon auskundschaftet.»

Es kam nicht so weit. In einer Nacht- und Nebelaktion schmiedete Turi seinem neuen Freund einen anderen Schlüssel. Der «Betrug» flog nicht auf, Hausi bestand die Prüfung. «Ich bin Turi ewig dankbar», sagt Hausi. «Ohne ihn hätte es weder einen Olympiasieger noch einen Millionär Hausi gegeben.» Bis heute kann Turi (78) auf seinen Freund zählen. Hausi: «Wenn er Hilfe braucht, bin ich für ihn da – Tag und Nacht.»