«Es ist wichtig, seine Anfänge nie zu vergessen»

Auf seinem Jubiläumsalbum singt der Soul-Star deutsch. Ein Risiko, doch der Stilwechsel kommt an – nicht nur hierzulande. Von der Musik abschalten kann er bei der Familie, die ihm Ruhe gibt.

Im Casino Wohlen hat Jan Dettwyler 2002 zum ersten Mal unter seinem Künstlernamen Seven ein Konzert gegeben – vor 20 Jahren. Und gedacht: «Jetzt habe ich es geschafft!» Dabei war das erst der Anfang seiner grossen Laufbahn!

Die GlücksPost führt den Musiker anlässlich seines Bühnenjubiläums zurück zu seinen Anfängen im Aargau. Denn gleich um die Ecke des Casinos ist er aufge­wachsen. Die Erinnerungen sprudeln nur so: «Schon lange vor 2002 habe ich im Casino gespielt, damals noch mit der Gruppe Natural Acapella, die ich und mein Bruder gegründet hatten.» Wenn etwas im Dorf stattfand, dann in diesem Saal. Er war und ist Dreh- und Angelpunkt des Wohler Kulturlebens. «Ich bin froh, dass ich in Wohlen als Mu­siker, aber auch als Organisator und Veranstalter laufen lernen konnte», schwärmt der 43-Jährige. «Das war nicht wie in einer Grossstadt wie Zürich, in der man um Aufmerksamkeit kämpfen muss.» Hier konnte er sich ausprobieren, Fehler machen, lernen. «Und ich bekam viel Unterstützung durch den Bekanntenkreis und die Lokalmedien.»

Bereits zum zehnten Jahrestag seiner Karriere spielte Seven in «seinem» Casino. Und auch auf der kommenden Tour wird er in Wohlen Halt machen. «Es ist wichtig, dass man seine Anfänge nicht vergisst und die Menschen, die einen damals unterstützten.» Dass er überhaupt Jubiläen feiern kann, hat Seven seinem älteren Bruder Micha (49) zu verdanken, der den Elfjährigen als Sänger in seine Band holte, die später zur Seven-Band wurde. Micha blieb als Schlagzeuger stets dabei. «Er ist ein sehr untypischer grosser Bruder», sinniert Seven. «Er hat mich immer mitgenommen. Dank ihm durfte ich so viel erleben. Er war mein Vorbild, und da er mich gefördert hat, gab mir das schon früh Selbstvertrauen, Sicherheit und Bestätigung.»

Sich selbst herauszufordern, ist Sevens Lebenseinstellung: «Ich habe kein Problem, wenn etwas nicht klappt. Aber ich habe ein Problem, es nicht versucht zu haben.» Ein ganz neues Kapitel öffnete 2016 seine Teilnahme an der deutschen TV-Show «Sing meinen Song», zu der ihn Gastgeber Xavier Naidoo (50) eingeladen hatte. In der Sendung interpretieren sieben Musikerinnen und Musiker gegenseitig Songs ihrer Kollegen. Weil Seven da deutsche Lieder singen musste, kam er auf den Geschmack: «Ich habe beim Komponieren sehr lange mit der Sprache gekämpft. Doch seit diese Box offen ist, sprudelt es nur so. Nach 20 Jahren im Musikbusiness bin ich wieder Newcomer – verrückt!» Zuvor habe er mehrmals versucht, im deutschen Markt Fuss zu fassen. Erst, nachdem die Musikshow am TV lief, sei sein Best-of-Album plötzlich überall in Deutschland gespielt worden.

Vorher gab es kein Ereignis, das ihn von heute auf morgen an die Spitze katapultiert hätte. «Natürlich wünscht man sich das. Doch retrospektiv gesehen ist es gut, dass es langsam und stetig verlief. So konnte ich ein stabiles Fundament bauen.» Er bezeichnet sich als «Chüechler» (Mischler): «Ich bin überall, wo etwas läuft. Es ist wichtig, es mit den Leuten gut zu haben, offen und ehrlich zu sein und zuzuhören.» So habe er ein grosses Netzwerk aufgebaut: «Wenn ich selber etwas nicht weiss oder kann, habe ich immer jemanden, der mir weiterhilft.»

Sevens Jubiläumsalbum «Ich bin mir sicher!», das am 4. 2. erscheint, ist sein erstes, rein in Deutsch gesungenes Werk – ab­gesehen von der EP «Brandneu» (2020). Der bisher englisch singende Soul- und R’n’B-Sänger hat sich neu entdeckt. Die Fans mögen den Stilbruch: Die meist­gehörten Seven-Songs auf den Streamingportalen sind alle deutschsprachig. So führt denn auch die Hälfte seiner am 5. 2. startenden Tour durch den «grossen Kanton». Zudem übernahm er die Rolle des Gastgebers der Schweizer Version von «Sing meinen Song» nun auch bei der dritten Staffel.

Lange habe ihn die Musik völlig ausgefüllt: «Ich habe von morgens bis abends an meinem Hobby gearbeitet. Daneben brauchte ich nicht viel.» Das änderte sich, als er 2005 Zahra (38) kennen­lernte. «Dank unserer Ehe bin ich weniger abhängig von der Musik, meiner ersten grossen Liebe. Mit Zahra kam eine neue grosse Liebe, die sich durch unsere beiden Söhne multipliziert hat.» Die Familie gebe ihm Sinn und Ruhe. «Und ein Gefühl der Sicherheit: Ich weiss, wo ich hingehöre.» Er integriert seine Liebsten in sein Musikerleben, nimmt sie wenn möglich mit an die Konzerte. Da auch Zahra gerne singt, sei ihr Haushalt stets voll Musik. Sein älterer Sohn spielt Schlagzeug und Gitarre. «Und der Kleine hat eine grosse Klappe, ist ein richtiger Alleinunterhalter. Er kommt nach mir!»