«Es ist nie zu spät, sein Leben umzustellen»

Über die Jahre hinweg machte sie sich als TV-Moderatorin ­einen Namen. Doch nun feiert die Wahl-Schweizerin auch als Autorin grosse Erfolge. Ein Thema begleitet sie dabei: der Weg zum gesunden Leben.

Von Remo Bernet

Mit den Worten «Alles wird gut» verabschiedete sich Nina Ruge (68) jahrelang vom Publikum, als sie Moderatorin beim ZDF-Magazin «Leute heute» war. Heute ergänzt sie «aber nicht von allein» – und unterstreicht damit, wie wichtig es ist, ganz bewusst auf die Gesund­heit zu achten. Die studierte Biologin hat sich dafür strenge Regeln gesetzt.

GlücksPost: Langlebigkeit ist Ihr ­grosses Thema. Wie alt fühlen Sie sich?

Nina Ruge: Ich würde sagen 45 – zumindest von der Leistungsfähigkeit, Konzentration und Energie her. Aber ich brauche inzwischen ein bisschen mehr Regenerationszeit als damals.

Sie sind 68 Jahre alt, könnten Ihren ­Ruhestand geniessen, aber Sie sind ­beruflich noch immer stark einge­bunden. Was treibt Sie an?

Ich bekomme Rente, aber ich könnte mir nicht vorstellen, in der Hängematte zu ­liegen und darüber nachzudenken, was es zum Mittagessen gibt. Dass ich bis heute so aktiv bin, liegt übrigens auch ein wenig in meinen Genen! Ich habe einen Gen-Test gemacht, der mir gezeigt hat, dass ich bestimmte Neurotransmitter, nämlich bestimmte Aktivitäts- und Wohlfühlstoffe, in recht grosser Menge im Gehirn habe, sodass ich mit grossem Vergnügen immer noch weiterarbeite, obwohl mein Körper eigentlich längst sagt, es wäre Zeit fürs Bett. Und meine Eltern haben mir das auch vorgelebt: Als mein Vater mit 67 Jahren als Uni-Professor in Pension gehen musste, war er stinksauer. Er hat sich dann sofort andere Herausforderungen gesucht, etwa Spanisch gelernt.

Ihr grosses Thema ist die sogenannte «Longevity», die Langlebigkeit. ­Woher kommt Ihre Begeisterung für dieses Thema?

Ich habe 30 Jahre lang täglich live moderiert, ernährte mich nicht konsequent gut und schlief wenig. Als ich 40 wurde, hat mein Arzt, der seiner Zeit voraus war, sehr umfangreiche Blutwerte genommen – und mir dann empfohlen, meinen Lebens­stil umzustellen: kein Fleisch, kein Zucker, keine hochverarbeiteten Lebensmittel – dafür jede Menge Gemüse, auch etwas Fisch, gutes Olivenöl. Dazu einige Nahrungsergänzungsmittel und noch regelmässiger Sport. Das habe ich umgesetzt und gemerkt, dass es mir schnell deutlich besser ging. Deshalb habe ich mit dem Arzt Dr. Erich Knobloch mein erstes Buch zu diesem Thema veröffent­licht: «Länger jung und gesund mit Nina Ruge!». Seither habe ich mich mit dem Thema Longevity beschäftigt – und immer mehr Experten in ­diesem Bereich hinzugezogen.

Nun erscheint mit «Ab morgen jünger» bereits Ihr fünftes Buch dazu.

Genau. Ich war vor sechs Jahren die Erste im deutschsprachigen Markt, die das Thema aufgegriffen hat, um es verständlich zu erklären, habe bereits vier Best­seller dazu geschrieben. Und das Interesse ist riesig. Für «Ab morgen jünger» habe ich 20 Experten befragt und die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse zusammengetragen. Schon bevor das Buch auf den Markt kam, war die erste Auflage vergriffen.

Setzen Sie das daraus Erlernte selbst ein, um Ihr Leben zu verlängern?

Grundsätzlich geht es gar nicht darum, das Leben zu verlängern und am Ende 120 Jahre alt zu werden, sondern bis zum Ende des Lebens möglichst fit und gesund zu bleiben. Denn: Gegen Ende eines Lebens leiden die Menschen in Deutschland und in der Schweiz im Schnitt elf Jahre an mehreren Alterskrankheiten gleichzeitig: Die Hälfte der über 70-Jährigen hat vier Alterskrankheiten. Das wollen wir verhindern!

Was machen Sie selbst zur Prävention?

Ich bin Vegetarierin und esse ­keine hochverarbeiteten Lebensmittel – wie Fruchtjoghurts, Fertigpizza oder Softgetränke. 80 Prozent von ­allem, was ich zu mir ­nehme, ist gemüsebasiert – sehr gerne auch fermentiert, sehr gerne bittere oder scharfe Gemüse, da deren Inhaltsstoffe nachweislich den Zellenschutz hochfahren. Sauerkraut, Kapern, Artischocken, Rucola zum Beispiel liebe ich.

Sie setzen auch auf Nahrungs­ergänzungsmittel.

Ja, ich nehme einige. Zudem mache ich seit mittlerweile 18 Jahren eine Hormonersatz-Therapie, die den Alterungsprozess deutlich verlangsamt. Und ich ­setze auf lebenslanges ­Impfen.

Und abgesehen von der Ernährung?

Ich jogge jeden Tag mindestens 30 Minuten mit meinem Hund – und baue immer wieder Sprints ein, weil es wichtig ist, das Herzkreislauf-System täglich ein-, zweimal richtig zu belasten. Ausserdem mache ich zweimal pro Woche zu Hause Krafttraining per Online-Kurs und dusche regelmässig sehr kalt. Ich habe mir vorgenommen, mich im Sommer auf das Eisbaden im See vorzubereiten. Ausserdem mache ich ­regelmässig Kurzmeditationen und ­Atemübungen.

Das hört sich nach viel Aufwand an.

Aufwand? Was mir guttut, macht mir Spass! Und umgekehrt! Ich habe das seit 20 Jahren fest in meinen Alltag eingebaut. Mein Ehemann isst manchmal gerne eine Kugel Vanilleeis mit Eierlikör zum Dessert. Ich nehme auch immer mal einen Löffel davon – aber ein Löffel reicht mir.

Ist diese gesunde Ernährung eine Frage des Geldes?

Nein, ich finde nicht. Wenn Sie kein Fleisch, keine Süssigkeiten, keine ­Softdrinks, keine Fertigprodukte kaufen, sparen Sie viel Geld, das Sie wiederum für Bio-Gemüse ausgeben können. Es gibt auch gute Tiefkühlprodukte, die ganz ohne Geschmacksverstärker auskommen und super schmecken. Gemüsecurry oder Gemüse-Wok mit Tofu und Sojasauce sind wunderbare Beispiele: Schmeckt und ist nicht teuer.

Oft hört man das Argument, im Alter sei es zu spät, noch mit etwas Neuem anzufangen. Wie stehen Sie zu solchen Aussagen?

Es ist nie zu spät, sein Leben umzustellen – auch nie zu früh!  Studien zeigen: Wenn jemand sehr ungesund gelebt hat, sind die Effekte nach der Umstellung besonders gross. Es ist wichtig, mit kleinen Schritten zu starten, aber möglichst konsequent.  Beispielsweise den Zucker im Kaffee weglassen oder fettige Wurstwaren nur noch einmal pro Woche zu essen. Die Ent­zündungs- und Blutfettwerte sowie die Diabetes-­Gefahr können schnell sinken.

Sie leben mittlerweile in der Nähe von Luzern. Warum ist die Schweiz der richtige Ort, um alt zu werden?

Die Schweiz gehört zu den Spitzenreitern, was die Lebenserwartung angeht. Mein Vater hatte jüdische Wurzeln, hat unter den Nazis die Zwangsarbeit im Lager überlebt. Nach dem Krieg war die Schweiz seine grosse Sehnsucht. Er konnte sich auch eine Wohnung in Graubünden kaufen. Es tat ihm gut zu spüren, dass die Schweizer von den extremen psychischen Traumata und Wunden der Weltkriege verschont geblieben waren, er verehrte die direkte Demokratie. Das tue ich auch! Und: Man lebt hier gesünder. Die ­Schweizer treiben jede Menge Sport, und man gibt mehr Geld für qualitativ gutes Essen aus. Hinzu kommt: Die medizinische Versorgung in der Schweiz ist einfach fantastisch!

 

 

Nina Ruges neuestes Buch «Ab morgen
­jünger!» ist im Handel ­erhältlich.