Sein Traum vom Bauernhof – und einem Duett mit Aurora

Zurück mit neuem Album! Im Interview verrät der Sänger, was sich in seinem Leben alles geändert hat und welches heimliche Talent seine älteste Tochter besitzt.

Unscheinbar in einem Innenhof eines ehemaligen Fabrikgeländes in Mailand ist der Eingang zur Welt von Eros Ramazzotti (51). Eine steile Treppe führt in den ersten Stock, neben einer Tür steht auf einem handgeschriebenen Schildchen «Klopfen». Ein Mann öffnet, stellt sich als Mitarbeiter von Eros vor. Und führt ins 500 Quadratmeter grosse, modern eingerichtete Büro des Sängers, zu dem ein Tonstudio gehört. Überall hängen und stehen seine vielen Preise und Auszeichnungen, hinter Glas sind seine 70 Gitarren ausgestellt. Wenig später kommt der italienische Superstar auf seiner Harley Davidson von der nicht weit entfernten Wohnung angebraust. Eros ist grösser, als man von Fotos und TV-Auftritten her annimmt, hat über zehn Kilo abgespeckt und wirkt trainiert. Er bittet charmant in sein Allerheiligstes, eine Art Kommandozentrale mit Blick ins Tonstudio.

GlücksPost: «Perfetto», Ihr 15. Studioalbum, ist eben auf den Markt gekommen. Was ist anders als zuvor?
Eros Ramazzotti: Ich habe die Produktion vom ersten bis zum letzten Detail höchstpersönlich überwacht. Bis vor acht Jahren haben wir alles hier in meinem Studio gemacht. Aber die Technik ist in unserem Metier so weit fortgeschritten, dass wir einen Grossteil der Songs in Amerika verfeinert haben. Das gab sehr viel zu tun. Früher habe ich nur komponiert und gesungen und den grössten Teil der Arbeit anderen überlassen. Heute nicht mehr.

Eine Frage der Reife?
Ich habe meine Fehler gemacht. Ich kam aus einfachen Verhältnissen, wurde plötzlich zum Star und war überall gefragt, bin herumgereist, alles war vom Feinsten. Ich war jung, habe das genossen – und mein Geld mit beiden Händen ausgegeben.

Es hiess, Sie hätten mal in Gstaad an einem Wochenende locker 40000 Franken unter die Leute gebracht.
Ja, und nicht nur das. Ich habe mir eine Megavilla nahe des Comersees gekauft, Superautos und Motorräder zugelegt, Ferien auf den Malediven verbracht. Wie viel Geld ich besass, wusste ich nicht. Das Finanzielle regelten andere. Für mich war das Konto eine endlose Geldquelle. 

Und jetzt ist das anders?
Total. Ich habe das Haus verkauft, habe einen perfekten Überblick über alle meine Aktivitäten, mein Bankkonto, meine Tourneen, meine Produktionen, ich bin da extrem genau geworden. Und was Ferien angeht, müssen es nicht immer die Malediven sein, es gibt auch in Italien sehr schöne Strände.

Bald startet Ihre Europatournee, die Sie am 5.10. ins Zürcher Hallenstadion führt. Wie bereiten Sie sich vor?
Das ist Knochenarbeit. Viele denken, man reist durch die Welt, steigt auf die Bühne, singt seine Liedchen und amüsiert sich. Das ist absolut nicht so. Die Technik fordert einem immer mehr ab, man ist von so vielen Details abhängig. Ganz abgesehen davon, dass das Publikum je nach Land zumindest zu Beginn ganz anders reagiert. In nordischen Ländern und auch in Japan dauert es ein bisschen länger als in Italien oder Spanien, bis die Fans in Fahrt kommen.

Vor Jahren sagte mir der einst berühmte Tenor Mario del Monaco, dass er drei Tage vor einem Konzert keine Liebe mache und Andrea Bocelli hat mir verraten, dass er den ganzen Tag über vor einem Konzert nicht spreche. Wie ist das bei Ihnen?
(Er lacht) Der grosse del Monaco hat da wohl übertrieben, und Bocelli muss der Schweigetag schon sehr viel Überwindung kosten. Ich war mal bei ihm, und er redet ununterbrochen! Nein, so extrem läuft das bei mir nicht ab. Mein Geheimnis ist Schlaf. Viel schlafen, nur so bin ich fit. Vor einem Konzert esse ich zuletzt um 18 Uhr, meist einen Teller Pasta.  Aber als echter Römer bin ich abergläubisch, da habe ich so meine Ticks. Zum Beispiel darf mir niemand beim Essen direkt das Salz reichen, das bringt Unglück. Man muss es auf den Tisch stellen. Und wehe dem, der seinen Hut oder seine Mütze auf mein Bett legt: Das ist ganz schlecht.

Keine Bars nach den Konzerten?
Nein, da geht es ab ins Bett, denn am nächsten Tag müssen wir ja weiter auf der Tournee. Früher habe ich mich einsam gefühlt im Hotelzimmer, darunter habe ich gelitten. Das passiert mir heute nicht mehr: Ich habe meine Familie im Hinterkopf, brauche nur anzurufen. Heute versuche ich auch keinen zu dichten Tourneeplan mehr zu machen. Manchmal kommt meine Frau mit, aber mit zwei Kindern ist das schwierig, also fahre ich dazwischen immer wieder nach Hause.

Der Albumtitel ist «Perfetto». Wie perfekt sind Sie privat?
Ich versuche, perfekt zu sein, ganz besonders als Vater. Ich habe immer von einer kinderreichen Familie -geträumt und tue alles, um stets für meine Kinder da zu sein. Sie sollen wissen, dass sie alles mit mir besprechen können. Ich führe ein glückliches und erfülltes Leben, ohne Exzesse, wie ein ganz normaler Mensch.

Den einen oder anderen Traum wird es aber schon noch geben, den Sie sich erfüllen möchten?
Wie ich schon sagte, gehe ich überlegt mit meinen Finanzen um. Denn auch in der Musikwelt haben sich die Zeiten geändert. Aber ich habe mir dieses Studio gekauft, habe sieben Angestellte, meine Wohnung, meine Familie – das alles kostet. Wovon ich aber träume, ist ein Bauernhof mit Tieren und einem Gemüsegarten sowie ein Haus am Meer irgendwo in Italien zu besitzen.

Ihre älteste Tochter Aurora ist kürzlich 18 geworden. Wie ist es für Sie, wenn Sie sie auf Kussfotos mit ihrem Freund in Zeitungen sehen?
(Eros ist einen Moment still, sein PR-Mann wirft ein, dass man zurück auf die CD zu sprechen kommen soll. Der Sänger atmet tief durch.)Solche Fotos kommentiere ich nicht. Ich liebe meine Tochter über alles. Aber ich verstehe, dass es schwieriger ist, heranzuwachsen, wenn die Eltern getrennt sind. Ich sage das aus eigener Erfahrung. Michelle und ich haben immer alles gemacht, dass sie darunter nicht zu leiden hatte. Ich habe mir eine Wohnung 200 Meter entfernt von Michelle genommen, ich war immer für Aurora da.

Und jetzt zieht sie weg.
Ja, jetzt ist sie erwachsen, will in London studieren. Sie hätte meines Erachtens gute Chancen, in der Musikwelt Karriere zu machen, weil sie eine sehr schöne Stimme hat. Ihr Studium ist ihre freie Entscheidung, das muss ich respektieren. Aber vielleicht werden wir trotzdem irgendwann mal ein Duett miteinander aufnehmen!