Er singt sich durchs Land

Mit «Jetz singe mer eis» will der Musiker Gross und Klein Schweizer Volkslieder wieder näherbringen. Im November veröffentlicht er zudem ein neues Album – bevor sich der zweifache Vater mit seiner Familie eine langersehnte Auszeit gönnt.

Von Irene Lustenberger

Sie wurden jahrzehntelang in der Familie oder in der Schule gesungen, geraten aber immer mehr in Vergessenheit: Schweizer Volkslieder wie «Vo Lozärn gäge Weggis zue», «S isch mer alles eis Ding», «Le vieux chalet» oder «Aprite le porte». Auch am 60. Geburtstag, zu dem der Luzerner Musiker Marco Kunz (38) eingeladen war, wurde gesungen. «Die Melodien hatte ich im Ohr, viele der Liedtexte aber nicht mehr im Kopf», erinnert er sich. Dies beschäftigte ihn, und als er im Internet nicht viel dazu fand, reifte die Idee eines Volksliederarchivs. Zusammen mit drei Weggefährten rief er die Aktion «Jetz singe mer eis» ins Leben, die zum Ziel hat, die Lieder wieder unter die Leute zu bringen.

Innerhalb von zwei Jahren haben rund zwei Dutzend Schweizer Musikerinnen und Musiker wie die Walliserin Sina, die Baslerin Tanja Dankner, der Tessiner Sebalter, die Bündnerin Ursina Giger oder die Freiburger Geschwister Natascha und Maruschka Monney traditionelle Schweizer Volkslieder neu eingespielt und eingesungen. Bis heute ist eine Sammlung von 80 Liedern aus allen Landesteilen entstanden. 40 davon wurden auf zwei Alben inklusive Singbücher und Mitsing-Playbacks veröffentlicht. Die 40 weiteren Lieder folgen später, das Archiv soll stetig erweitert werden.

Um die Leute zum Singen zu bringen, tourt «Jetz singe mer eis» noch bis Ende Oktober durch die Schweiz. In jeder Ortschaft ist ein Gast aus der jeweiligen Region mit dabei. «Es soll eine lockere Atmosphäre sein, wie bei einem offenen Singen», sagt Kunz. Der Liedtext werde auf einer Leinwand eingeblendet, sodass das Publikum auch bei unbekannteren Liedern mitsingen kann. Wie der Musiker betont, seien auch Leute willkommen, die «nur» zuhören möchten.

Auf den Aufnahmen singt auch Kunz’ Frau Jenny (32) mit. «Sie stammt aus dem Kanton Aargau, und weil ich jemanden mit diesem Dialekt suchte, habe ich sie gefragt», erzählt er. Kennengelernt hat er Jenny, als er einen Chor lei-tete, in dem sie mitwirkte. Mittlerweile sind die beiden seit fünf Jahren verheiratet und Eltern zweier Kinder (Emil, 3, und Helena, bald 2). Nach ein paar Jahren in Zürich, wohnt die Familie wieder in Luzern. Marco und Jenny Kunz haben sich die Familienarbeit zu je 50 Prozent aufgeteilt. «Dadurch habe ich zwar weniger Zeit für die Musik, aber mir ist wichtig, meine Kinder aufwachsen zu sehen.»