Drang nach Freiheit – und Geborgenheit

In der Titelrolle der TV-Serie «Sisi», die jetzt mit neuen Folgen startet, wurde sie bekannt. So eingeengt und reglementiert wie die Kaiserin leben zu müssen: Das wäre für die Luzernerin selbst gar nichts.

Es gab eine Zeit im Leben von Dominique Devenport, da fühlte sie sich ansatzweise wie Kaiserin Sisi. Denn wie die legendäre Monarchin, die in den Strukturen des österreichischen Hofs gefangen war, hatte die heute 26-Jährige mit grossen Widerständen zu kämpfen. «Meine komplette Schulzeit war ein Widerstand. Ich habe es gehasst, den ganzen Tag im Schulzimmer zu sitzen und mich an irgendwelche Abgabetermine für Hausaufgaben zu halten. Das hat mich alles gelangweilt.»

Zum Glück entdeckte die gebürtige Luzernerin damals das Schultheater für sich. Und durch den langen und steinigen Weg bis zur Matura schätzte sie danach umso mehr, was kam – die Zeit an der Schauspielschule, den Einstieg in den Beruf. «Mir ist bewusst, was für ein enormes Glück ich habe, meinen Traumjob ausüben zu dürfen», sagt Dominique Devenport, die mit der Titelheldin in der RTL-Serie «Sisi», die nun in die zweite Staffel geht, ihre erste grosse Rolle ergatterte.

In der Realität wäre die reglementierte Welt Sisis nicht ihr Fall: «Ich bin sehr froh, nicht in der Hofburg leben zu müssen. Ein Leben durchgetaktet von Regeln und Etikette würde mir nicht gefallen. Ich kann Sisi in dem Punkt gut verstehen.» So ist es auch verständlich, dass Traditionen in ihrem Leben «keine grosse Rolle» spielen. «Als Kind war das anders, da hatten diese Bedeutung: Ostereier verstecken an Ostern oder jedes Jahr dasselbe Weihnachtsessen. Inzwischen lege ich da keinen Wert mehr drauf. Ich habe nur vereinzelte kleine Gewohnheiten: denselben Geburtstagskuchen jedes Jahr von meiner Mama und der Kaffee am Bahnhof in Luzern, bevor ich in den Zug steige.»

Ihre persönliche Abneigung gegen starre Regeln und Gepflogenheiten hat auch mit ihrem Freiheitsbedürfnis zu tun. «Traditionen verhindern meiner Meinung nach oft die Freiheit, weil man ohne nachzudenken immer dasselbe tut, aber sehr unflexibel bleibt für Neues, was vielleicht genauso schön sein könnte.» Freiheit sei ein grosses Wort und schwer zu definieren. «Aber ich fühle mich frei, wenn ich mich ungebunden fühle. Nach einem Projekt geht es
ungewiss weiter, man sucht nach einem neuen Job, eventuell in einer neuen Stadt. Oder man geht auf Reisen. Oder, oder, oder. Je freier ich in der Gestaltung
meines Lebens bin, desto besser fühle ich mich.»

Gleichzeitig braucht sie aber auch Bodenhaftung, die sie bei Freunden und Familie findet. «Das ist das Allerwichtigste: Menschen zu haben, bei denen man sich wohl und zugehörig fühlt. Das gibt Sicherheit und bringt einen nach einem aufwendigen Dreh zurück in den Alltag. Obwohl ich oft unterwegs bin, ist
es mir wichtig, Orte zu haben, an denen ich mich zu Hause fühle.»

Den Trubel grosser Städte sucht sie auf ihren Reisen nicht. «Da bin ich schnell überfordert von den vielen Möglichkeiten.» So passt es, dass sie nach ihrer Schauspielausbildung an der Otto-Falckenberg-Schule in München 2021 ins norddeutsche Rostock mit 208 000 Einwohnern wechselte, wo sie
ein Engagement am Volkstheater erhielt. Auch wenn sie derzeit wegen ihrer vielen Drehs nicht auf der Bühne steht, ist sie gerne dort geblieben: «Ich wurde mit offenen Armen empfangen, sowohl am Theater als auch in privater Hinsicht, ich habe viele wunderbare Freunde gefunden. Ich geniesse es, in einer kleineren Stadt zu sein, in der alles zu Fuss erreichbar ist. Das hat eine beruhigende Wirkung auf mich. Egal, wo man hingeht, man trifft unterwegs meistens Leute, die man kennt.»

Dominique Devenport, die aktuell die historische Drama-Serie «Davos» in Deutschland und der Schweiz dreht, ist freilich keine Schauspielerin, die einfach nur ihre Rollen ausfüllt. Sie macht sich auch über die grossen Zusammenhänge Gedanken. Und sie wirkt da auch pragmatischillusionsloser als ihre Kaiserin Sisi, die sich in der neuen Staffel um so hehre Ziele wie den Frieden in Europa bemühte. «Was ist Frieden?», sinniert Devenport. Sie sucht nach einer Antwort: «Ich glaube, dass sich für sogenannten ‹Weltfrieden› unsere Gesellschaft und die Systeme, die wir kennen, grundsätzlich ändern müssen. Und wir wissen alle, wie schwer sich der Mensch mit Veränderung tut.»