Dramatischer Hilferuf aus dem Spital

Er war einst der erfolgreichste Schweizer Sänger und gefeierter Jodelkönig. Mit Auftritten in Deutschland, Amerika und Japan. Letzte Woche wurde der verschollene Star 80. Den Geburtstag verbrachte er nach Hirninfarkten einsam und verzweifelt im Spital. Dabei wollte er nur nach Hause!

«Min Name isch Peter Hinnen. Ich bruche Hilf. Bitte, helfed Sie mir. Min Name isch Peter Hinnen. Das isch mini Handynummere. Bitte, Hilfe, bitte!!!» Diesen verzweifelten Notruf hörte GlücksPost-Mitar­beiter H. Elias Fröhlich letzten Samstagabend auf seiner Combox. ­Dabei wollte die GlücksPost mit dem lange verschollenen Musiker eigentlich eine schöne Geburtstags-Geschichte schreiben. Aber alles von Anfang an: Peter Hinnen aufzuspüren, glich wahrer Detektivarbeit. Frühere Weg­gefährten – Produzenten, Plattenbosse, Kollegen – hatten länger nichts mehr von ihm gehört. Keiner wusste etwas. Peter Hinnen schien wie vom Erdboden verschluckt. Über einen Münchner Fotografen, mit dem er früher ­zusammenarbeitete, gelangte die GlücksPost zu Hinnens Handynummer. Natürlich nahm er nicht sofort ab, und eine Anfrage per SMS liess er unbeantwortet. Und dann dieser plötzliche und verzweifelte Hilferuf! Hinnen war in der geschlossenen Abteilung eines Spitals im Berner Oberland. Dies nach zwei Hirninfarkten.Noch am Sonntag, frühmorgens fuhr H. Elias Fröhlich zu ihm an den Brienzersee. Beim ersten Aufeinandertreffen übermannte es den Star einer ganzen Generation. Peter Hinnen weinte hemmungslos, es schüttelte ihn richtig durch: «Danke, dass du gekommen bist. Danke vielmals. Bitte, bitte, hol mich hier raus», bat er und erzählte: «Ich hatte zwei Hirninfarkte, im Volksmund sagt man Schlägli. Meine Nachbarin rief die Ambulanz. Man brachte mich erst in das Spital in Thun.» Darauf folgte eine Odyssee durch mehrere Spitäler. Schliesslich landete er in der geschlossenen Abteilung eines andern Spitals im Berner Oberland. «Ich werde hier festgehalten und möchte wissen, weshalb ich ‹inhaftiert› bin. Ja, so fühle ich mich. Das geht schon über zehn Tage so. Ich hatte doch nur zwei Schlägli, habe weder randaliert, noch sonst etwas getan, was diese Massnahme gerechtfertigt hätte.» Er habe immer wieder neue Medikamente bekommen. Genützt hätten sie wenig. Aber heute habe er zum ersten Mal seit seiner Einlieferung auch etwas Positives erlebt. «Eine Frau kam in mein Zimmer für eine Pediküre. Eine schöne Überraschung.» Dann wird Peter Hinnen wieder sehr ernst. «Mir geht es nach wie vor nicht gut. Vor allem mit meinem Kopf ist es schwierig. Mir ist oft schwindlig, die Augen machen mir immer mehr Probleme. Deshalb kann ich weder fernsehen noch lesen.»Peter Hinnen ist verzweifelt, empört und redet sich in Rage: «Ich gehöre wirklich nicht hierher. Ich betrachte es als rechts­widrig, dass sie mich hier fest­halten. Sie zerstören auch mein ganzes Umfeld. Meine sozialen Bindungen zur Welt draussen sind weg. Ich bin hier völlig handlungsunfähig, kann nicht mal meine Einzahlungen erledigen.» Bis heute habe er zudem keine eigene Wäsche dabei. «Ich trage Kleider des Spitals. Sie boten mir zwar an, zu mir nach Hause zu fahren und Wäsche zu holen. Aber nichts passierte. Ich bin quasi seit Wochen fremdbestimmt und trage wildfremde Wäsche. Klar, Hauptsache, sie ist sauber. Aber für mich ist auch das sehr demütigend.»Die GlücksPost fragt bei den ­behandelnden Ärzten nach. «Wir können Ihnen über den Gesundheitszustand von Herrn Hinnen leider keine Auskunft geben, wir sind an das ärztliche Geheimnis gebunden», heisst es. Als Peter Hinnen eine Vollmacht unterschreiben will, dass die GlücksPost alles über seinen Gesundheitszustand wissen darf, geht es plötzlich schnell. Er darf nach der Unterzeichnung eines Papiers, in welchem steht, dass er das Spital in eigener Verantwortung verlässt, anderntags nach Hause. Peter Hinnen ist sich der grossen He­rausforderungen bewusst, die jetzt auf ihn zukommen werden. Er weiss, worauf es in den nächsten Wochen ankommt. «Ich muss jetzt erst einmal zu mir selber finden und mich vor allem erholen. Das Allerwichtigste ist ein Platz in einer Reha.»Vorerst ruht er sich in seiner gemütlichen Wohnung aus. Sie liegt im Grünen in einer idyllischen Landschaft ausserhalb eines schmucken Dorfes im Berner Oberland. Bei unserem Besuch drei Tage nach seiner Entlassung aus der Klinik wirkt er müde und kraftlos. «In meinem Kopf pulsiert es, ich halte es vor Schmerzen kaum aus», stöhnt er und hält sich den Kopf mit beiden Händen. «Ich schaffe es einfach noch nicht, mich so richtig zu entspannen. Immer wieder gehen mir die Bilder durch den Kopf, was ich in den letzten Wochen so alles durchmachen musste.»

Peter Hinnen kann sich kaum aufrecht halten, muss sich immer wieder hinlegen. Aber da ist noch seine langjährige Lebensbegleiterin, die sich rührend um ihn kümmert. Früher hat sie in seiner Band gesungen und gejodelt. Heute ist sie sein Schutzengel. Die beiden sind jahrelang zusammen durch die Welt getingelt, erlebten die verrücktesten Sachen. «Ich höre in meiner Wohnung unten ­jeden seiner Schritte. Sollte Peter mal in der Nacht hinfallen, ich würde es hören und könnte ihm helfen», sagt sie. Ihren Namen möchte sie nicht in der Zeitschrift lesen.

Peter Hinnen weiss, dass er viel Glück braucht, um wieder ganz gesund zu werden. «Ich hoffe, dass ich dann weiter zu Hause wohnen darf. Ich würde auch in ein Altersheim gehen, wenn es anders nicht möglich wäre. Die Hauptsache ist doch, zu leben und wieder gesund zu werden.»

Hinnen in seiner eigenen Wohnung. Er kann sich kaum aufrecht halten.

Die Welt-Karriere von Peter Hinnen

Bereits mit elf Jahren war er mit dem Hit «Ro-Ro-Ro-Ro-Robinson» ein ­gefeierter Kinderstar. Als Sänger trat er in den 50er-­Jahren in deutschen Schlagerfilmen auf. Im Zürcher Folklore-Lokal Kindli wurde er von einem US-Talkshow-Pionier entdeckt und in die USA geholt. Dort feierte er umjubelte Auftritte als virtuoser Jodler, unter anderem mit Weltstars wie Judy Garland. Als «Swiss Cowboy» eroberte er auch Japan und Indonesien. Nur in der Schweiz war sein Stil den Puristen ein Dorn im Auge; er wurde sogar als «Jodelschänder» gebrandmarkt. 1992 schaffte er mit einem Jodel-Weltrekord den Eintrag ins «Guinness Buch der Rekorde». Mit den Gassenhauern «7000 Rinder» und «Auf meiner Ranch, da bin ich König» eroberte er in den deutschsprachigen Ländern die Hitparaden, wurde mit den damaligen Superstars Peter Alexander und Caterina Valente in einem Atemzug genannt. Er war ein enger Freund von Stars wie Roy Black und Rex Gildo. Mit seinem von ihm geschriebenen «Ku-Ku-­Jodel» feierte Melanie Oesch 2008 einen grossen Hit. «Leider sind alle meine früheren Freunde gestorben», sagt Hinnen. «Deshalb habe ich mich von allem zurückgezogen.» Sein älterer Bruder ist 86, die Schwester 84. Der Kontakt zu ihnen sei gut. Der gebürtige Zürcher Peter Hinnen lebt seit vielen Jahren in einem alten Haus in der Region Uetendorf BE. Seine einstige Sängerin wohnt unter ihm und passt auf ihn auf.