Fredy Knie jr.
Die schlimmste Saison seit jeher
Das Zelt des Circus Knie bleibt vorerst leer – was für die Familie sowohl seelisch als auch finanziell schmerzhaft ist. Dennoch demonstriert der Patron Zuversicht.
Der Geruch von Sägemehl in der Luft, die schönsten Pferde-Nummern, hochkarätige Artistik: Ein Besuch des Circus Knie ist für viele Schweizerinnen und Schweizer zur lieb gewonnenen Tradition geworden. Doch dieses Jahr ist wegen der Corona-Restriktionen alles anders: Die 200-köpfige Zirkus-Crew sitzt im Winterquartier in Rapperswil SG fest, statt auf Tournee ihre Magie zu versprühen. «Sch…», gehe es ihm beim Gedanken daran, gibt Fredy Knie jr. (73) im «Tages-Anzeiger» unumwunden zu.
Von März bis November läuft die Tour normalerweise – über 300 Vorstellungen, bei denen jeweils bis zu 2000 Gäste die Kasse klingeln lassen. Dieses Jahr klingelt bis Ende Juni gar nichts. Buchhalterische Fähigkeiten sind nicht nötig, um zu ermessen, mit welcher Wucht der Corona-Schlag den Zirkus getroffen hat. «Wir hatten letztes Jahr, zum 100-jährigen Jubiläum, die beste Saison unserer Geschichte. Heuer wird es die schlechteste. Dieses Loch kann man nicht stopfen», sagt der Zirkuspatron. Immerhin seien genug Reserven da, um die Löhne bezahlen zu können. Zudem hätten sie Kurzarbeit beantragt. «Bei den Artisten ist aber noch nicht klar, ob das akzeptiert wird.» Dennoch müsse man nun nach vorne schauen. «Ich bin trotz allem zuversichtlich.»
Für die vom Bundesrat erlassenen Massnahmen hat Knie Verständnis. Schmerzhaft ist es trotzdem – auch auf der persönlichen Ebene. «Wenn wir Normalität haben, kommen alle meine Familienmitglieder zu mir zum Essen», erzählt er. «Das fällt jetzt weg, aber da muss man einfach vernünftig sein. Selbst meine Grosskinder sagen: ‹Nonno, ich vermisse dein Essen.› Aber sie kommen nicht.» Enkel Ivan (18), Sohn von Tochter Géraldine (47), verbiete ihm gar, unter Leute zu gehen, da er zur Risikogruppe gehört. Wenn er rausgeht, trägt er eine Maske. Und auch in der Wohnwagensiedlung werden die Vorgaben eingehalten.
Falls wie geplant ab Juli Veranstaltungen bis 1000 Personen wieder erlaubt sind, soll es dann im halb besetzten Zelt wieder losgehen. Rentiert das denn? «Wir kämen damit über die Runden», sagt Fredy Knie jr. im «Tages-Anzeiger». «Aber unter 800 wird es prekär.» Daran, dass Zuschauerinnen und Zuschauer kommen würden, zweifelt er nicht. «Man muss auch einmal raus, andere Leute treffen, etwas erleben.» Ausnahmsweise wollen sie bis in den Dezember hinein spielen. «Ich glaube, es ist wichtig für die Moral, dass wir zeigen: Wir sind noch da.»