Til Schweiger
«Die Neugier aufs Leben verdanke ich meinen Kindern»
Seit 30 Jahren dauert seine Karriere schon an – nicht nur mit Erfolgen. Was sowieso am meisten für ihn zählt, sind seine Töchter und sein Sohn, mit denen er eng verbunden ist.
Immer fleissig: Kürzlich hat Til Schweiger (55) die Fortsetzung von «Klassentreffen 1.0» abgedreht, war für «Die Hochzeit» (ab 23. 1. im Kino) als Schauspieler und Regisseur im Einsatz. «Nur» vor der Kamera stand er eben für die Tragikomödie «Gott, du kannst ein Arsch sein» mit Heike Makatsch und dem Schweizer Max Hubacher. Und zwischendurch gab er der Internet-Plattform «Meet Your Master» Einblicke in sein Berufsleben, gibt dort Tipps und erzählt von seinen Erfahrungen.
GlücksPost: Das Motto von «Meet Your Master» lautet: «Lerne von den Besten». Wer waren Ihre wichtigsten Lehrer?
Til Schweiger: Mein Vater, in meinem Beruf als Schauspieler Heiner Lauterbach, als Produzent Bernd Eichinger. Und ansonsten meine Kinder.
Was haben Sie jeweils gelernt?
Von meinem Vater Grosszügigkeit, Gerechtigkeitssinn, und ganz wichtig: Beflissenheit. Wenn man etwas macht, dann richtig. Heiner Lauterbach hat mir als jungem Schauspieler beigebracht, wie man vor jeder Einstellung seinen Puls beruhigt. Von Bernd Eichinger habe ich gelernt, dass ich als Produzent nur einen Instinkt für die richtigen Stoffe brauche, dann soll ich einfach ins kalte Wasser springen. Meine Kinder wiederum lehren mich die Neugier aufs Leben und eine neue Sicht der Dinge.
Welche Erkenntnisse waren es genau, die Ihnen Ihre Kinder vermittelt haben?
Es gibt tausend Beispiele. Ohne sie würde ich die heutige Jugendsprache nicht mehr durchschauen, habe dank ihnen den Umgang mit iPhone und Social Media gelernt. Ich möchte auf jeden Fall neugierig bleiben.
Es heisst ja auch, dass man aus Niederlagen mehr lernt denn aus Erfolgen.
Generell würde ich dem zustimmen. Erfolg kann dich sehr schnell selbstzufrieden machen. Wie heisst es im Boxerfilm «Rocky»: «Niedergeschlagen werden ist okay, aber es geht ums Aufstehen. Wenn du aufstehst, bist du ein Champ, wenn nicht, dann nicht.»
Welche Niederlagen haben Sie wegstecken müssen?
Es gab zwei grosse Niederlagen: Meine erste internationale Produktion «One Way», meiner Meinung nach ein toller Film, wurde von der Kritik vernichtet. Damit habe ich wahnsinnig viel Geld verloren. Das Schlimmste war dann der Flop von «Head Full of Honey», das englischsprachige Remake von «Honig im Kopf».
Würden Sie nach dieser Erfahrung heute etwas anders machen?
Nein. Ich habe einen Film gemacht, der besser als das Original ist. Aber er wurde von Mächten gekillt, gegen die ich nichts ausrichten konnte, in diesem Fall einem amerikanischen Studio. Ich habe jedenfalls gelernt, dass es mich nicht umbringt.
Woher nehmen Sie die Stärke, mit so etwas umzugehen?
Ich war schon immer so. Aber ich habe auch keine andere Wahl. Wenn du das nicht machst, dann versinkst du in deinem Selbstmitleid. So sage ich mir: «Du hast ein Dach über dem Kopf, du lebst in Frieden und Sicherheit, und wenn dir dein Job nicht gefällt, dann kannst du dir einen neuen suchen. Guck lieber, wie es den Menschen ein paar hundert Kilometer weiter geht, und höre auf zu jammern.»
Oft genug haben Sie auch Gegenwind zu spüren bekommen.
Wenn ich auf all meine Kritiker gehört hätte, hätte ich vor 20 Jahren schon aufhören müssen. Die haben mich nicht härter gemacht, ich habe einfach gesagt: «Was wollt ihr, ihr Penner?»
Sie scheuen sich nicht, offen Farbe zu bekennen …
Wenn du eine ruhige Kugel schieben willst, dann musst du die Schnauze halten. Sobald du in Deutschland eine Meinung hast, wirst du glattgebügelt. Deshalb sagt ja in der Öffentlichkeit kaum noch jemand etwas von Substanz, ob Sportler oder Politiker. Aber ich vertrete meine Meinung. Nicht weil ich ein Rebell sein will, sondern weil ich so bin. Deswegen bin ich bereit für den Gegenwind. Und ich nehme diese Reaktionen auch wahr. Im Lauf der Jahre wurde ich von allen Seiten attackiert. Als ich in meinem Film «Schutzengel» die Leistung der Bundeswehr in Afghanistan gewürdigt habe, haben Linke einen Anschlag auf mein Haus verübt, und für meine Ansichten zur Flüchtlingspolitik wurde ich von Neo-Nazis angegriffen.
Aber ungeachtet dessen sind Sie einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Künstler. Was macht aus Ihrer Sicht Erfolg aus?
Das ist eine Definitionsfrage. Ich habe zwar eine gescheiterte Ehe, aber ich habe vier Kinder, die mich lieben und die ich abgöttisch liebe und zu denen ich ein sehr offenes, direktes Verhältnis habe. Ich war auch nie ein autoritärer Vater. Und ich habe viele enge Freunde. Wobei ich auch einige verloren habe, von denen ich dachte, sie wären Freunde. Aber wenn du begreifst, dass dein Freund keiner ist, sagst du dir: «Besser ich merke es jetzt als in 20 Jahren.» Ich bin jedenfalls happy. Ich würde nichts anders machen.