«Die Musik ist unser aller Lebenselixier»

Voller Demut und Dankbarkeit! Die Volksmusik-Stars können ihre Erfolgsgeschichte mit dem 25-jährigen Jubiläum krönen: Melanie Oesch und Vater Hansueli blicken zurück – und machen sich Gedanken über die Zukunft.

Sie sind echt und bodenständig: Das spürt ihre grosse Fangemeinde bei jedem Auftritt, das merkt man bei persönlichen Begegnungen. Oesch’s die Dritten – das sind Hansueli (64), Annemarie (59), Mike (33), Kevin (31) und Frontfrau Melanie (34). Auch wenn Akkordeonist Urs Meier (41) bei unserem Termin nicht dabei ist, gehört er natürlich mit dazu. Auf Wunsch von Oesch’s treffen wir uns im bernischen Innereriz.

GlücksPost: Welchen Bezug haben Sie zu diesem Ort?

Melanie Oesch: In unserer Kindheit und Jugendzeit haben wir hier vor allem im Winter viele Stunden verbracht. Wir haben hier Ski fahren gelernt, meine Mum unterrichtete als Kinderskilehrerin. Es ist aber auch herrlich zum Wandern. Das Eriz ist für mich immer wieder ein Kraftort.

Energie benötigen Sie auch für die kommenden zahlreichen Live-Auftritte. Der Startschuss zum Jubiläum unter dem Motto «Es Fescht» fiel an Ihrem ersten eigenen «Hot Shot Festival». Und, sind Sie damit zufrieden?

Melanie: Ich war emotional überwältigt, auch demütig. Ich gehe davon aus, dass unsere Musik nicht jedermanns Geschmack ist, trotzdem kamen so viele Leute aus unserer Wohngemeinde an unser Fest.

Hansueli: Das ganze Dorf war zu unseren Ehren beflaggt. Was für eine Wertschätzung! Und als wir mit dem Aufbau begannen, waren  viele Einheimische da, die ihre Hilfe anboten. Zu spüren, dass ein ganzes Dorf hinter uns steht, das berührt mich noch immer tief.

Die Bevölkerung war aber nicht immer Fan von Oesch’s die Dritten?

Melanie: Als wir 2007 mit dem «Ku-Ku-Jodel» den «Stadlstern» gewannen und es danach so richtig losging, gab es natürlich auch skeptische Stimmen. Manche meinten, dass nach der Euphorie in zwei Jahren alles vorbei sei, andere glaubten, dass uns der Erfolg irgendwann zu Kopf steigen würde. Es hat alles seine Zeit gebraucht, und jetzt hat sich ein Kreis geschlossen: Wir sind immer noch die Familie aus Schwarzenegg und hier zu Hause.

Die Zeitrechnung für Oesch’s die Dritten beginnt 1997 beim ersten TV-Auftritt anlässlich der «Stubete» für Tele Bärn. Erinnern Sie sich noch daran?

Melanie: Es war am 14. Dezember, meinem 10. Geburtstag. Ich habe noch ganz klare Bilder vor mir. Wir gaben den bekannten Titel «Dr Köbu, dr Chrigu u dr Sepp» zuerst traditionell und dann in einer von Vätu arrangierten Rap-Version zum Besten.

Was haben die vergangenen 25 Jahre mit Ihnen gemacht?

Hansueli: Ich habe so viel Schönes erleben dürfen. Ich denke noch oft an die Zeit zurück, in der ich mit meinem Vater Hans unterwegs war. Wenn jemand mich bei ihm gelobt hat, zog er immer an seinem Hosenträger und murmelte: «Ja, ich bin schon stolz auf den Jungen.» Und jetzt bin ich es, der selber unheimlich stolz auf die junge Generation ist. Vielleicht kann ich es manchmal nicht so zeigen, aber es ist eine Genugtuung für mich, wenn ich sehe, was wir mit unserer Musik alles erreicht haben. (Hansueli lacht und verschränkt am Tisch zufrieden die Arme.) Ich kann mich zurücklehnen – hier auf der Bank natürlich nicht –, aber es läuft. Melanie und jetzt auch Mike sind voll eingestiegen und haben alles im Griff. Das löst ein unbeschreibliches Glücksgefühl bei mir aus.

Was macht Sie besonders stolz?

Melanie: Dass wir uns in all den Jahren treu geblieben sind und trotzdem immer wieder Sachen ausprobiert haben. So konnten wir uns weiterentwickeln, haben aber unsere Wurzeln nie vergessen. Was wir machen, ist immer noch typisch Oesch. Wir realisieren das, wenn Leute uns besuchen, die schon bei Grossvater Hans z Tanz waren, Vätu bei den Stauffenälplern gesehen haben und dann schliesslich auch von Oesch’s die Dritten total begeistert sind und uns das auch sagen.

Neue und unvergessliche Erfahrungen haben Sie im Frühling bei der TV-Show «Sing meinen Song – Das Schweizer Tauschkonzert» gemacht.

Melanie: Es hat so gutgetan, für einmal nicht in eine Schublade gesteckt zu werden, einfach Musik zu machen, diese mit anderen zu teilen und sich auszutauschen. Ich lebe irgendwie immer noch von diesen grandiosen Momenten auf der Insel Gran Canaria.

Wie blicken Sie generell auf die vergangenen 25 Jahre zurück?

Melanie: Es sind vor allem die letzten 15 Jahre, die sehr intensiv und für mich oft auch herausfordernd waren. Jeder Tag auf der Bühne war eine Lebensschule. Mir hat mal jemand gesagt: Wenn du deinen Herzensweg gehst, dann hast du immer genug Ideen. Manchmal glaube ich, dass ich diesen Weg tatsächlich gehe. Ich wüsste nicht, wer ich wäre ohne Musik. Ich kann es mir nicht vorstellen. Auch alle Menschen, die ich gerne habe, lernte ich durch die Musik kennen. So traf ich auf einer Tournee auch meinen Partner Armin. Es hat wirklich alles in meinem Leben irgendwie mit der Musik zu tun. Sie ist mein Lebenselixier!

Wo sehen Sie sich in 25 Jahren?

Melanie: Keine Ahnung, so weit habe ich nie gedacht. Da wäre ich dann 59 Jahre alt. Ich hoffe natürlich, dass mein Leben noch immer mit Musik zu tun hat. Durch mein Interesse am Songwriting habe ich gewisse andere Bereiche der Musikszene kennengelernt. Auch die Themen Organisation und Social Media interessieren mich persönlich sehr. Ich bin grundsätzlich für sehr vieles offen. Ich hoffe auch, dass unsere Familie weiterhin so fit und zwäg bleibt wie jetzt. Und wer weiss: Vielleicht macht Robin bis dann ja Musik? Ich habe aber, was das betrifft, bewusst keinerlei Erwartungen an meine Buben!

Hansueli: Für die Eltern ist es das Grösste, wenn die Kinder einmal das fortführen, was man selber begonnen hat.

Wie gross wäre die Freude über eine Formation «Oesch’s die Vierten» ?

Hansueli: Natürlich riesig. Aber wie Melanie sagt: Man kann und darf nichts erzwingen. Ich wurde auch schon gefragt, warum Kevin und Mike nicht örgele – weil sie halt jetzt Gitarre und Bass spielen. Logisch, hätte ich Freude, wenn wieder eine Generation da wäre, die Handorgel oder Schwyzerörgeli spielt. Unser Akkordeonist Urs Meier hat Robin ein altes Örgeli geschenkt, auf dem er jetzt herumdrückt.

Melanie: Ja, er hält es immer verkehrt, so, dass er die Tasten sieht (lacht).

Da muss sich Robin beeilen. Sie feiern im Juli 2023 ihren 65. Geburtstag. Denken Sie ans Aufhören?

Hansueli: Nein, ganz sicher nicht! Natürlich weise ich hin und wieder auf mein Pensionsalter hin, aber es heisst dann sofort: «Du bist gut zwäg, wir brauchen dich!» Wenn ich so in Form bleibe, mache ich gerne weiter. Bei den Rolling Stones sind auch fast 80-jährige Musiker aktiv auf der Bühne. Na also, da habe ich doch noch Zeit!

Verraten Sie uns Ihre privaten Wünsche und Träume?

Melanie: Ich bin im Moment so dankbar in meiner Rolle als Mami und probiere, jeden Tag einfach zu geniessen. Robin wird immer selbständiger, Eric gibt auch Vollgas. Natürlich möchte ich den beiden die Musik mit auf den Weg geben, aber nicht so, dass sie das machen müssen. Ich singe viel mit Robin, und wenn wir proben, kommt er oft dazu. Er hat eine kreative Ader. Ich möchte das, was er gerne macht, einfach unterstützen und ihn fördern, ein Talent nicht verpassen. Meine Brüder und ich haben das auch so erlebt, und wir empfanden es als sehr schön, dass dadurch unsere Leidenschaft für die Musik entfacht wurde.