«Die Leichtigkeit kommt zurück»

Obwohl sie noch einiges verarbeiten muss, schaut die Wetterfee nach ihrer Krebserkrankung positiv nach vorne. Derzeit freut sie sich speziell auf Ostern mit der Familie.

L ächelnd schauen Sandra Boner (44) und ihre Mutter Louise (76) zu, wie ihre beiden kleinen Künstler zu Werke gehen. Der neunjährige Nelson tunkt konzentriert sein Ei in die Schale mit Farbe, während Miles (8) sein Exemplar mit dem Pinsel verschönert. Und seine Hände gleich dazu. Die Ostervorbereitungen sind in vollem Gange – und die «Meteo»-Moderatorin geniesst es. «Ich mag Ostern sehr, es ist ein Fest für die und mit der Familie. Und kommt ein Spürchen leichter daher als Weihnachten.»

Am Karfreitag werde traditionell bei Grand-Maman, der Mutter ihres Partners Matthieu (44), Fisch gegessen, in der Nacht auf Sonntag verstecke der Osterhase die Nester, und nach dem Suchen am Morgen trifft sich die Familie bei Sandras Mutter zum Sonntagsbrunch. Der Startschuss für die besonderen Tage fällt aber bereits am Gründonnerstag mit einem kleinen Fest unter Freunden. Sandra Boner kocht dann eine grüne Suppe aus sieben Kräutern. Dieses Zaubermenü sorge dafür, dass man den Sommer über nicht von Mücken gestochen und auch nicht krank werde. «Okay, das hat letztes Jahr jetzt nicht ganz geklappt, aber wer weiss, was sonst passiert wäre», sagt sie lächelnd. Sie spricht von ihrer Brustkrebs-Diagnose, auf die sie später nochmals zurückkommt. Auf jeden Fall liebe sie den Gründonnerstag. «Ich stelle mir dann immer vor, wie die Kirchenglocken nach Rom fliegen.» Wie bitte? «Ja, sie schlagen dann ja erst sonntags wieder, wenn sie zurückgekommen sind. Das ist eine Legende, die ich auch meinen Kindern jedes Jahr erzähle.»

Sie sei ein gläubiger Mensch, sagt Sandra Boner. Kritisch gläubig zwar, aber vielleicht gehe das manchmal ja sogar tiefer, als wenn man nur glaube. Weil ihr die Rituale der katholischen Kirche viel bedeuten, haben sie und Matthieu, der evangelisch ist, gemeinsam entschieden, dass sie die Kinder katholisch taufen lassen und Sandra daher diesen Bereich der Erziehung übernimmt. «Natürlich liegt es dann an Nelson und Miles, was sie daraus machen», erzählt sie. «Aber ich finde, es gehört dazu, dass sie einen Glauben zumindest mal kennenlernen.» Ihr selbst hat dieser im schwierigen letzten Jahr das ein oder andere Mal geholfen. «Ich habe manches Vaterunser gebetet», erzählt sie. «Gerade in so einer Situation greift man schon auf den Glauben zurück.»

Vor rund einem Jahr bekam sie die Diagnose Brustkrebs. Es folgten Chemotherapie, Operation, Bestrahlung. Was hat ihr Kraft gegeben? «Meine Kinder, Matthieu, meine Mutter – einfach die Familie. Ich glaube, ich war die bestbetreute Krebspatientin überhaupt. Ich wollte zwar auch viel alleine machen, aber ich wusste, dass jederzeit jemand da ist.» Den Buben hätten sie am runden Tisch erklärt, was los sei – dass Behandlungen bevorstehen und es dann wieder gut komme. Danach sei es für sie kein grosses Thema mehr gewesen. Obwohl sie natürlich merkten, dass ihr zum Beispiel die Haare ausfielen. «Sie fanden mich trotzdem die Schönste», sagt die Wetterfee und schmunzelt. Trotz Krankheit hat sie viel mit Nelson und Miles unternommen, habe das auch gebraucht. Und schliesslich kam es, wie sie es angekündigt hatte: Es wurde wieder gut.

«Man geht davon aus, dass das Krebsleiden besiegt ist.» Diese Worte hat Sandra Boner Schwarz auf Weiss von ihrem Arzt. Trotzdem ist das Thema nicht einfach so vom Tisch. «Die Diagnose war ein Schock, dann gehst du in den Kampf, wirst von allen Seiten betreut, und schliesslich hast du es überstanden. Das ist wunderbar, du erlebst alles nochmal wie neu, intensiver.» Sie weiss: Andere, die der gleiche Schicksalsschlag getroffen hat, sind nicht mehr da, sie hat das Glück zu leben, wieder gesund zu sein. Die Verarbeitung im Kopf aber fange gerade erst an. Jetzt gelte es, langsam wieder in den Alltag zu kommen. Sie merke, dass sie schneller müde werde, nicht mehr so viel mache wie früher, mehr Zeit für sich brauche. Früher sei ihr Leben – auch nach Schicksalsschlägen – immer recht zackig verlaufen, das sei im Moment nicht so. Bei «Meteo» ist sie im Januar mit einem 40- statt mit einem 60-Prozent-Pensum wieder eingestiegen. «Ich will mir Zeit nehmen und finde es wahnsinnig schön von meinem Chef, dass das auch akzeptiert wird. Das ist nicht selbstverständlich.»

Eine solche Diagnose kann man nicht einfach abschütteln, auch bei Sandra Boner ist die Angst vor einem Rückfall noch da, das Thema omnipräsent. «Ich frage mich manchmal schon, wann wohl der erste Tag kommt, an dem ich nicht an den Krebs denke. Aber es ist halt auch so, dass ich am Morgen nach dem Aufstehen noch Schmerzen habe.» Das sei eine Nachwirkung, aber nicht tragisch, beruhigt sie.

Ansonsten ist die früher eher unsportliche Wetterfee körperlich sehr fit: «Ich habe versucht, herauszufinden, was mir guttut und was nicht – und habe plötzlich Freude an der Bewegung. Ich gehe jeden Tag Joggen. Vor einem halben Jahr war ich am Boden, bin kaum den Kindern hinterhergekommen, jetzt schaffe ich fünf Kilometer gut, fasse den Zehn-Kilometer-Lauf als nächstes Ziel ins Auge. Ich bin wirklich begeistert und total happy damit!» Sie habe das Gefühl, solange sie rennen könne, falle sie auch nicht grad tot um. Sie sagt es mit einem Schmunzeln.

Die Zeit, die hinter ihr liegt, war schwer, aber hat es nicht geschafft, ihr dauerhaft den Frohsinn zu nehmen. «Die Leichtigkeit ist mir abhandengekommen, obwohl ich Weltmeisterin darin bin. Jetzt spüre ich: Sie kommt langsam wieder zurück!» Das sieht man ihr an, speziell im Umgang mit ihren Buben. Ein Chäferfescht haben die drei und Grosi Louise beim Eiermalen, Basteln und Toben. Und eins ist sicher: Ostern wird mindestens genauso fröhlich!