«Die Krise hat unser grosses Glück gefestigt»

Am 23. März ­feiert Band­leader Pepe Lienhard seinen 75. Geburtstag. «Bei bester Gesundheit und glücklich wie nie», sagt er. Grund dafür: seine grosse Liebe Christine, die er vor zehn Jahren geheiratet hat.

Der riesige Altdeutsche Schäferhund Garou hüpft wie ein übermütiges Kind im Garten herum, wälzt sich im Gras und zeigt so seine Freude über den Besuch der GlücksPost. «Wir freuen uns auch», lachen Pepe Lienhard und Ehefrau Christine (51). «Aber wir hüpfen vor Freude nicht so rum wie er.» Ihr grosser alter Bauernhof in Frauenfeld ist nach ihren Bedürfnissen umgebaut. Während der Pandemie legten sie sich ein Fitnessgerät zu, das beide intensiv gebrauchen. Die konzertlose Zeit nutzten sie für intensive Spaziergänge mit Garou. Ausserdem kochten sie gemeinsam, probierten auch beim Brotbacken viele neue Rezepte aus.

Vom Frust des Eingesperrtseins lenkten sie sich mit Spielen ab. Pepe: «Wir lieben Scrabble oder Jassen zu zweit, unseren Spezial-Coiffeurjass. Dazu kam, dass wir wegen fehlender Restaurant-Besuche auch viel Geld sparen konnten, wenn man so will. Allerdings unterstützten wir zwischendurch das lokale Gastgewerbe, indem wir deren Take-away-Menüs abholten.» Musikalisch hat Pepe Lienhard noch einige wichtige Ziele nach der Pandemie. «Wir planen mit Toni Ves­co­li und Les Sauterelles im Juni, wenn es möglich ist, Openair-Konzerte mit meiner Showband mit 14 Leuten. Die grosse Schweizer Tournee mit der Big Band startet am 11. Mai 2022. Der Vorverkauf beginnt am 24. März, ein Tag nach meinem 75. Geburtstag. Es ist an der Zeit, dass nach so langer Pandemie-Pause endlich wieder konkrete Projekte angesagt werden können.» Auch an seinem runden Geburtstag ist Musik Trumpf. Pepe steht mit seiner Band auf der Bühne des Theaters Rigiblick in Zürich. Das Konzert können die Fans ab 20 Uhr live als Stream verfolgen (www.pepelienhard.ch).

Auch mit 75 zeigt Pepe Lienhard also ungebrochene Schaffenskraft. «Mit 35 Jahren habe ich mit dem Sextett aufgehört, ich wollte nicht bis 60 in Diskotheken den Bajass mit dem Alphorn machen. Das Alter 60 war damals allerdings noch sehr weit weg.» «Ich spiele, bis ich umfalle», habe er einst gesagt. Jetzt lacht er: «Dabei habe ich aber nie an 75 gedacht. Meine Grosseltern waren mit 75 Jahren uralte, weisshaarige Bauers­leute. Umso mehr bin ich happy, dass es mir noch so gut geht und ich noch so fit bin.»

Sein grösster musikalischer Erfolg war ganz gewiss die 37 Jahre dauernde Zusam­men­arbeit mit Udo Jürgens († 80). «Eine Wahnsinnsgeschichte für mich. Ohne Udo hätte ich nie so lange mit einer so grossen Band unterwegs sein können. Wir flogen gemeinsam um die ganze Welt: Peking, Kanada, Amerika und von Südostasien bis Südafrika.» Kennen­gelernt hatte er Udo 1974 in Wiesbaden. Grund war das Instrument Mellotron, das er sich als Erster angeschafft hatte. «Ich fuhr persönlich mit dem Auto nach London, um es ab­zu­holen. Mit dem Mellotron kann man ganze Streicher­passagen simulieren.» Pop-Bands wie die Beatles, King Crimson, The Moody Blues und Barclay James Harvest hatten damit experimentiert. «Udo hörte davon, fand es toll und wollte sich das Instrument bei uns anschauen.»

Im Parkcafé in Wiesbaden fand das erste Treffen statt. Pepe erinnert sich: «Der grosse Udo fuhr im 600 Pullman Mercedes mit Chauffeur vor, und wir alle fielen in Schockstarre. Doch der Superstar war unglaublich nett, machte uns Komplimente. Immer wenn er danach in der Schweiz Kon­zerte gab, sagte ich ihm Grüezi.» Pepe erklärt weiter: «Wegen Management- und Steuerproblemen in Deutschland und Österreich suchte Udo eine neue Agentur und landete bei meinem damaligen Manager Freddy Burger. Da wir uns schon kannten, begleiteten wir danach Udo als Sextett an seinen Galas.» Genau in dieser Zeit wollte Pepe seinen Traum von der eigenen Big Band verwirklichen und erzählte Udo Jürgens davon. Pepe: «Er meinte zu mir: ‹Wenn du eine grosse Band aufbaust, höre ich mit meiner Tourneeband auf und nehme dich.› Für mich war das wie ein Ritterschlag!»

Schmunzel-Anekdote am Rande: «Weil genau zu ­jener Zeit das Radio-Orchester Bero­münster aufgelöst wurde, fragten wir beim damaligen ­Radio-Direktor Andreas Blum nach. Dessen Antwort war niederschmetternd. ‹Selbst wenn ihr noch Geld bringt: Ich will keine Big Band mehr›.» Pepe lächelt: «Schon damals war der Sparhammer im Einsatz.»

Im Nachhinein war es gut so. Denn Pepe und seine Big Band erlebten Highlights, die mehr als die Erfüllung grosser Träume waren. «In Monte Carlo durfte ich zwei Idole mit meiner Big Band begleiten: die legendären Entertainer Frank Sinatra und Sammy Davis Jr.» Beim Jazz-Festival in Montreux gab’s gar noch eine Stei­gerung! Für sein grosses Idol Quincy Jones durfte er als musi­kalischer Leiter den Gala-Abend ausrichten. «Quincy sass in der ersten Reihe. Meine Solisten waren das A & O der internationalen Jazz-Szene, Leute wie Herbie Hancock und Al Jarreau. Zusammen mit Montreux-Jazz-Gründer Claude Nobs († 76) erarbeitete ich das Musikprogramm. Mehr kann man als Musiker wirklich nicht erreichen», sagt Pepe heute stolz.

Im Showgeschäft ist aber nicht immer alles nur Halligalli. Langjährige Musiker auswechseln zu müssen wegen verschiedenster Probleme hat ihn oft mitgenommen. «Ich vertrage keine Miese­peter, ich möchte mit netten Leuten zusammen sein und es schön haben. Menschen mit schlechtem Groove will ich einfach nicht um mich haben.»

Auch privat hat Pepe Höhen und Tiefen erlebt. Er war noch jung, als sein Vater starb. «Es tat mir leid, dass er den Beginn meiner Profi-Laufbahn nicht erleben konnte. Auch mein Bruder, der am Anfang im Sextett spielte, verstarb mit 38 viel zu früh.» Pepes Scheidung von seiner ersten Frau Anita war für ihn ein weiterer Tiefpunkt. Zu den privaten Höhepunkten hingegen gehörten die Geburten seiner zwei Töchter Nina (32) und Lara (30) und auch die seiner zwei Enkel. Zu seinen zwei unehelichen Söhnen hat Lienhard einen lockeren Kontakt.

Und dann trat Christine Koehli in sein Leben. «Seither bin ich entspannt», lächelt Pepe selig. Christine ergänzt: «Ich bin seine Schlaftablette.» Wie bitte? Pepe klärt auf: «Bevor ich sie kennenlernte, hatte ich eine schlechte Phase und konnte kaum mehr schlafen. Ich war recht exzessiv unterwegs und fühlte mich überhaupt nicht mehr wohl. Bis Christine kam. Jetzt stimmt alles. Und noch viel mehr.»

Dabei hatte sie keine Ahnung, wer er war, als er für einen Anlass der «Theodora-Stiftung», bei der Christine arbeitete, ein T-Shirt mit einem Saxophon spielenden Krokodil designte. Als Christine auf der Bühne moderierte, «ging ich runter wie ein warmer Käse», erinnert sich Pepe. «Ich war mit meinen zwei Töchtern da und dachte: Was für eine Frau, was für eine Ausstrahlung!» Man schüttelte sich die Hand. Das war’s. Pepe fand Christines Telefonnummer heraus, rief sie an und lud sie zum Essen in das FIFA-Restaurant Sonnenberg in Zürich ein. Christine: «Ich dachte, hoffentlich weiss der noch, wie ich aussehe.» Man habe sich intensiv ausgetauscht, sich aus dem Leben erzählt, über die Arbeit sowie über dies und das. Wieder zu Hause traf Christine ihre beste Freundin. «Ich erzählte ihr, dass ich wohl den Mann meines Lebens kennengelernt habe, dass er aber viel zu alt sei und wir nicht mehr darüber sprechen müssten, obwohl ich mich mit niemandem je wohler gefühlt hätte als mit ihm.»

Heute sind Christine und Pepe Lienhard zehn Jahre ver­heiratet und «immer noch extrem glücklich», da sind sich beide einig. Christine: «Ich bin dem Schicksal endlos dankbar, Pepe getroffen zu haben.» Im Nachhinein hatte Corona für beide auch seine guten Seiten. «Hatten wir es vorher super, so ist es jetzt wirklich noch viel besser», sagt Pepe lachend. Natürlich befänden sie sich in einer Luxus-Situation: grosses Haus, Homeoffices unter einem Dach, eigenes Musikzimmer, ­riesiger Garten, ein Hund, der sie täglich hinaustreibe. In der Quarantäne habe es nie nur die geringsten Spannungen ge­geben. Das Liebesrezept der beiden? «Das Wichtigste: Wir lachen viel zusammen, auch wegen Garou. ­Lachen ist vor allem in dieser ­Krise ein Rettungsanker. Und wir können über das Gleiche schmunzeln und nehmen überhaupt vieles mit Humor. Wir finden auch dieselben TV-Sendungen lustig oder blöd. Schlicht: Wir passen einfach gut zusammen.»