Die 10 Geheimnisse von Bergsteiger-Legende Reinhold Messner (71)

Ängste, Sehnsüchte, Hoffnungen, Träume und Liebe: Beliebte Stars gewähren uns einen kleinen, intimen Einblick in ihr Seelenleben.

Er ist der wohl bekannteste Bergsteiger der Welt. Seine Leidenschaft hat er bis heute nicht aufgegeben, macht aber keine ganz grossen Touren mehr. Langeweile kennt der Südtiroler, der Vater von vier Kindern ist, dennoch nicht. Er schreibt Bücher, hat mehrere Museen, redet an Seminaren, hält Vorträge. Mit seiner «Messner Mountain Foundation» unterstützt er Bergvölker in aller Welt, leistet Hilfe zur Selbsthilfe. Informationen zu seinen Projekten unter:
www.reinhold-messner.de

  1. Meine erste Liebe
    Meine Mutter. Sie hat uns Kinder auf die Berge gelassen. Wahrscheinlich hatte sie auch Ängste, wie jede liebende Mutter. Aber sie hat sich zurückgehalten, um uns das Glücksgefühl zu bewahren. Hätte sie Ängste gezeigt, wäre ich ihr zuliebe nicht geklettert. Ich hätte nie meine Mutter traurig oder ängstlich sehen können.
  2. Mein Kindertraum
    Schon mit fünf Jahren bin ich mit meinem Vater den ersten Dreitausender hoch. Das war wohl prägend. Anderseits waren die Berge ja die einzige Spielwiese, die wir hatten. Es gab keinen Fussballplatz und keine Wälder mit Bäumen, auf die man klettern konnte. Auf Felsbrocken herumklettern war unser Spielersatz.
  3. Mein Glaube
    Ich kann nur das um mich herum wahrnehmen, was ich sehe und verstehe. Religion ist eine Art Lebenshilfe, die für mich nicht im praktischen Bereich liegt. Man kann Gott nicht definieren. Man hat es versucht, aber es liegt jenseits unserer Möglichkeit. Ich glaube an eigene Kräfte.
  4. Meine Familie
    Die möchte nicht so gerne in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Das respektiere ich. Nur eines dazu: Meine Frau hat die Verantwortung für das Familienmanagement. Und das macht sie hervorragend. Auch was die Erziehung unserer Kinder betraf, wobei ich das Wort Erziehung nicht so sehr mag. Eher Lebensbegleitung mit unterstützenden Hilfestellungen.
  5. Meine grosse Angst
    Ich hatte immer eine Art Angst, die auch mein Leben geschützt hat. Also hoch konzentriert zu klettern oder zu agieren. Todesangst selbst konnte oder kann man sich nicht erlauben. Wenn im Berg etwas passiert, dann muss man alle physischen und psychischen Kräfte mobilisieren.
  6. Meine Sünden
    Da mir der Begriff Sünde etwas zu religiös ist, definiere ich es eher mit «kleine Fehler». Zum Beispiel, dass ich kein Hausmann bin. Ich wurde schon als Kind von meiner Mutter verwöhnt. Wobei ich alle Mütter dieser Welt als Heldinnen sehe. Und da ich keine Haushaltssachen machen musste, durfte ich mich immer auf meine «Bergsachen» konzentrieren. Danke!
  7. Meine Schwächen
    Früher war ich sehr ungeduldig. Heute hat sich das gelegt. Ob es eine Schwäche ist, dass ich Dinge immer beim Namen nenne und dadurch manchmal anecke, weiss ich nicht. Ich habe auch ein Aggressionspotenzial in mir, welches aber gerade als Bergsteiger lebensrettend sein kann: Instinktverhalten.
  8. Meine Hoffnung
    Dass mein Lebensmotto bleibt: Das Unmögliche möglich zu machen. Egal, was man anpackt. Heute leite ich ja Museen und Bauernhöfe, halte Vorlesungen, schreibe Bücher, probiere mich immer wieder neu aus. Bis zum Schluss.
  9. Meine Zukunft
    Ich möchte meinen Leidenschaften weiter nachgehen. An ein Leben nach dem Tod glaube ich nicht. Ich kann gut Dinge hinter mir lassen und nach vorne schauen. Dass ich überhaupt so alt werde, hätte ich zum Beispiel gar nicht gedacht. Aber ich geniesse jeden Tag und bin dankbar für meine Lebensform. Ich durfte mich ausleben.
  10. Meine Sehnsucht
    Sehnsucht nach den Bergen, extremen Touren habe ich nicht mehr. Ich bin auch viel zu sehr Realist und weiss, dass ich keine 20 Jahre alt mehr bin. Das macht aber nichts. Ich denke schon, dass ich meine Bergsehnsüchte erfüllt habe. Ich wollte viel und habe für mich selbst viel erledigt. Das ist nicht vielen vergönnt.