Der leise Abschied und sein neues Leben

Da gratuliert die ganze Schweiz: Der Bob-Olympiasieger, Unternehmer und Filmstar wird diese Woche 80 Jahre alt. Vom Chrampfer zum Multi-Millionär – ein wahrlich filmreifes Leben.

«Ab jetzt bin ich Privatier», sagt Hausi Leutenegger zur GlücksPost und es scheint ihm wirklich ernst zu sein. «Klar, die Hans Leutenegger SA gehört nach wie vor mir, und ich werde auch hin und wieder die Zahlen anschauen. Aber ich bin jetzt 80, und ich übergebe meine Firma in beste Hände.» Dies sind neben Generaldirektor Urs Vögele auch sein Sohn Jean-Claude als Verwaltungsratspräsident und Schwiegersohn Jean-Paul van Bohemen als Direktor. Für Hausi sind alle drei ebenso Familie wie die 70 Kadermitglieder, die im Dezember beim Abschied des Chefs in Lausanne zum Adieu-Dinner geladen wurden. Mit einer emotionalen und aufmunternden Rede gab Hausi Leutenegger ein letztes Mal den grossen Motivator und dankbaren Patron.

Eine Ära geht nun zu Ende. Zeit auch für den Hansdampf in allen Gassen, Bilanz zu ziehen: Erinnerungen hochleben zu lassen, wichtigen Menschen und Wegbegleitern zu gedenken.

Seine Eltern Alois und Margrit: «Beide waren gschaffige und rechtschaffene Leute. Der Vater war Magaziner bei Sulzer und nebenbei Kleinbauer. Zwischen uns gab es nie ein böses Wort. Wir waren nicht mausarm, sondern normale, einfache Leute aus dem Hinterthurgau. Um zu überleben, mussten wir auch bauern. Und ich war der beste Mauser von Bichelsee. Pro Mäuseschwanz gab es 30 Rappen.»

Seine Geschwister: «Wir waren acht Kinder. Drei Mädchen und fünf Buben. Ich war der Fünfte. Mein leider vor vier Jahren verstorbener jüngerer Bruder Hugo war mein Liebling.»

Seine engsten Freunde: «Das sind Paul Oehler, Jean Wicki, Max Burri und Heinz Taufer. Wicki war mein Vorbild und in den Anfangsjahren auch mein wichtigster geschäftlicher Ratgeber. Burri ist seit 40 Jahren mein Golf-Partner und Begleiter auf den Skipisten, und Taufer ist mein ständiger Velo-Partner. In den 60er-Jahren war Paul Oehler immer um mich rum. Heute ist das Volker Prätsch, mein Immobilienverwalter auf den Kanarischen Inseln.»

Seine prominenten Freunde:

Schauspieler Bruno Ganz (†): «Ich erlebte Bruno als sehr schwierigen Menschen, sowohl beim Filmen als auch privat. Bei einer Bobfahrt mit mir war er stockbetrunken.»

Alt Bundesrat Adolf Ogi: «Dölf war ein guter Bundesrat. Leider wurde er nicht CEO der Olympischen Spiele, als der Spanier Juan Antonio Samaranch zurücktrat. Er wäre der Beste dafür gewesen. Aber Neider haben ihm diesen Traumjob vermasselt.»

Ski-Legende Bernhard Russi: «Er kann einfach alles, ist hochintelligent, und ich wette, dass er eines Tages irgendwo noch ein Klavier-Konzert geben wird.»

Rad-Legende Ferdy Kübler (†): «50 Jahre lang war er einer meiner engsten Freunde. Ein wunderbarer Mensch. Ich habe ihn zum Golfsport gebracht.»

Sein grösster Misserfolg: «Als ich mit dem Amerikaner John Bradley in Italien einen Mafia-Film drehte. Weil ich bei den Aufnahmen am Set mit meinem Einsatz zu früh oder zu spät war, wollte er mich vor Hunderten von Presseleuten verprügeln und blossstellen. Für ihn sprach ich zu wenig gut Englisch, und ich habe ihm wohl auch zu wenig hofiert. Egal: Im Film habe ich ihn erschossen.»

Sein traurigster Moment: «Das war der Krebs-Tod meiner geliebten Frau Elfriede sowie der meiner anderen drei Brüder und einer Schwester. Der Tod meines Lieblingsbruders Hugo hat mich am meisten getroffen.»

Seine Jugendsünden: «Ich habe den Huggenberger Bauern mit 17 Jahren nachts die Türrahmen verriegelt und Kanonenkracher losgelassen. Ich hatte eigentlich immer nur Streiche im Kopf. Auch dass ich in der Kirche Bichelsee einen Tag vor Silvester die Glocken um Mitternacht Sturm läuten liess, hat man mir lange nicht verziehen. Denn ganz Bichelsee dachte, jetzt geht der Krieg los. Bei diesem Streich habe ich mich erst Jahre später als Täter geoutet. Ich war ein grausamer Kerl, hatte immer nur Blödsinn im Kopf. So habe ich eines Tages im Schnellzug von Winterthur nach Wil in Eschlikon die Notbremse gezogen, weil ich aussteigen wollte. Ich bin zwar davongerannt, aber zwei Wochen später hat man mich erwischt. Die Busse war happig!»

Über das Schwingen: «Ich war in meinen jungen Jahren einer der besten Nationalturner der Schweiz. Heute bin ich Sponsor meines Bodyguards Stefan Burkhalter, des ältesten Schwingers des letzten ‹Eidgenössischen›. Ich besuche jährlich die fünf Schwingfeste Schwägalp, das Thurgauer, das Nordostschweizerische sowie das Genfer und das Berner Kantonale Schwingfest. Und natürlich immer das Eidgenössische; dort fühle ich mich pudelwohl.»

Sein grösster Wunsch: «Noch ein paar Jährchen ohne Gebrechen, ohne Schmerzen und mit gesundem Verstand leben zu dürfen.»

Seine besten Investitionen: «Ich habe Häuser in der ganzen Schweiz. In 13 Kantonen besitze ich Wohnblöcke, Immobilien und Liegenschaften. Allein in Genf sind es vier grosse Wohnblöcke. Damit kann mir eigentlich finanziell nichts mehr passieren.»

Sein Testament: «Ist alles längst erledigt und bestens organisiert.»

Seine zwei Kinder und die Tatsache, den Traum von Enkelkindern begraben zu müssen: «Hätte ich gewusst, dass mir meine beiden Kinder Corinne Anne (53) und Jean-Claude (48) keine Enkel schenken, hätte ich sechs Kinder adoptiert.»

So feiert er seinen runden Geburtstag: «Am 14. August wird beim Golfturnier in Lipperswil TG mit vielen Freunden gross gefeiert. Am Geburtstag selbst, dem 16. Januar, feiere ich mit Familie und engen Freunden auf Gran Canaria, mit einem feinen Essen in einem guten Lokal.»


Olympia-Gold in Sapporo 1972: Jean Wicki, Hausi Leutenegger, Werner ­Camichel und Edy Hubacher (v. l.).