«Das Leben ist ein riesiges Geschenk»

Am 28. April feiert der Musiker seinen 70. Geburtstag und schaut auf ein erfülltes Leben zurück. Besonders dankbar ist er für seine Familie und Ehefrau Livia, die auch nach 42 Jahren sein Herz noch höherschlagen lässt.

Es ist ein Frühlingstag wie er im Buche steht. Kaum ein Wölkchen trübt den Himmel über Bern, Touristen wie Einheimische lassen sich auf der Münsterplattform die Sonne auf die Nase scheinen oder bummeln entspannt durch die Altstadt. So wie Peter und Livia Reber (61), die nicht nur fürs Foto Hand in Hand gehen. Innige Verbundenheit nach 42 gemeinsamen Jahren. «Schon meine Eltern waren ein Leben lang ein Liebespaar. Wenn sie früher Händchen hielten, fand ich das furchtbar peinlich – und jetzt bin ich genauso», sagt der Musiker und schmunzelt.

Während sie so durch die Stadt schlendern, werden bei Peter Reber viele Erinnerungen wach. Wie er und Livia am Anfang ihrer Beziehung beim Mosesbrunnen jeweils ihr Mortadella-Sandwich assen, wenn er im Studio gleich um die Ecke arbeitete. Fotoaufnahmen beim Münster mit seinem Erfolgstrio Peter, Sue & Marc. Es komme ihm vor, als sei es erst gestern gewesen, sagte er. Dass es nicht so ist, daran wird er in diesen Tagen besonders erinnert: Damals war er in seinen Zwanzigern, am 28. April feiert Peter Reber – im Kreise der Familie, wie er erzählt – seinen 70. Geburtstag. Wie fühlt sich’s an? «Das isch nume so ne Zahlegschicht», sagt er. «Körperlich und emotional macht es ja keinen Unterschied. Ich bin nach wie vor neugierig und habe Freude am Leben. Wenn das nicht mehr wäre, würde ich mich alt fühlen. Ich sage immer: Ich möchte jung sterben, aber so spät wie möglich.»

Wenn der Berner auf die letzten 70 Jahre zurückblickt, sieht er viel Gutes. Auf die Meilensteine seines Lebens angesprochen, kommt ihm sofort Fräulein Gaffner in den Sinn, seine Erstklass-Lehrerin. Sie machte seine Eltern auf sein Musiktalent aufmerksam, und fortan durfte er den Klavierunterricht besuchen. Dann seien es immer wieder die Brüche in seiner Biographie gewesen, die entscheidend waren. Im Gymnasium, als er zwei Auslandjahre an der britischen Küste machte und die Liebe zum Meer und das Interesse an unserem Planeten geweckt wurde. Später der Abbruch seines Psychologie-Studiums, um es mit Peter, Sue & Marc zu versuchen. Und die Auflösung der Band auf ihrem Höhepunkt 1981, um mit dem Segelschiff auf Weltreise zu gehen. «Damals sagten die Leute: ‹Spinnsch? Man wird nie mehr etwas von dir hören!›», erzählt Peter Reber. «Das hat mich nie gestört, denn ich wusste: Man sollte versuchen, den einen oder anderen Traum umzusetzen, sonst wird man alt und ist unglücklich, weil man von den Sachen träumt, die man nicht gemacht hat.»

Eines der entscheidendsten Dinge seines Lebens sei aber natürlich, dass Livia 1976 seinen Weg kreuzte. «Ich wusste sofort, dass sie die Frau meines Lebens ist», erzählt er. 1977 – er war 28 und sie gerade mal 19 – wurden sie ein Paar, 1982 gaben sie sich das Ja-Wort, kurz bevor sie sieben Jahre auf den Weltmeeren unterwegs waren und sich schliesslich für weitere sieben Jahre auf den Bahamas niederliessen. In dieser Zeit kamen ihre Kinder Simon (33) und Nina (27) zur Welt.

Dass Livia und Peter nach wie vor ein Herz und eine Seele sind, ist nicht zu übersehen. Was ist das Geheimnis ihrer Liebe? «Ich weiss es nicht. Liebe ist schwer zu erklären. Ich habe sie einfach schampar gern, finde sie immer noch herzig. Wenn ich mit ihr zusammen bin, bin ich glücklich, und wenn sie nicht da ist, vermisse ich sie. Das klingt furchtbar kitschig, aber es ist nun mal so.» Im Temperament seien die beiden total unterschiedlich – sie ruhig und ausgeglichen, er das Gegenteil und viel emotionaler, auch wenn man ihm das vielleicht nicht anmerke. Für die Beziehung viel bedeutender ist in seinen Augen der Respekt füreinander, dass man ähnliche Wertvorstellungen hat und dass der andere einem so wichtig ist wie man sich selbst – wenn nicht wichtiger.

«Ohne meine Frau hätte ich meine Musik-Karriere nicht machen können», sagt Reber. Das Huscheli im Hintergrund war Livia aber nie. Sie «schmiss den Laden» zu Hause, wenn er auf Tour war, übernahm auf dem Schiff das Steuer, wenn «der Skipper besoffen war», und managt bis heute mit ihm zusammen den eigenen Musikverlag. «Wir hatten und haben immer gemeinsame Projekte und Pläne.»

Einer dieser Pläne ist eine grosse Reise nächstes Jahr. Im Frühling wollen sie für drei Monate Orte entdecken, die sie von der Welt bisher nicht gesehen haben: Neuseeland und anschliessend in die Südsee segeln. Schliesslich sei er ja eigentlich pensioniert, meint Peter Reber. Eigentlich. Speziell dieses Jahr steht noch Grosses an: Im Herbst bringt er nicht nur ein Album heraus, sondern geht auch gemeinsam mit Tochter Nina auf Tour. Ein Wunsch zum 70. Geburtstag, der in Erfüllung geht. Nina ist eine brillante Sängerin, hat mit ihrem Vater schon viele Tonträger aufgenommen und Konzerte gegeben. «Jetzt ist sie im Endspurt zu ihrer Ausbildung als Heilpädagogin», erzählt er. «Wahrscheinlich wird sie danach nicht mehr die Zeit haben, so etwas zu machen. Ich freue mich wahnsinnig darauf.»

Dinge tun, die ihm Spass machen: Darauf legt er mehr Wert denn je. «Mit 70 hat man relativ viel Vergangenheit und relativ wenig Zukunft. Also geniesst du, wenn du klug bist, die Gegenwart umso intensiver. Das mache ich bewusster als noch vor 10 oder 20 Jahren.» Zwar sei er gesund und fit, aber das könne jeden Tag ändern. Er sei in einem Alter, wo Freunde plötzlich sterben oder krank werden. Macht das Angst? «Natürlich. Ich bin neun Jahre älter als meine Frau, die Lebenserwartung vom Mann ist immer noch kleiner als die von der Frau. Auch wenn Livia das nicht gerne hört. Aber das ist halt die Realität.»

Ein Grund mehr, sich auf die Dinge zu fokussieren, die ihm wichtig sind. Zum einen weiter Musik zu machen, zum anderen die Familie zu geniessen: Livia, Nina, Simon mit seiner Frau Tanja und Tochter, Rebers Enkelin Ellie (1, «so ne Härzegi!») – gemeinsam reisen, kochen, einfach Zeit verbringen. Reber: «Das klingt bünzlig. Aber der wahre Rocker ist für mich der, der sein Leben so gestaltet, wie es ihm gefällt, und auch mal ein Risiko eingeht.» Das hat er oft genug gemacht, und es zahlte sich aus. «Dafür bin ich wahnsinnig dankbar. Das Leben ist ein riesiges Geschenk.»