«Das Jassen sollte im Zentrum stehen»

Der «Donnschtig-Jass» startet in seine 40. Saison. Der ehemalige Moderator spricht über die Anfänge, die Veränderungen und ob er selbst auch noch ab und zu einen Jass klopft.

Von Irene Lustenberger

Treffpunkt ist ein Café am Römerhof in Zürich: Zwei Frauen am Nebentisch schauen immer wieder zu uns herüber und tuscheln. Jürg Randegger (88) lässt sich nichts anmerken, lächelt und sagt: «Ich dachte, dass die Bekanntheit nachlässt, wenn man nicht mehr so oft im Fernsehen zu sehen ist.»

Zwischen 1975 und 1999 hat der Zürcher über 400 Jass-Sendungen moderiert. Aus Anlass der 40. «Donnschtig-Jass»-Saison und der 250. Sendung am 6. Juli blickt er mit der GlücksPost zurück. 

GlücksPost: Sie haben 1984 den ersten «Mittwoch-Jass» moderiert. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Sendung?

Jürg Randegger: Wir waren in Nesslau im Toggenburg auf dem Bahnhofplatz. Denn wir fuhren damals mit dem Zug von Ort zu Ort, das Eisenbahnwägeli wurde zum Fernsehstudio umfunktioniert. Wir waren das kleinste Fernsehstudio der Welt. Auf dem Platz hatte es rund 400 Zuschauer, und ich habe die Ambiance sehr geschätzt.

Sie haben über 400 «Samschtig-Jass» und «Donnschtig-Jass»-Sendungen moderiert. Was blieb Ihnen am meisten in Erinnerung?

Da fallen mir spontan zwei Anekdoten ein. Einmal hatten wir einen Seelöwen zu Gast, der mir vis-à-vis auf dem Stuhl sitzen und danach durch seinen Besitzer Conny Gasser ersetzt werden sollte. Hinter mir stand Gassers Frau Gerda, die dem Seelöwen Zeichen gab. Offenbar hatte Charlie etwas missverstanden und sprang auf den Tisch. Als ich ausweichen wollte, blieb ich mit dem Stuhl an den Kabeln hängen.

Und die zweite Anekdote?

Wir haben die Sendungen jeweils am Mittwochnachmittag aufgezeichnet, immer zwei Sendungen gleichzeitig. Einmal wünschte ich dem Publikum schöne Ostern, obwohl die Sendung nach Ostern ausgestrahlt wurde. Entgegen meiner Befürchtungen gab es fast keine Reaktionen, aber das Team machte sich einen Spass daraus, mir monatelang schöne Ostern zu wünschen.

Schauen Sie sich die heutigen Jass-Sendungen an?

Nicht alle. Wenn ich Zeit und Lust habe.

Ihre Meinung dazu?

Der «Donnschtig-Jass» ist nicht mehr so wie bei uns. Wir machten eine kleine Sendung für die Dorfbevölkerung. So traten der Musikverein oder der Kinderchor auf, und die Frauenriege führte -einen Tanz auf. Die Sendung dauerte eine Stunde und war klein und intim. Heute ist es eine Show und der Aufwand viel grösser. Aber das ist eine Zeiterscheinung.

Beim «Samschtig-Jass» wird oft kritisiert, dass zu viel geredet und zu wenig gejasst wird.

Das ist Ansichtssache. Ich begreife die Leute, die weniger Interviews und mehr Jassen möchten. Ich verstehe aber auch die Verantwortlichen, die nicht nur Jassfreunde vor den Bildschirm locken möchten. Meiner Meinung nach sollte das Jassen im Zentrum stehen und zeitlich den grössten Teil ausmachen.

Die Jass-Sketche des Cabarets Rotstift nach der Sendung sind legendär. Es folgten Sutter und Pfändler. Seit ein paar Jahren gibt es keine Sketches mehr. Braucht es wieder welche?

Brauchen tut es gar nichts, aber ich fand sie lustig. Und die Zuschauenden auch. Zu meiner Zeit sagten viele, sie hätten die Sendung nur wegen der Sketche geschaut, weil sie vom Jassen zu wenig Ahnung hatten. 

Haben Sie noch Kontakt mit Ihrem Rotstift-Kollegen Heinz Lüthi?

Ja, wir haben noch Kontakt. Wir telefonieren und treffen uns ab und zu. Diese Woche zum Beispiel besuchen wir gemeinsam einen Freund in der Innerschweiz.

Jassen Sie selbst heute auch noch?

Früher habe ich nie öffentlich in den Beizen gejasst. Sonst wären wohl viele gekommen und wollten gegen «de vom Fernseh» gewinnen. Vor circa 15 Jahren suchte ein alter Schulkollege jemanden für eine Jassgruppe und hat mich gefragt. Danach haben wir uns vier-, fünfmal pro Jahr getroffen – bis Corona kam. 

Und dann jassen Sie den Differenzler?

Nein, der ist mir zu kompliziert (lacht). Der Differenzler ist kein gemütlicher Jass, da muss man ständig überlegen. Für die Sendungen ist das ein idealer Jass, privat bevorzuge ich den Schieber. Da kann man zwischendurch noch dumme Sprüche klopfen (lacht).

Wenn Sie eine Jasskarte wären – welche?

S Sächsi – klein und bescheiden (lacht). Oder vielleicht ein Nell, für den Buur reicht es nicht ganz.

Sie sind inzwischen 88 Jahre alt. Hat man da noch Pläne?

Ich hatte nie grosse Pläne und habe das Leben genossen. Ich habe das gemacht, worauf ich gerade Lust hatte. Rund einen Drittel des Jahres verbringen wir in unserer Wohnung in Kandersteg. Bis vor etwa drei Jahren ging es mir sehr gut. Nun habe ich Probleme mit der Lunge – wohl die Nachwirkungen des jahrelangen Rauchens. Deshalb kann ich nicht mehr wandern gehen. Geradeaus und abwärts geht, aber aufwärts habe ich Mühe. Aber damit muss ich leben. Und solange mir nichts wehtut, wenn ich sitze, ist das ein Geschenk.